Jeden Sommer verbrachte Thomas de Padova in einem Dorf am Meer in Apulien, Geburtsort seines Vaters, Großvaters und Urgroßvaters - drei Männer, die irgendwann aus Italien aufbrachen in die Welt. Seine Großmutter blieb. Jahr für Jahr erwartet sie ihn, still auf einem Stuhl sitzend, im Dunkel ihres Zimmers: eine alte, schwarz gekleidete Frau, die ohne Kühlschrank lebt. Warum hat der Großvater seine Frau immer behandelt, als existierte sie nicht? Was hat die beiden vor mehr als einem halben Jahrhundert aneinandergebunden? Diese Geschichte ist eine Schatzkammer: Erfüllt vom hellen Licht der Adria und durchzogen von uralten Geheimnissen, bewahrt sie in knappen, leuchtend klaren Szenen eine ganze Welt in sich auf.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.05.2018REISEBUCH
Urlaub als
Heimkehr
Thomas de Padova erzählt von
seinen Sommern in Apulien
Jeden Sommer hat Thomas de Padova als Kind und Jugendlicher in Apulien verbracht. Und von diesen drei oder vier Wochen, „in denen ich jeweils einer anderen Welt angehörte“, hat er dann das restliche Jahr über gezehrt, daheim in Deutschland. Diese andere Welt hatte nichts zu tun mit einem gewöhnlichen Italienurlaub. Die Wochen, die er mit seinen Eltern und den zwei Schwestern jeweils in Mattinata verbracht hat, das waren Besuche daheim. Wobei Apulien nie die Heimat von Thomas de Padova war, nur die seiner Vorfahren – selbst deren Sprache lernte er so richtig erst während seines Studiums. Dennoch will er bis heute dazugehören zu dieser Dorfgemeinschaft, in die er nach wie vor regelmäßig zurückkehrt und die weiß, wer er ist: der Enkel von Maria.
Seine Großmutter, die Nonna, ist inzwischen tot. Was dem Autor die Freiheit gibt, nun über seine Aufenthalte bei ihr zu schreiben. „Nonna“ berichtet von einem Italien, das man untergegangen glaubt. Und das aber bis zuletzt und womöglich auch immer noch eine Parallelexistenz führt neben dem Italien, in das die Touristen nur wenige Hundert Meter von dem Haus der Nonna entfernt zum Baden reisen. Die Frau konnte nicht lesen, ist so gut wie ohne Geld ausgekommen und hat sich ein eigenwilliges Bild von der Welt gemacht. Ein einfaches, bodenständiges Leben, das Thomas de Padova nicht romantisiert. Aber dessen Erdung ihn beeindruckt. Und in dem doch eine Menge dessen eine Rolle spielt, was wir gewöhnlichen Urlauber in Italien suchen.
STEFAN FISCHER
Thomas de Padova: Nonna. Hanser Berlin Verlag, München 2018. 176 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Urlaub als
Heimkehr
Thomas de Padova erzählt von
seinen Sommern in Apulien
Jeden Sommer hat Thomas de Padova als Kind und Jugendlicher in Apulien verbracht. Und von diesen drei oder vier Wochen, „in denen ich jeweils einer anderen Welt angehörte“, hat er dann das restliche Jahr über gezehrt, daheim in Deutschland. Diese andere Welt hatte nichts zu tun mit einem gewöhnlichen Italienurlaub. Die Wochen, die er mit seinen Eltern und den zwei Schwestern jeweils in Mattinata verbracht hat, das waren Besuche daheim. Wobei Apulien nie die Heimat von Thomas de Padova war, nur die seiner Vorfahren – selbst deren Sprache lernte er so richtig erst während seines Studiums. Dennoch will er bis heute dazugehören zu dieser Dorfgemeinschaft, in die er nach wie vor regelmäßig zurückkehrt und die weiß, wer er ist: der Enkel von Maria.
Seine Großmutter, die Nonna, ist inzwischen tot. Was dem Autor die Freiheit gibt, nun über seine Aufenthalte bei ihr zu schreiben. „Nonna“ berichtet von einem Italien, das man untergegangen glaubt. Und das aber bis zuletzt und womöglich auch immer noch eine Parallelexistenz führt neben dem Italien, in das die Touristen nur wenige Hundert Meter von dem Haus der Nonna entfernt zum Baden reisen. Die Frau konnte nicht lesen, ist so gut wie ohne Geld ausgekommen und hat sich ein eigenwilliges Bild von der Welt gemacht. Ein einfaches, bodenständiges Leben, das Thomas de Padova nicht romantisiert. Aber dessen Erdung ihn beeindruckt. Und in dem doch eine Menge dessen eine Rolle spielt, was wir gewöhnlichen Urlauber in Italien suchen.
STEFAN FISCHER
Thomas de Padova: Nonna. Hanser Berlin Verlag, München 2018. 176 Seiten, 18 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.08.2018Liebeserklärung an die Großmutter
Wer in den Süden Italiens reist, vielleicht ins Garganogebirge, wo diese Erzählung spielt, begegnet allerorten schwarzgekleideten alten Frauen mit sonnengegerbten Gesichtern und abgearbeiteten Händen. Sie huschen durch die Straßen, sitzen im Schatten vor ihren Häusern oder begleiten inbrünstig betend die vielen Prozessionen. Es sind archaische Erscheinungen aus einer anderen Welt; einer Welt aus Arbeit, Armut und Frömmigkeit. Thomas de Padova ist der in Deutschland geborene und aufgewachsene Enkel einer solchen Frau. Die Heimat seiner väterlichen Familie erlebte er nur einmal im Jahr während der Sommerferien. Aus diesen Erinnerungen und der Ambivalenz einer Jugend inmitten einer typischen süditalienischen Migrationsfamilie zwischen Italien, Deutschland und Amerika entwickelt er eine anrührende Geschichte. Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, prallen aufeinander: der Akademiker auf der Spur verwickelter Familiengeheimnisse und die schweigsame, stoisch ihr Schicksal hinnehmende Großmutter. Glücklicherweise verzichtet der Autor auf jedweden Griff in die deutsch-italienische Klischeekiste, so amüsant sich einige Dialoge zwischen Großmutter und Enkel auch lesen. Der Ton der Erzählung ist so persönlich wie melancholisch. Nach der Lektüre wird der Süditalien-Reisende den schwarzgekleideten Frauen vielleicht mit noch mehr Respekt begegnen. Schade ist nur, dass der Leser nicht erfährt welches Schicksal die Urgroßmutter Serafina genommen hat, deren Lebensweg sich irgendwo in Amerika spurenlos verflüchtigt. Mit ihr hätte aus der sehr schönen Erzählung fast ein Roman werden können.
uete
"Nonna" von Thomas de Padova. Hanser Verlag, München 2018. 160 Seiten. Gebunden, 18 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wer in den Süden Italiens reist, vielleicht ins Garganogebirge, wo diese Erzählung spielt, begegnet allerorten schwarzgekleideten alten Frauen mit sonnengegerbten Gesichtern und abgearbeiteten Händen. Sie huschen durch die Straßen, sitzen im Schatten vor ihren Häusern oder begleiten inbrünstig betend die vielen Prozessionen. Es sind archaische Erscheinungen aus einer anderen Welt; einer Welt aus Arbeit, Armut und Frömmigkeit. Thomas de Padova ist der in Deutschland geborene und aufgewachsene Enkel einer solchen Frau. Die Heimat seiner väterlichen Familie erlebte er nur einmal im Jahr während der Sommerferien. Aus diesen Erinnerungen und der Ambivalenz einer Jugend inmitten einer typischen süditalienischen Migrationsfamilie zwischen Italien, Deutschland und Amerika entwickelt er eine anrührende Geschichte. Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, prallen aufeinander: der Akademiker auf der Spur verwickelter Familiengeheimnisse und die schweigsame, stoisch ihr Schicksal hinnehmende Großmutter. Glücklicherweise verzichtet der Autor auf jedweden Griff in die deutsch-italienische Klischeekiste, so amüsant sich einige Dialoge zwischen Großmutter und Enkel auch lesen. Der Ton der Erzählung ist so persönlich wie melancholisch. Nach der Lektüre wird der Süditalien-Reisende den schwarzgekleideten Frauen vielleicht mit noch mehr Respekt begegnen. Schade ist nur, dass der Leser nicht erfährt welches Schicksal die Urgroßmutter Serafina genommen hat, deren Lebensweg sich irgendwo in Amerika spurenlos verflüchtigt. Mit ihr hätte aus der sehr schönen Erzählung fast ein Roman werden können.
uete
"Nonna" von Thomas de Padova. Hanser Verlag, München 2018. 160 Seiten. Gebunden, 18 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"'Nonna' berichtet von einem Italien, das man untergegangen glaubt. Und das aber bis zuletzt und womöglich auch immer noch eine Parallelexistenz führt, neben dem Italien, in das die Touristen reisen." Stefan Fischer, Süddeutsche Zeitung, 03.05.18
"'Nonna' ist Liebe. Über Sonne, Mond und Mars öffnete sich in einem Sommer der Weg zu intimeren Gesprächen ... Das Aufbewahren ist Sinn dieses Buches." Peter Pisa, Kurier, 28.04.18
"'Nonna' ist Liebe. Über Sonne, Mond und Mars öffnete sich in einem Sommer der Weg zu intimeren Gesprächen ... Das Aufbewahren ist Sinn dieses Buches." Peter Pisa, Kurier, 28.04.18
»Wer Süditalien kennt, wird diese berührende Familiengeschichte lieben.« stern