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Ein schockierender Bestseller, ein hyperrealistisches Generationsporträt, ein literarischer Kick, abgefahren und angeturnt, besser als jede Droge: der Houellebecq aus Dänemark. Nordkraft erzählt mitreißend von den Kindern der 68er-Generation, die in den 90er Jahren eigentlich hätten erwachsen werden sollen, aber sich selbst aus dem Leben in eine Drogenumlaufbahn katapultierten: lauter angeknackste aber liebenswerte Existenzen - ob es die junge Maria ist, die von der Flucht aus dem Elternhaus und von ihrem Zusammenleben mit dem Dealer Ansger berührend erzählt, ob Allan, der Maschinenschlosser,…mehr

Produktbeschreibung
Ein schockierender Bestseller, ein hyperrealistisches Generationsporträt, ein literarischer Kick, abgefahren und angeturnt, besser als jede Droge: der Houellebecq aus Dänemark. Nordkraft erzählt mitreißend von den Kindern der 68er-Generation, die in den 90er Jahren eigentlich hätten erwachsen werden sollen, aber sich selbst aus dem Leben in eine Drogenumlaufbahn katapultierten: lauter angeknackste aber liebenswerte Existenzen - ob es die junge Maria ist, die von der Flucht aus dem Elternhaus und von ihrem Zusammenleben mit dem Dealer Ansger berührend erzählt, ob Allan, der Maschinenschlosser, der nach einer dramatischen Katastrophe auf einem Öltanker für immer gezeichnet überlebt und einen Neuanfang mit den alten Freunden im Dealermilieu versucht, oder Steso mit dem stechenden Blick, der den Rausch zum Lebenszweck gemacht hat und eines Tages von seinen Eltern tot im Wohnzimmer gefunden wird - die Menschen in Nordkraft kämpfen trotzig um ein Stück Glück im Leben. Jakob Ejersbo gelingt in seinem raffinierten und einfallsreichen Roman voll nuancierter Stimmen in packenden Dialogen das Kunststück, Sympathie und Mitgefühl für seine unvergesslichen Figuren zu erwecken.
Autorenporträt
Jakob Ejersbo wurde 1969 in Dänemark geboren und wuchs in Tansania auf, wo seine Eltern als Entwicklungshelfer tätig waren. Nach einer Vielzahl von Beschäftigungen, bei denen Jakob Ejersbo das Leben kennen lernte, arbeitet er heute als Journalist. Zuletzt erschien von ihm in Dänemark Superego (2000), ein Kurzgeschichtenband über das Leben von Großstadtyuppies. Nordkraft ist sein erster Roman.

Die Übersetzerin: Sigrid Engeler, geboren 1950 in Wolfenbüttel, lebt heute in Kiel. Sie übersetzte aus dem Dänischen, Norwegischen und Schwedischen u. a. Anne Marie Ejrnæs, Ida Jessen, Ib Michael und Mirjam Bastian Wechselmann.

Weitere Pressestimmen:

'Endlich ein Buch, das der Rezensent guten Gewissens auch nicht literarisch interessierten Lesern empfehlen kann. In Nordkraft geht die Post ab. Schlägereien, Drogen und Sex, aber auch Erkenntnis, Komik und Liebe.' Ekstrabladet

'Heulen bei diesem Roman? Beinahe. Denn es tut so verdammt weh.' Berlingske Tidende
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.05.2004

Keine Macht dänischen Drogen
Trainspotting in Aalborg: Jakob Ejersbo warnt vor zuviel Ekstase

Die Dealerbraut ist zwanzig Jahre alt und weiß Bescheid. Egal ob Speed, Haschisch oder Opium: Maria, eine von zwei Hauptfiguren aus Jakob Ejersbos Debütroman "Nordkraft", hat alles schon ausprobiert. Auch mit Anal-Sex, lesbischer Liebe und Quickies auf der Toilette kennt sie sich aus. Viel schockieren kann die junge Frau nicht mehr, deren Lebenslauf sich liest, als sei er einem Lehrbuch für sozial auffällige Jugendliche entnommen. Trennung der Eltern mit zwölf, Abtreibung mit siebzehn, Schulabbruch mit achtzehn Jahren. Klar, daß so jemand wie Maria früh Halt bei falschen Freunden sucht.

1990, in dem Jahr, in dem die Handlung von Ejersbos fünfhundertseitigem Drogenepos beginnt, hat es Maria zur "Pusherfrau" gebracht, wie man in Kifferkreisen ehrfürchtig die Partnerin eines Haschischhändlers nennt. "Ich habe noch nie etwas Richtiges gemacht", bekennt sie gleich zu Anfang des Romans freimütig und gibt damit dessen gesellschaftliche Randperspektive vor. Nachdem Ejersbo sich in seinem Kurzgeschichtenband "Superego" vor ein paar Jahren der reichen Yuppie-Schicht Dänemarks widmete, blickt er in "Nordkraft" nun sozusagen ans andere Ende der sozialen Skala: auf eine kiffende Gruppe orientierungsloser Arbeiterkinder, die fast alle eine verkorkste Kindheit hinter sich haben.

So auch Allan, ein sechsundzwanzigjähriger Schiffsingenieur und der zweite Ich-Erzähler des Buches. Wie Maria wuchs auch er allein bei seiner Mutter auf, die zudem noch Alkoholikerin ist. Und auch Allan schaffte nach der Schulzeit nicht, aus Aalborg wegzukommen, jener Provinzstadt im Nordosten Dänemarks, die - wenn überhaupt - allenfalls für ihre Schiffswerft, ihren Aquavit und die Jomfru Ane Gade berühmt ist: die längste Kneipenmeile des Königreichs.

Aalborg ist trist. "Nordkraft", das titelspendende Wärmekraftwerk der Stadt, ist lange schon stillgelegt worden. Es herrschen Arbeitslosigkeit und Langeweile. Und wer hier als junger Mensch hängenbleibt, der ist - das wird dem Leser schnell klar - meistens auch sonst irgendwie in seinem Leben hängengeblieben. Nicht zufällig erinnert einen Aalborg an das schottische Kaff Leith, in dem Irvine Welsh vor ein paar Jahren seinen mit großem Erfolg auch verfilmten Kultroman "Trainspotting" spielen ließ. Die Parallelen zwischen diesen beiden Drogenbüchern sind auffällig. Wie "Trainspotting" gleicht "Nordkraft" eher einer Reihung von Kurzgeschichten als einem langen Roman. Wie sein schottischer Vorgänger schildert der dänische Bestseller einen verblüffend öden, mitunter brutalen und stellenweise skurrilen Suchtalltag. Und wie schon bei Welsh dominieren auch bei Ejersbo derb-zotige Dialoge in Umgangssprache.

Man merkt dem Romandebüt des hauptberuflichen Journalisten an, daß sein Autor viele Recherchegespräche geführt hat. Ejersbo ist spürbar stolz darauf, illegale Schmuggeltechniken und Insiderbegriffe wie "Bong" oder "Mische" genau erklären zu können. Leider schreckt er in seinem Bestreben, möglichst authentisch zu wirken, noch nicht einmal vor Grammatikfehlern zurück, wenn es darum geht, seitenlang die Sprüche eines iranischen Drogenkuriers wiederzugeben.

Vor allem aber unterscheidet sich "Nordkraft" in seiner wertenden Haltung dann doch grundsätzlich von dem provozierenden Buch Welshs. Die eigentlich vergleichsweise harmlose Droge Haschisch wird bei Ejersbo zum gefährlichen Suchtmittel vom Range Heroins hochstilisiert, inklusive dramatischer Entzugserscheinungen. Je länger seine Cliquen-Chronik voranschreitet, desto deutlicher zeigt sich tatsächlich ihre didaktische Mission. Ejersbo hat sein Debüt als eine Art Abschreckungslektüre in drei Stufen konzipiert. Im ersten Teil, in dem die Insiderin Maria berichtet, überwiegt noch das Abenteuerliche am Haschischkonsum, für den man gewisses Verständnis aufbringen kann. Doch schon im zweiten Teil, den der Szeneaussteiger Allan zwei Jahre später erzählt, ist es mit dem Kifferspaß vorbei.

Allan, der nach Jahren auf See wieder nach Aalborg zurückkehrt, ist von der steten Angst vor dem Rückfall getrieben. Immer wieder gerät er in Versuchung, erneut Drogen zu nehmen. Immer wieder widersteht er ihr. Denn, so Allans Überlegung: "Hinterher werde ich noch mehr Ekel vor mir empfinden, und es wird dann endgültig schwer sein, den Drang zu bekämpfen." Im dritten Teil schließlich, der noch einmal zwei Jahre später einsetzt, offenbaren sich in multiperspektivischer Schilderung endgültig die Schattenseiten des Drogengenusses. Die ehemaligen Freunde haben erstmals einen Toten zu beklagen, der vom Haschisch auf Heroin umgestiegen war. Beim Besäufnis nach der Beerdigung bringt einer von ihnen Ejersbos erzieherische Botschaft auf den Punkt: "Wir hatten das eine oder andere intensive Erlebnis, aber das änderte ja doch nichts am Leben an sich."

Keine Macht den Drogen, denn sie machen nichts besser, höchstens schlimmer - so lautet die Grundaussage dieses moralisierend-lehrhaften und bei näherem Hinsehen im Grunde konservativen Buches. Von der rotzigen Revolte eines Jack Kerouac, von der Experimentierfreude eines William Burroughs (die beide von Ejersbo zitiert werden) oder auch vom Sarkasmus eines Irvine Welsh bleibt in "Nordkraft" nicht viel übrig. Ejersbo erzählt lieber von partnerschaftlicher Zweisamkeit und Sport als Ausweg aus der Sucht.

Seinen Roman als neuen "Houllebecq" anzukündigen, wie es der deutsche Klappentext tut, ist von daher völlig verfehlt. Mit politischer oder moralischer Provokation nämlich hat Ejersbo in "Nordkraft" nichts im Sinn. Seine Stärke ist konventioneller: Sie liegt darin, Ereignisse gekonnt zu drehbuchreifen Szenen zu verdichten. Daneben erzeugt sein erzähltechnischer Kniff, ein Geschehen mehrmals aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, eine fast krimihafte Spannung. Für ein umfassendes Porträt der Generation der Nachachtundsechziger aber, wie es der Klappentext wiederum unterstellt, sind Ejersbos Figuren charakterlich nicht tief genug ausgelotet - und fehlt es vor allem am ideologischen Überbau.

"Nordkraft" ist letztlich eine typische, mit fünfhundert Seiten etwas zu lang geratene, insgesamt souverän, wenn auch brav erzählte Sex-Drugs-and-Rock-'n'- Roll-Geschichte, die mit den üblichen heißen Flirts, Exzessen und Verfolgungsjagden aufwartet. Am Ende siegen, ganz im Stil Hollywoods, die bewährten family values. In Dänemark wurde das Buch damit zum Verkaufserfolg und soll demnächst nun tatsächlich verfilmt werden.

GISA FUNCK

Jakob Ejersbo: "Nordkraft". Roman. Aus dem Dänischen übersetzt von Sigrid Engeler. DuMont Literatur und Kunstverlag, Köln 2004. 537 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Martin Zähringer hat Freude an diesem "Aalborg-Provinz-Kiffer-Generationenroman" des dänischen Autors Jakob Ejersbo, in dem es nach Meinung des Rezensenten "hauptsächlich um die Rückseite der Idyllen" geht. Die "Gesamtkonzeption" des Romans gefällt ihm und sorgt für die richtige Dramaturgie - nur was Zähringer mit dem "bekanntermaßen schwer zu greifenden Flimmerphänomen der Szene" meint, das dem Autor offenbar einzufangen gelingt, bleibt etwas undurchsichtig. Auf jeden Fall ist der Roman in seiner Heimat sehr gut angekommen, die Verfilmung wird schon geplant. Den Subtext der Erzählung entdeckt der Rezensent in einem "Abgesang auf den alternativen Generationenvertrag", denn das "Hintergrundrauschen der dänischen Gesellschaft" bilden in Ejerbos Roman die Familienstrukturen, die die 1968er hinterlassen haben. Nur die deutsche Übersetzung gefällt dem Rezensenten nicht so richtig - die findet er einfach "teilweise zu mild".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Dieser Roman ist so berührend und seltsam ermutigend, weil er es durch sprachlichen Erfindungsreichtum und Rücksichtslosigkeit schafft, vom Nullpunkt der Existenz zu erzählen - und vom Überleben." (Politiken)