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"Ich sehe Alligatoren mit Posaunen!" - Muhammad Ali; Kinshasa, 1974
Die Zutaten hätten dramatischer nicht sein können: Inszeniert von einem kriminellen Boxpromoter mit Sturmfrisur (Don King) im Reich eines Diktators mit Leopardenfellmütze (Mobutu), trafen am 30. Oktober 1974 in Kinshasa im damaligen Zaire zwei Boxer aufeinander, um sich einen epischen Kampf zu liefern. Der eine war Muhammad Ali, der seine besten Jahre hinter sich hatte, aber entschlossen war, den verlorenen Weltmeistertitel zurückzuerobern. Der andere war George Foreman, der so wortkarg war wie Ali wortgewaltig und als…mehr

Produktbeschreibung
"Ich sehe Alligatoren mit Posaunen!" - Muhammad Ali; Kinshasa, 1974

Die Zutaten hätten dramatischer nicht sein können: Inszeniert von einem kriminellen Boxpromoter mit Sturmfrisur (Don King) im Reich eines Diktators mit Leopardenfellmütze (Mobutu), trafen am 30. Oktober 1974 in Kinshasa im damaligen Zaire zwei Boxer aufeinander, um sich einen epischen Kampf zu liefern. Der eine war Muhammad Ali, der seine besten Jahre hinter sich hatte, aber entschlossen war, den verlorenen Weltmeistertitel zurückzuerobern. Der andere war George Foreman, der so wortkarg war wie Ali wortgewaltig und als klarer Favorit gehandelt wurde. Millionen Fernsehzuschauer auf der ganzen Welt verfolgten diese spektakuläre Titanenschlacht mit überraschendem Ausgang, die als Rumble in the Jungle in die Geschichte einging.

In Kinshasa mit dabei war auch das "Enfant terrible" der amerikanischen Literaturszene, der Starautor und Pulitzer-Preisträger Norman Mailer, der seine Eindrücke und Beobachtungen ein Jahr später unter dem Titel The Fight veröffentlichte, eine literarische Reportage von rund 250 Seiten.

In unserer Hommage an das legendärste Boxereignis aller Zeiten erscheint Mailers Text in einer gekürzten Fassung, eingeleitet von einem Essay des Mailer-Experten J. Michael Lennon und erstmals bebildert mit Farb- und Schwarz-Weiß-Fotografien jener beiden Männer, die wie keine anderen Ali sowohl im Ring als auch im Privatleben im Bild festhielten: Howard L. Bingham und Neil Leifer.
Autorenporträt
Kein anderer zeitgenössischer amerikanischer Schriftsteller war so vielseitig, brillant, produktiv und umstritten wie Norman Mailer (1923¿2007). Mailer ist einer der einflussreichsten Autoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er schrieb ein Dutzend Romane, zwanzig Sachbücher, Reportagen, Theaterstücke, Drehbücher und Fernsehserien, Hunderte von Essays, zwei Gedichtbände und eine Sammlung von Kurzgeschichten. Der zweifache Pulitzer-Preis-Gewinner lebte in Brooklyn, New York, und in Provincetown, Massachusetts.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2022

Könige des Cool
Als Boxen zur Kunstform wurde: Wie der legendäre „Rumble in the Jungle“
zwischen Muhammad Ali und George Foreman im Jahr 1974 Bilder für die Ewigkeit produzierte
VON DAVID PFEIFER
Was Kunst ist, das entscheiden selten Künstler, sondern meist das Publikum. So gesehen ist der Kampf zwischen George Foreman und Muhammad Ali, 1974 in Zaire, über die Jahre zu großer Kunst geworden. So groß, dass er frei durch Raum und Zeit schwebt und einen Platz im kollektiven Gedächtnis der Menschheit eingenommen hat, wie die Marylin-Monroe-Lithografien von Andy Warhol oder Elvis Presleys „Aloha from Hawaii“-Konzert.
Es war ja nicht irgendein Kampf, sondern der „Rumble in the Jungle“, auf Deutsch die Schlägerei im Dschungel. Betitelt wie ein Filmklassiker, folgte die Begegnung tatsächlich einer Hollywood-Dramaturgie. Muhammad Ali, damals bereits ein gereifter Superstar, lehnte sich in die Seile, der jüngere und stärkere George Foreman verschwendete sich, um am Ende brutal k. o. zu gehen. Dazu die Stars am Ring, die Millionen Zuschauer weltweit, und Alis Sprüche, vor und sogar während des Kampfes („Man hat mir gesagt, du könnest hart schlagen, George …“). Nicht irgendein Kampf, sondern „The Fight“, wie die Geschichte von Norman Mailer hieß, die das Ereignis literarisch verewigte.
Seit 48 Jahren ist bekannt, wie die Sache damals ausging. Die Spannung ist also raus, könnte man sagen. Doch die Faszination ist geblieben. Sie entfaltet sich sofort, wenn man in dem Bildband blättert, der ebenfalls „The Fight“ heißt, gerade bei Taschen erschienen ist und neben Mailers Text viele bekannte und unbekannte Fotos des Ereignisses zeigt. Nicht nur nahe, spektakuläre Bilder aus dem Ring, sondern Schnappschüsse aus den Camps, von den Straßen Kinshasas, vom Musikfestival, das in diesem Rahmen veranstaltet wurde.
Doch wieso war es ausgerechnet dieser Kampf, der ein Event in ein Kunstwerk verwandelte? Im selben Jahr fand die Fußball-WM in Deutschland statt, die heute eher sporthistorisch betrachtet wird und nicht wegen einer stilbildenden Ästhetik. Klar, Sepp Maier und der Kaiser mit Koteletten, lustige Motive für ein Panini-Album. Aber ein Bildband?
Zeit kann veredeln, manchmal muss man nur lange genug warten, bis sich Ereignisse oder Objekte mit Nostalgie und Nachwissen aufladen und sie rückblickend größer machen. Es kann allerdings auch sein, dass es andersherum ist. Dass nur das sich vergrößert, das immer schon die Anlage zur Größe hatte. 1968 war Martin Luther King ermordet worden, George Foreman gewann Gold bei den Olympischen Spielen und wedelte als Patriot mit einer kleinen USA-Fahne. Die 200-Meter-Sieger Tommie Smith und John Carlos hingegen reckten die Faust zum Black-Power-Gruß in den Himmel über Mexiko City – und wurden nach Hause geschickt. Muhammad Ali war da bereits eine kontroverse Figur, nicht nur, weil er seinen alten Namen abgelegt hatte.
Der „Rumble in the Jungle“ war also schon in der Anlage eine ganz und gar gesellschaftspolitische Veranstaltung, für die USA, aber auch für den Rest der Welt. Ausgetragen in einem afrikanischen Land, dem heutigen Kongo, bezahlt von einem afrikanischen Despoten. Auf dem dazugehörigen Musikfestival spielten Miriam Makeba und James Brown („Say it loud, I’m black and I’m proud“). Schwarz und stolz waren die allermeisten Beteiligten an diesem Ereignis. Doch während sich die Bürgerrechtsbewegung nach Kings Tod häufig in Protestaktionen und Straßenschlachten entladen hatte, war der „Rumble in the Jungle“ eine Feier strahlender Künstler. Ein Festival des Cool. Attraktiv für alle.
Bis heute wurde das Ereignis überhöht in Musikstücken („In Zaire“), in einer oscarprämierten Dokumentation („When We Were Kings“) und einem unbekannteren, aber ebenso sehenswerten Musikfilm („Soul Power“). Und nun in dem Bildband, der die Menschen, das Ereignis und den Rahmen für die Ewigkeit konserviert. Der seltsame Effekt: Selbst wenn man den Kampf und den Film darüber kennt, alles schon bewegt und dynamisch geschnitten gesehen hat, wirken die Fotos näher und intimer. Weil man in ihnen verweilen kann wie in einem Roman, der ja nicht nur im Kopf des Autors entsteht, sondern ebenso sehr im Kopf seiner Leserinnen und Leser.
Wobei die beste Darstellung des K. o. von George Foreman weder gefilmt noch fotografiert, sondern in Worten festgehalten wurde. Norman Mailer beschreibt die überraschende Niederlage in Zeitlupe. „Er beugte sich immer noch in dieser unbegreiflichen Position über die Taille, die Augen weiter auf Muhammad Ali gerichtet, und begann zu taumeln, zu stürzen und zu fallen.“ Foremans Niedergang erinnert Mailer dabei an einen großen, „sechzigjährigen Butler, der gerade eine tragische Nachricht erhalten hat“.
George Foreman erinnert sich fast fünf Jahrzehnte später eher gequält an den Kampf. Nicht nur, weil er ihn verloren hat, sondern weil er seitdem immer wieder erklären muss, wie und warum er damals zu Boden ging. Er erzählt lieber vom Drumherum, wie er beispielsweise mal eine Frau in einem Restaurant hat sitzen lassen, lange vor dem „Rumble in the Jungle“. Diese hatte ihm, dem amtierenden Champion, vorgeschwärmt, wie gut aussehend Muhammad Ali doch sei. „Ein halbes Jahr später gehe ich vor einem Kampf in New York spazieren und komme an einer Ecke in der Nähe des Madison Square Garden vorbei, wo ein Menschenauflauf entstanden ist – in der Mitte steht Ali, der ruft: Ich bin der Größte, ich bin der Schönste!“ Foremans Gesicht hellt sich immer noch auf, wenn er solche Momentaufnahmen schildert. „Und wissen Sie, was – er hatte recht. Und die Frau hatte recht. Ali war wirklich sehr schön.“
Eines der ersten Bilder in dem Band zeigt allerdings den 25-jährigen George Foreman, noch ungeschlagen, in Zaire bei einer Partie Tischtennis. Eine Ballon-Mütze auf dem Kopf, nackter Oberkörper, austrainiert, Jeans und Gürtel mit hufeisenförmigen Schnallen daran. Man kann sagen: Viel lässiger kann ein Mann nicht aussehen. Kaum zu glauben, dass es sich nicht um ein Set-Foto eines Films handelt. Auch von Ali gibt es so ein Bild, ein Porträt im Smoking, buschiges Rüschenhemd und rote Nelke im Knopfloch, einen afrikanischen, geschnitzten Stock in der Hand, Haltung und Humor in einem. Sie sahen wirklich nicht aus wie Boxer, damals, sondern wie große, exzentrische Künstler.
Er beugte sich immer noch
in dieser unbegreiflichen
Position über die Taille, die
Augen weiter auf Muhammad
Ali gerichtet, und begann zu
taumeln, zu stürzen und
zu fallen.“
NORMAN MAILER ÜBER
GEORGE FOREMANS NIEDERLAGE
Ein Name wie ein Hollywood-Film: Der „Rumble
in the Jungle“ zwischen Muhammad Ali und George Foreman fand in Kinshasa statt (ganz rechts). Oben Foreman beim Training, im Wettkampf am 30.Oktober 1974 unterlag er in der
achten Runde. Rechts Ali als Kapitän auf dem Kongo.
Fotos: Howard L. Bingham (2), 2016 Neil Leifer/Sports Illustrated/
alle Fotos aus dem Buch "The Fight", Taschen Verlag
Norman Mailer,
Neil Leifer,
Howard L. Bingham:
The Fight.
Taschen Verlag,
Köln 2022.
260 Seiten, 80 Euro.

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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"Großtes Boxspektakel aller Zeiten. Ein Prachtband erzählt die ganze Geschichte... Niemand hat sie besser erzahlt als Norman Mailer, der Champ. Seine Heldensage The Fight erscheint in einer Prachtausgabe mit Bildern der nicht minder berühmten Sportfotografen Howard Bingham und Neil Leifer." Focus