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Harry Graf Kessler (1868 - 1937) verstand das Reisen als existentielle Sinnsuche. Der reiche, beruflich ungebundene intellektuelle Europäer aus dem Kaiserreich Deutschland, einem wichtigen Außenhandelspartner Mexikos, offiziös, standesbewußt und kosmopolitisch auftretend, unterscheidet sich vom Exotiktouristen. Politische und philosophische Intentionen steuern die Exkursionen so, daß die Landeserkundung vom Erkenntnisgewinn für das Ich und Weltverständnis bestimmt wird. Der Reisende Kessler trifft auf ein vorrevolutionäres, diktatorisch regiertes Land. Er begegnet den Resten einer indianischen…mehr

Produktbeschreibung
Harry Graf Kessler (1868 - 1937) verstand das Reisen als existentielle Sinnsuche. Der reiche, beruflich ungebundene intellektuelle Europäer aus dem Kaiserreich Deutschland, einem wichtigen Außenhandelspartner Mexikos, offiziös, standesbewußt und kosmopolitisch auftretend, unterscheidet sich vom Exotiktouristen. Politische und philosophische Intentionen steuern die Exkursionen so, daß die Landeserkundung vom Erkenntnisgewinn für das Ich und Weltverständnis bestimmt wird. Der Reisende Kessler trifft auf ein vorrevolutionäres, diktatorisch regiertes Land. Er begegnet den Resten einer indianischen und kolonial-spanisch überformten Kultur. Kessler hat eine Reiseroute mit den schon damals interessantesten touristischen Regionen und Örtlichkeiten gewählt: die Hauptstadt Mexiko und Umgebung, den Nordwesten und Westen der Kordilleren, den Südosten und die Halbinsel Yukatan. In der Zeit vom 9. November 1896 bis zum 11. Januar 1897 bewältigte er innerhalb von 63 Tagen 5900 Kilometer Landweg. Die Erstausgabe der 'Notizen über Mexiko' erschien 1898.
Autorenporträt
Harry Graf Kessler, geboren 1868 in Paris, aufgewachsen in Frankreich und England. Studium der Jura und Kunstgeschichte in Bonn und Leipzig. 1895 Aufsichtsrat der Zeitschrift "PAN". Mehrere Weltreisen. Bekanntschaft mit u. a. Hofmannsthal, Henry van de Velde, Rilke, Rathenau. Tätigkeit für das Nietzsche-Archiv in Weimar. 1913 Erste Werkstatt der "Cranach-Presse". 1917 Friedenssondierungen mit Frankreich. 1918 Deutscher Gesandter in Warschau. März 1933: Kessler verlässt Deutschland. Übersiedlung nach Paris, dann nach Mallorca. 1937 Kessler stirbt in Lyon.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.08.1998

Frühe Reisen

"Notizen über Mexico" von Harry Graf Kessler. Insel Verlag, Frankfurt und Leipzig 1998. 182 Seiten, einige Schwarzweißfotografien. Broschiert, 16,80 Mark. ISBN 3-458-33876-4.

Die Reiseberichterstattung hat in den vergangenen hundert Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Heute wagte es niemand mehr, so anmaßend, simplifizierend und snobistisch über fremde Länder zu schreiben wie Harry Graf Kessler in seinen 1898 erschienenen "Notizen über Mexico". Der kosmopolitische Aristokrat, der in nur dreiundsechzig Tagen fast sechstausend Kilometer Wegstrecke zurücklegte, traf freilich den Ton der Zeit, wenn er sein Reiseland mit einer Mischung aus Arroganz und abschätziger Verwunderung ausschließlich durch einen eurozentristischen Spiegel betrachtete. Kessler sah viel von Mexiko, und doch blieb sein Blick oberflächlich - was ihn freilich nicht daran hinderte, apodiktische Wahrheiten zu formulieren. "Dem Mexikaner" unterstellte er wegen dessen Lust an grellen Farben "ästhetische Unempfindlichkeit", die frühesten Werke der mexikanischen Malerei seien "gut, weil sie noch europäisch und wenig selbständig sind", spätere hingegen schlecht, weil sich ein eigener Stil gebildet habe, und überhaupt stehe der "tropische Einzelmensch" dem blonden nordischen Europäer an "Charakter, Stärke, innerem Reichtum" nach. Anerkennung fanden lediglich die Überreste der präkolumbianischen Kulturen, die er so pathetisch wie minutiös beschrieb. Der Graf suchte zwar Erklärungen und Erkenntnisgewinn in der Ferne, aber er war viel zu stark in seiner Person und seiner Welt verhaftet, um sein Reiseziel als selbständigen, kulturellen Organismus verstehen zu können. Deswegen blieb ihm das Land fremd, und nicht anders ergeht es dem heutigen Leser mit dem Text. Man lernt mehr über das Denken Kesslers und seiner Epoche als über das damalige Mexiko, und man wird jeder Illusion beraubt, daß frühe Reiseberichte besser sind als moderne. (str.)

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