Dem Zauber des kahlen, kargen, scheinbar schmucklosen Winter-Weinbergs wird in diesen Gedichten nachgespürt, dem Weinberg voller Erwartung. Er ist eine »untergegangene Sprache«, die jedes Jahr die Kraft zur Wiedergeburt aufbringt, eine verstreute Bibliothek, ein bizarrer Ort des Eigensinns, ein magischer Bilder-Generator, ein Laut-Laboratorium. Und nicht zuletzt ein Sinnbild für die sich immer wieder erneuernde Poesie selbst. Eine Welt entsteigt dem Weinberg.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Erfreut zeigt sich Jürgen Brôcan über diesen Band mit Gedichten Ralph Dutlis. Der auch einzeln erhältliche Band ist Teil der Lyrikkassette "Mein Gedicht ist mein Messer", die zeitgenössische poetische Ansätze vorstellt und neben Dutli die Dichter Lorand Gaspar, Robert Hass und Les Murray würdigt. Dutlis Schaffen sieht Brôcan "im Zeichen eines sinnlichen Zugriffs auf Welt und Sprache". Einen Zugriff, den er auch "erotisch" nennt. Bemerkenswert erscheint ihm bei Dutli das "freie Spiel" von Assoziationen und Alliterationen, etwa im Zyklus "Novalis im Weinberg", in dem die kahlen Weinberge der Pfalz in den Wintermonaten einen Reigen von Träumen, Erinnerungen, Bildern evozierten. "Schnurrig sind die Einfälle, die Dutlis Wortalchimistenküche entschlüpfen", befindet Brôcan, "doch nicht ohne Witz und Hintersinn." Als "bezaubernd frisch und leicht" lobt er vor allem Dutlis "kleine englische Suite", Übertragungen dreier Dichter des 17. Jahrhunderts.
© Perlentaucher Medien GmbH
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