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Von Novalis (1772-1801) stammt das zentrale Symbol der Romantik: die blaue Blume, die zum Inbegriff romantischer Sehnsucht geworden ist. Novalis verkörpert für viele einen schwärmerischen jungen Poeten. Im Gegensatz dazu erzählt Gerhard Schulz in seiner Biographie von Leben und Werk des frühromantischen Schriftstellers, Dichters und Philosophen Friedrich von Hardenberg, der zugleich als Bergmann, Geologe, Salinentechniker und Jurist tätig war und dessen Werk die Trennung von Geistes- und Naturwissenschaften noch nicht kannte. Vorgestellt wird ein vielseitiger Autor, der fest in der…mehr

Produktbeschreibung
Von Novalis (1772-1801) stammt das zentrale Symbol der Romantik: die blaue Blume, die zum Inbegriff romantischer Sehnsucht geworden ist. Novalis verkörpert für viele einen schwärmerischen jungen Poeten. Im Gegensatz dazu erzählt Gerhard Schulz in seiner Biographie von Leben und Werk des frühromantischen Schriftstellers, Dichters und Philosophen Friedrich von Hardenberg, der zugleich als Bergmann, Geologe, Salinentechniker und Jurist tätig war und dessen Werk die Trennung von Geistes- und Naturwissenschaften noch nicht kannte. Vorgestellt wird ein vielseitiger Autor, der fest in der Lebenspraxis seiner Tage verwurzelt war.

In zwölf Kapiteln entwickelt Gerhard Schulz dieses kurze, aber intensive Leben vor dem Hintergrund der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Als Dichter und Philosoph hat Novalis ein vielgestaltiges Werk hinterlassen. Das lange Zeit tradierte Bild vom "romantischen Träumer" Novalis erfährt in dieser Biographie eine ebenso gründliche Korrektur wie die Annahme, Novalis' naturwissenschaftliche Arbeiten seien nur einem ungeliebten "Brotberuf" geschuldet. Schulz erzählt von einem Autor, der in allem seinem Denken und Schreiben danach strebte, Enge und Isolation zu überwinden. Seine wichtigsten Werke - die Hymnen an die Nacht, der Roman Heinrich von Ofterdingen und das magische Lied der Todten - zeigen das ebenso überzeugend wie das großartige poetischphilosophische Fragment des Allgemeinen Brouillons, dieser erst vor kurzem nun auch ins Englische und Französische übersetzte Entwurf einer "Romantischen Enzyklopädie".
Autorenporträt
Prof. Dr. Gerhard Schulz, geb. 1928 in Löbau / Sa.Professor Emeritus.
Promovierte an der Universität Leipzig und ging 1959 nach Australien, wo er zuerst an der Universität Melbourne tätig war, dann von 1964 bis 1965 als Reader an der Universität Adelaide. Mitte 1965 wurde er auf den neugegründeten Lehrstuhl für Germanistik an der Universität von Western Australia in Perth berufen und 1969, nach der Emeritierung von Richard Samuel, auf den Lehrstuhl für Germanic Studies an der Universität Melbourne. Seit 1993 ist er Professor Emeritus dieser Universität.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.04.2012

Er hat die Schranken gebrochen

In jüngster Zeit sind gleich zwei neue Biographien über den Dichter Novalis erschienen. Warum eigentlich? Und ist das des Guten womöglich zu viel?

Die Lebensdaten des Friedrich von Hardenberg oder Novalis, der 1772 geboren wurde und schon 1801 verstarb, boten nicht unbedingt Anlass für zwei Biographien - ein 240. Geburtstag oder ein 210. Todestag ist kein Gedenktag, zu dem man eine neue Gesamtwürdigung erwartet.

Wohl aber mag die Entwicklung der Novalis-Forschung ein Impuls gewesen sein. Die historisch-kritische Ausgabe seiner Werke, die viel neues Material zur Kenntnis gebracht hat, erreichte 1998 mit den Jugendschriften des Dichters und 2006 mit den beruflichen Schriften des Salinen-Assessors ihren Abschluss. Die Forschung ist, seit Herbert Uerlings sie 1991 in einem fast siebenhundert Seiten umfassenden Handbuch referiert hat, vorangeschritten und hat - nicht zuletzt durch die Auswertung der beiden letzten Werkbände - neue Wahrnehmungen eröffnet. Deutlicher als früher sieht man, wie produktiv Hardenberg schon als Gymnasiast war und mit welch ungeheurer Lese- und Schreibleistung er sich die klassische und moderne Literatur als Voraussetzung seines eigenen hochintellektualistischen und hochartistischen Dichtertums angeeignet hat. Und noch deutlicher als früher sieht man auch, wie sehr dieser weltflüchtigste aller Dichter im praktischen Leben stand.

Die ersten Notizen für die beiden Zueignungssonette zum Roman "Heinrich von Ofterdingen" finden sich auf zwei Blättern - Schulz bietet sie im Faksimile - mit Arbeitsplänen für die Saline Artern vom Ende des Jahres 1799. Das ist nicht nur für die Datierung der Gedichte interessant, sondern auch für die Verschränkung von dichterischem Schaffen und Berufstätigkeit, die im Übrigen - mit anstrengenden Fußmärschen, langwierigen Besichtigungen und detaillierten schriftlichen Berichten - alles andere als gemütlich war.

Eine neue summierende Novalis-Biographie, so darf man also feststellen, war nach dem Abschluss der historisch-kritischen Ausgabe fällig. Dass es gleich zwei wurden, war überraschend - und ist nichts anderes als erfreulich. Denn beide sind in ihrer Art ganz vorzüglich, und am besten sollte man beide lesen, obwohl in beiden im Kern und in vielen Einzelheiten mehr oder minder dasselbe steht, nur eben auf eine andere Weise: Gerhard Schulz, der in Melbourne Germanistik lehrte, Herausgeber der Novalis-Ausgabe ist und als einer der besten Kenner der Literatur der Goethezeit gilt, bietet auf rund 270 Textseiten ein außerordentlich prägnantes Porträt Hardenbergs und eine ebenso aufschlussreiche und klug wertende Charakterisierung seines Werks. Das Buch ist ein wissenschaftlich fundierter Hymnus auf jenen genialen jungen Mann, der in wenigen Jahren des Schreibens mit einer durchaus überschaubaren Anzahl von gedruckten Werken zum Dichter von Weltrang wurde und daneben ein Konvolut von Aufzeichnungen hinterließ, das eine schier unerschöpfliche Fundgrube des Geistes ist. Man liest diese passioniert geschriebene Biographie mit wachsender Anteilnahme und Begeisterung.

Das Buch des Lehrers und Schriftstellers Wolfgang Hädecke, der unter anderem mit Heine- und Fontane-Biographien hervorgetreten ist, zählt 90 Textseiten mehr als das von Schulz. Sie kommen vor allem der Lebensgeschichte des Dichters, der Darstellung der Familie sowie des Freundes- und Bekanntenkreises zugute. Über Hardenbergs Eltern und Geschwister erfährt man bei Hädecke mehr als bei Schulz, ebenso über seine Beziehung zu Schiller oder zu Friedrich Schlegel, dessen Bedeutung für Hardenberg zitatenreich erläutert wird. Auch weniger wichtige Zeitgenossen werden knapp charakterisiert, wenn sie in Hardenbergs Blickfeld traten. Fast eine Seite widmet Hädecke beispielsweise Hardenbergs beiläufiger Begegnung mit August Herder, dem Sohn des großen Johann Gottfried Herder, obwohl dieses Treffen für Hardenberg keine weitere Bedeutung hatte. Im Übrigen referiert Hädecke ausführlich die Forschung, nicht zuletzt auch Schulz, aber ohne dass dies beschwerlich würde. Hädeckes Kunst des Arrangements und sein flüssiger Schreibstil tragen leicht auch über sperrige Materien hinweg.

Im Übrigen wäre es ungerecht, die beiden Biographien durch Verweise auf fehlende oder überschüssige Details gegeneinander auszuspielen. Schulz konzentriert sich auf Novalis, ohne natürlich Schiller, Schlegel, den großen Herder und die anderen Vorbilder und Wegbegleiter zu übergehen. Hädecke gibt dem gesellschaftlichen und literarischen Umfeld mehr Platz. In den wesentlichen Punkten geben sich die beiden Biographien nichts nach. Alle belangvollen biographischen Informationen, die für Novalis charakteristischen Aphorismen, seine frappierenden Bekenntnisse, die denkwürdigsten Anekdoten und die klügsten Äußerungen über den Autor und sein Werk findet man mit ausnahmsloser Zuverlässigkeit in beiden Büchern. Über die maßlosen Ansprüche dieses jungen Mannes und seine innovativen poetischen Leistungen, über seine tiefe, manchmal aber fast blasphemische Religiosität und seine moralische Freiheit, über seine Lebens- und Liebesfreude bei gleichzeitiger Todestrunkenheit geben beide Biographien gleichermaßen gute Auskunft. Die gedankliche Kühnheit und sprachliche Schönheit der poetischen Schriften wird in beiden Büchern gleichermaßen gewürdigt. Und die Schilderung der Erkrankung und jenes "Nachsterbens", mit dem Novalis sich seiner mädchenhaft frühverstorbenen ersten Geliebten zu verloben gedachte, pointieren beide zu Recht mit den harten und dunklen, aber letztlich wohl sehr angemessenen Sätzen, die Caroline Schlegel sechs Wochen vor dem Tod des kranken Freundes an ihren Geliebten, Friedrich Schelling, schrieb: "Wir können ihm nicht helfen, wenn ihm Gott nicht hilft, es sey zum gesunden Leben, oder zum freudigen Tode. Ich kann ihn nicht beklagen, wenn er dahin ist. Er hat die Schranken gebrochen."

Dieser wahrhaft außergewöhnliche Mensch brauchte zwei Namen, um der Fülle seiner Anlagen und der Größe seiner Ansprüche genügen zu können. Seinem Studium und Beruf ging er als Friedrich von Hardenberg nach, als Dichter aber wollte er Novalis heißen. In einem Schreiben an August Wilhelm Schlegel verwies er darauf, dass dies ein "alter Geschlechtsname" seiner Familie sei. Ein Vorfahre von ihm hatte wohl "von Rode" geheißen und sich auch "de Novali" genannt: einer, der durch Rodungen Neuland gewinnt. Friedrich von Hardenberg wollte sich diesen Namen zu eigen machen, indem er durch eine Romantisierung oder "qualitative Potenzierung" der Welt und durch einen Gang "nach innen" geistiges Neuland schuf.

Zu hören ist der Name Novalis in zwei Formen: einmal mit der Betonung auf o, ein anderes Mal mit der Betonung auf dem a. Was ist richtig? Schulz sorgt hier gleich zu Beginn seiner Darstellung zwar nicht für Eindeutigkeit, aber doch für Klarheit: Der lateinischen Herkunft des Namens entspricht die Betonung "auf der zweiten Silbe (Novális)", wie sie sich in der Literaturwissenschaft eingebürgert hat, "während für die Familie Hardenberg die Betonung auf der ersten üblich geblieben ist (Nóvalis)". Ein schöner Fall für Pedanten, Rechthaber und Besserwisser.

HELMUTH KIESEL.

Wolfgang Hädecke: "Novalis". Biographie.

Hanser Verlag, München 2011. 399 S., geb., 24,90 [Euro].

Gerhard Schulz: "Novalis". Leben und Werk Friedrich von Hardenbergs.

C. H. Beck Verlag, München 2011. 304 S., geb., 24,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dass der Novalis-Forscher Gerhard Schulz nun noch einmal einen Gesamtüberblick über Leben und Werk Friedrich von Hardenbergs veröffentlicht hat, kann Rezensent Lothar Müller nur begrüßen. Denn er hat hier keine weitere, mit fachsimpelnden Details gefüllte Gelehrtenausgabe gelesen, sondern vielmehr ein Werk, das auch dem breiteren Publikum einen Zugang zu dem komplizierten Innenleben des romantischen Dichters ermöglichen soll. Der Rezensent schätzt besonders die Entscheidung des Autors, nicht den studierten Juristen, Geologen, Verwaltungsbeamten und Bauingenieur Hardenberg gegen sein dichtendes Alter Ego Novalis auszuspielen, sondern stattdessen die Verbindungen zwischen bürgerlicher Berufstätigkeit und Dichterdasein aufzuzeigen. Erhellende Kapitel, wie etwa den umfassenden Einblick in Hardenbergs Schülerjahre, hat der Kritiker mit Gewinn gelesen und so empfiehlt er diese Ausgabe, die Novalis vom Bild des "todsüchtigen Träumers" befreit, als "Wegweiser" für das Werk des Dichters.

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