Über 70 aktuelle Luftbilder zeigen das Vertraute aus ganz neuer, spektakulärer Perspektive. Kaiserburg, Altstadt, ehemaliges Reichsparteitagsgelände, Heilig-Geist-Spital, Flughafen, Neues Museum und viele weitere Nürnberger Sehenswürdigkeiten in überraschenden, detailreichen Schräg-Luftbildern. Kurze, informative Texte des Nürnberg-Experten Hartmut Beck kommentieren die Bilder zweisprachig auf Deutsch und Englisch.
Es war einmal ein Menschheitstraum, fliegen zu können. Inzwischen hat man sich längst daran gewöhnt, die Erde aus der Vogelperspektive zu betrachten - allerdings meist so hoch vom Himmel herab, daß nur noch grobe Umrisse des Erdenrunds zu erkennen sind. So ist es, sofern man nicht Luftakrobat oder Drachenflieger ist, ein kleines Abenteuer geblieben, zu dem der Fotograf Manfred Gillert hier einlädt: In hundertfünfzig bis dreihundert Meter Höhe schwebt er über Nürnberg und bietet Perspektiven einer urbanen Landschaft, die das Vertraute auf merkwürdige Weise verändern und korrigieren. In erster Linie ist dieses Buch wohl für die Bürger der Stadt gedacht, die ihre kleine Welt einmal anders sehen möchten. Aber auch für die vielen ausländischen Besucher mag es reizvoll sein, "Nuremberg from the Air" - so der Untertitel - zu erleben, nachdem sie sich in den Gassen und Straßen die Füße platt gelaufen haben. Einer Erkenntnis werden sich allerdings weder Einheimische noch Fremde beim Betrachten der Bilder entziehen können: Nürnberg ist von unten ungleich schöner als von oben, denn das, was nach den verheerenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg an Bausubstanz übriggeblieben ist oder restauriert und historisch getreu rekonstruiert werden konnte, wirkt so stark und absorbiert alles Interesse, daß man die neuerbaute Umgebung kaum wahrnimmt. Durch das Luftbild jedoch treten die Verluste und die Sünden beim Wiederaufbau mit aller Schärfe zutage: etwa wie häßlich der Kornmarkt heute ist, wie wenig einfühlsam der Egidienplatz neu gestaltet wurde oder wie öde der sogenannte Plärrer, die Verkehrsdrehscheibe der Stadt, im Vergleich zu früher wirkt. Man könnte vermuten, daß dahinter die Absicht steckt, die ernüchternde Wirklichkeit Nürnbergs zu zeigen und ein Gegenbild zum hier zuerst gesuchten deutschen Idyll zu schaffen. Aber das ist nur eine Vermutung. Wahrscheinlicher ist, daß Nürnberg aus der Luft einfach nicht mehr hergibt.
tg.
"Nürnberg aus der Luft" von Hartmut Beck (Text) und Manfred Gillert (Fotos). Ars vivendi Verlag, Cadolzburg 2005. 96 Seiten mit mehr als 70 Luftbildern und deutsch/englischen Legenden. Gebunden, 22,90 Euro. ISBN 3-89716-531-7.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der "tg" zeichnende Rezensent stellt nach Prüfung dieses Buches mit leichter Enttäuschung fest, dass es nicht wirklich lohnend ist, Nürnberg aus der Luft zu betrachten. Aus der Luft würden die verheerenden Kriegsschäden und die Sünden beim Wiederaufbau erst richtig sichtbar. Ebenerdig betrachtet sei die Stadt sehr viel schöner. Einen Moment lang erwägt der Rezensent, die ernüchternden Nürnberger Luftbilder könnten als Aufforderung zur Stadtverschönerung aufgenommen worden sein - eine Erwägung, die er jedoch sofort wieder verwirft.
© Perlentaucher Medien GmbH
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