Eine Freundschaft in BriefenFür Christa und Gerhard Wolf war der freundschaftliche Umgang mit Malern, Bildhauern und Grafikern nicht wenigeranregend und intensiv als der mit Dichterkollegen und Autoren. Das 1995 bei Gerhard Wolf Janus press verlegteBuch Unsere Freunde, die Maler legt davon anschaulich Zeugnis ab. Versammelt es doch Bildwerkezahlreicher bekannter Künstler und stellt ihnen Betrachtungen, Briefe und Reflexionen zur Seite. Ein Jahr vorher,1994, gewann Gerhard Wolf 19 von ihnen für die Mitarbeit an dem Mappenwerk Ein Blatt für C. W., eineGabe für die von allen geschätzte Autorin zu ihrem 65. Geburtstag. In beiden Editionen - dem Buch wie derGrafikmappe - ist Carlfriedrich Claus vertreten. Aber in beiden nimmt er eine Sonderstellung ein.Das muss nicht verwundern, denn Carlfriedrich Claus entwickelte aus seinem radikalen Konzept des künstlerischenund lebensweltlichen Dauerexperiments ein OEuvre, das sich gängigen Kategorien entzog. Grundlegendintermedial, kann es gleichzeitig als Text gelesen und als Bild betrachtet werden und war und ist singulär."[M]eine Intention zielt ja genau dahin, die 'räumlich wirkende' bildende mit der 'zeitlich wirkenden' sprachlichenKunst dialektisch zu verbinden" erläuterte Carlfriedrich Claus 1971 seine "Sprachblätter" einem seinerBriefpartner, Daniel Henry Kahnweiler in Paris (15. 7. 1971). Seit dem Ende der 1950er-Jahre publizierte er inwestdeutschen bzw. westeuropäischen Medien und stellte in diesen Ländern aus. Aber in der DDR lebte und arbeiteteCarlfriedrich Claus damals weitgehend isoliert und unter extrem schwierigen Umständen. Da sich sein Schaffenden Kriterien sozialistischer Kunst entzog, war er in keinem Künstlerverband organisiert. Eine solche Mitgliedschaftgalt jedoch im autoritären Kulturbetrieb der DDR als Voraussetzung für eine freie künstlerische Tätigkeit,so dass er permanent mit Repressionen rechnen musste. Immerhin hatte ihn Werner Schmidt, der Direktordes Kupferstich-Kabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, 1968 in einem Abendvortrag imMagdeburger Grafik-Kreis erstmals in der DDR einem sachkundigen Publikum offiziell vorgestellt; im selbenJahr hatte Lothar Lang den Künstler angeregt, sich mit der Drucktechnik der Lithografie auseinanderzusetzen.Eines dieser originalgrafischen Blätter erschien 1969 in der von Lothar Lang herausgegebenen 12. Edition der Kabinettpresse Berlin. Das heißt, gegen kulturpolitische Widerstände hatte der Künstler mit Hilfe engagierter undkompetenter Förderer erste winzige Schritte in Richtung einer Öffentlichkeit auch in der DDR geschafft. Aber egal,in welchem Umfeld seine "Sprachblätter" wahrgenommen wurden und werden, ob im Kontext der konkretenund visuellen Poesie oder avantgardistischer, nonkonformer Kunst, sie behaupten eine Sonderposition. Und alsein solcher Ausnahmekünstler geriet Carlfriedrich Claus auch in den Gesichtskreis von Christa und Gerhard Wolf.Er und das Autorenpaar waren sich im Mai 1971 während eines Besuchs bei Lothar Lang in Freienbrink beiErkner zum ersten Mal persönlich begegnet. Der Kunstkritiker, bei dem Carlfriedrich Claus vom 19. bis 25. Maizu Gast weilte, hatte weitere Autoren und Künstler wie Bernd Jentzsch, Dieter Goltzsche oder Max Uhlig eingeladen,denen Carlfriedrich Claus seine Werke vorstellen konnte. Die Anschriften zwischen Christa und GerhardWolf und Carlfriedrich Claus wurden getauscht und ein Briefwechsel kam in Gang, der dem Gedankenaustauschdiente, der gegenseitigen Bestärkung und Anteilnahme wie der Entwicklung gemeinsamer Projekte.Fortan hatte Carlfriedrich Claus in Gerhard Wolf einen einfühlsamen Interpreten seiner Kunst. Als 1974 eineerste Personalausstellung von ihm im sozialistischen Osteuropa gezeigt wurde - wenn auch bezeichnenderweisenicht in der DDR, sondern in Pozna¥ im benachbarten Polen - verfasste Gerhard Wolf im Vorfeld Notizenauf eine Visitenkarte geschrieben. 1975 konnte der Text im Katalog einer Personalausstellung in der Ost-BerlinerGal
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