AN INSTANT SUNDAY TIMES BESTSELLER
SHORTLISTED FOR THE GORDON BURN PRIZE
SHORTLISTED FOR SCOTLAND'S NATIONAL BOOK AWARD
A GUARDIAN BEST MEMOIR OF 2023
A WATERSTONES BEST BOOK OF 2023
John Niven's little brother Gary was fearless, popular, stubborn, handsome, hilarious and sometimes terrifying. After years of chaotic struggle against the world took his own life at the age of 42.
Tracking the lives of two brothers in changing times - from illicit cans of lager in 70s sitting rooms to ecstasy in 90s raves - O Brother is a tender, affecting and often uproariously funny story. It is about the bonds of family and how we try to keep the best of those we lose alive. It is about black sheep and what it takes to break the ties that bind. Fundamentally it is about how families survive suicide, 'that last cry, from the saddest outpost.'
SHORTLISTED FOR THE GORDON BURN PRIZE
SHORTLISTED FOR SCOTLAND'S NATIONAL BOOK AWARD
A GUARDIAN BEST MEMOIR OF 2023
A WATERSTONES BEST BOOK OF 2023
John Niven's little brother Gary was fearless, popular, stubborn, handsome, hilarious and sometimes terrifying. After years of chaotic struggle against the world took his own life at the age of 42.
Tracking the lives of two brothers in changing times - from illicit cans of lager in 70s sitting rooms to ecstasy in 90s raves - O Brother is a tender, affecting and often uproariously funny story. It is about the bonds of family and how we try to keep the best of those we lose alive. It is about black sheep and what it takes to break the ties that bind. Fundamentally it is about how families survive suicide, 'that last cry, from the saddest outpost.'
Vivid, visceral, brilliantly funny in places, dispensing sharp punches to the gut in others . . . [O Brother] made me sob more than once, and I suspect it will do the same to you Guardian
Süddeutsche ZeitungGeh mir nicht kaputt
John Niven hat ein liebespralles Memoir geschrieben –
über seinen toten Bruder, sein Milieu und wie man das alles aushält.
VON JOACHIM HENTSCHEL
Eine der besten, einprägsamsten und dazu rätselhaftesten Geschichten, die John Niven in seinem neuen Buch „O Brother“ erzählt, kommt schon nach den ersten paar Seiten. Da herrscht im Süden Schottlands der Frühjahrswinter 1976, Steven Spielbergs Film „Der weiße Hai“ ist das weltweite, abendfüllende Gesprächs- und Kulturthema. Und was Niven über die zwei Kinovorstellungen erzählt, die er damals als Neunjähriger besucht hat, soll wirklich so passiert sein. Wie laut Konzept das allermeiste, was in „O Brother“ steht.
Zum ersten Mal jedenfalls sieht der kleine John den Hai-Film mit Tante, Onkel und Cousin im Kino in Glasgow, durch die Zigarettenschwaden hindurch. Niemand hat Bedenken, dass der Horror, die Zähne und das Blut den Grundschüler überfordern könnten. Tatsächlich amüsiert und gruselt er sich prächtig. So sehr, dass er einige Zeit später ein zweites Mal im Sessel sitzt. Dieses Mal mit den Eltern und seinem Bruder Gary, im Kino in Irvine, der ländlichen Familienheimat.
Es ist eine durch und durch köstliche Sequenz, in der der Autor Niven das cineastische Talent turbulent ausspielt, das er unter anderem als Drehbuchautor trainiert hat. Die Familie, emporgekommene Working Class, hat eine der ersten Sitzreihen besetzt, schwer beladen mit Knabberzeug, Drinks und Wangenglühen. „Ein unheilvolles Blubbern ertönt“, schreibt Niven, der Film beginnt. Und obwohl sein kindliches Ich ihn schon gesehen hat und so von nichts mehr geschockt sein dürfte, breitet sich plötzlich und überraschend wilde Panik in ihm aus. Angst vor der Bedrohung, die sonst keiner kennt. Vor dem unsichtbaren Hai, der fleischhungrig knapp unter der Zelluloidoberfläche herumschwimmt.
Das kleine Wunder: Als John seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Gary ins Gesicht schaut, der im Halbdunkel neben ihm sitzt, sieht er in dessen Augen exakt die gleiche Furcht. Man ist sich instinktiv einig, nur Sekunden nach Beginn des Films: Wir müssen hier raus, sofort. Am Ende wird es Vater Nivens Aufgabe sein, fluchend und mit Eiskonfekt im Mund, die Kinder bei Oma und Opa abzusetzen und mit quietschenden Reifen zurückzufahren, um wenigstens noch den Schwanz vom weißen Hai zu sehen. Und weil die Aktion im Kino von einigen Klassenkameraden beobachtet wird, muss John am Montag Schulspott ertragen.
Woher der plötzliche Horror damals kam, versucht Niven im Rückblick gar nicht zu erklären. Eigentlich geht es hier um den Moment zwischen den Brüdern. Um die Gefühlspartnerschaft. Um das blinde Verständnis, das in diesem so existenziellen Moment alle Konkurrenzgefühle aus dem Weg räumt, die vor allem männliche Geschwister oft voneinander trennt. Also um das, exemplarisch übersteigert, was die komische Magie familiärer Verwandtschaft überhaupt ausmacht.
Gary wäre heute 55, aber er lebt nicht mehr. Offiziell sind das der Anlass und das Thema von Nivens Quasi-Memoir: Im August 2010 wurde der Bruder nach einem halbherzig wirkenden Suizidversuch ins Krankenhaus gebracht und versuchte dort erneut, sich das Leben zu nehmen. Der Autor, seine Mutter und seine Schwester waren dabei, als die Ärzte nach drei Tagen die Maschinen abstellten und Gary sterben lassen mussten. Der Titel „O Brother“ ist die Totenklage, 14 Jahre nachgelagert.
Aber, und das muss man an dieser Stelle dringend schnell feststellen: Alle, die vor diesem Buch zurückschrecken, weil sie einen der handelsüblichen Tränenlappen befürchten, die Autorinnen und Autoren gern abliefern, wenn sie mangels besserer Ideen alte Trauerfälle nacherzählen – all die sollten Nivens Text umso unbedingter lesen. Erstens, weil er dem Publikum nur die unvermeidlichsten Sentimentalitäten zumutet und man im Zweifel hier eh an den falschen Stellen heult. Und weil „O Brother“ als Hommage an den lieben Verstorbenen eine der grandiosesten literarischen Themaverfehlungen der letzten Zeit ist. Denn Niven schreibt hier auf 400 Seiten (die Stephan Glietsch überragend gut aus dem Schottischen ins Deutsche übersetzt hat) mindestens so viel über sich selbst wie über den toten Bruder. Bei Beerdigungen kann es ja ganz grässlich sein, wenn ausgerechnet ein arroganter Onkel den Pfarrer gebrieft hat und die Grabrede am Ende vor allem von den Überlebenden handelt – hier ist es volle Absicht und zugleich ein formales Experiment. Die Reise in die Vergangenheit der Familie sei „so etwas wie eine polizeiliche Gegenüberstellung früherer Ichs“, schreibt Niven am Anfang, und natürlich steckt darin der erkenntnistheoretische Trick: Er behandelt Gary und sich wie Doppelgänger, die relativ kurz hintereinander am selben Ort in dieselben Verhältnisse hineingeboren werden. Und sich trotzdem in komplett verschiedene Richtungen bewegen, der eine zum Erfolg als Schriftsteller und Medienperson, der andere in die Kleinkriminalität und soziale Isolation.
Dass menschliches Schicksal nicht allein vom Milieu abhängt, dem man unverdient entstammt, ist das banalste Fazit dieser Geschichte. „O Brother“ erzählt vielmehr davon, dass man überhaupt erst zum echten Selbst werden kann, indem man sich in anderen spiegelt, in ihnen wiederfindet, von ihnen abgrenzt. Natürlich vor allem von denen, die einem am nächsten stehen, dieselben steinzeitlichen Erziehungsmethoden erleiden oder im Kinosessel knapp nebenan sitzen.
Niven, 58, hat mit bisherigen Werken wie „Kill Your Friends“, „Gott bewahre“ und „Die F*ck-it-Liste“ vor allem das Genre des faustdicken Lad-Romans bespielt, das literarische Pendant zu den Schnaps- und Pfefferpralinenmischungen, die von rückständigen Branding-Agenturen als „Männersache“ vermarktet werden. Es ist eine riesige Überraschung, dass ihm mit „O Brother“ nun ein so aufschlussreiches und liebespralles Buch geglückt ist, im schönsten Sinn, das sich dabei mindestens so souverän, unterhaltsam und stilistisch unrasiert liest wie die früheren Pulp-Fiction-Schnurren. So erleben wir, wie es im Familienkreis kracht und zittert, wie Schülerstreiche mit Luftpistolen schiefgehen und die üblichen Schuld-und-Sühne-Dramen nach und nach die Charaktere schälen und formen. Wir stehen in der ersten Erdbebenreihe beim Konzert der Punkband The Clash, sind dabei, wenn in den Achtzigern neue Jugendkultur- und Drogenwellen über Großbritannien (und kurz darauf über den Rest der Welt) schwappen und die sozialen Binnenverhältnisse umsortieren. Mal ist der eine Bruder obenauf, als oberster Partygaul und allseits beliebter Mann mit dem goldenen Pillendöschen, mal der andere, den es in die weite Welt und ins Showbusiness zieht. Wie die Geschichte ausgehen wird, hat der Erzähler Niven eh vorweggenommen. In zwischengeschnittenen Szenen sind er und die Schwester schon hektisch dabei, die Wohnung des im künstlichen Koma liegenden Gary zu durchsuchen. Um sicherzustellen, dass die Polizei dort nichts finden wird, das ihn vom Krankenbett ins Gefängnis bringen könnte.
„Ein gutes Leben ist definitiv die beste Rache“, schreibt Niven gegen Ende. Und obwohl er die zwei eventuell strittigen Fragen nicht klärt, was „gut“ bedeutet und wer genau sich an wem wofür rächen soll, versteht man sofort, wie er das meint. „O Brother“ sagt: Obwohl die Welt zwar mit größter Wahrscheinlichkeit vor die Hunde gehen wird, ist keine Unze an zwischenmenschlicher Wärme verloren, auch nicht die aussichtsloseste. Ein großartiges Plädoyer für Schwester- und Brüderlichkeit. Für solche scheinbar simplen Weisheiten kann eine kleine Geschichte übers Kaputtgehen bestens geeignet sein.
In dieser Familie
hängt der Lebensweg nicht
von der Herkunft ab
„Ein gutes Leben ist
definitiv die beste
Rache“, heißt es am Ende
John Niven: O Brother.
Aus dem Englischen von
Stephan Glietsch.
btb, München 2024.
400 Seiten, 24 Euro.
Das blinde Verständnis zwischen Geschwistern, zwischen Brüdern, auch darum geht es John Niven. Er wuchs im Glasgow der 1970er-Jahre auf.
Foto: Mirrorpix
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
John Niven hat ein liebespralles Memoir geschrieben –
über seinen toten Bruder, sein Milieu und wie man das alles aushält.
VON JOACHIM HENTSCHEL
Eine der besten, einprägsamsten und dazu rätselhaftesten Geschichten, die John Niven in seinem neuen Buch „O Brother“ erzählt, kommt schon nach den ersten paar Seiten. Da herrscht im Süden Schottlands der Frühjahrswinter 1976, Steven Spielbergs Film „Der weiße Hai“ ist das weltweite, abendfüllende Gesprächs- und Kulturthema. Und was Niven über die zwei Kinovorstellungen erzählt, die er damals als Neunjähriger besucht hat, soll wirklich so passiert sein. Wie laut Konzept das allermeiste, was in „O Brother“ steht.
Zum ersten Mal jedenfalls sieht der kleine John den Hai-Film mit Tante, Onkel und Cousin im Kino in Glasgow, durch die Zigarettenschwaden hindurch. Niemand hat Bedenken, dass der Horror, die Zähne und das Blut den Grundschüler überfordern könnten. Tatsächlich amüsiert und gruselt er sich prächtig. So sehr, dass er einige Zeit später ein zweites Mal im Sessel sitzt. Dieses Mal mit den Eltern und seinem Bruder Gary, im Kino in Irvine, der ländlichen Familienheimat.
Es ist eine durch und durch köstliche Sequenz, in der der Autor Niven das cineastische Talent turbulent ausspielt, das er unter anderem als Drehbuchautor trainiert hat. Die Familie, emporgekommene Working Class, hat eine der ersten Sitzreihen besetzt, schwer beladen mit Knabberzeug, Drinks und Wangenglühen. „Ein unheilvolles Blubbern ertönt“, schreibt Niven, der Film beginnt. Und obwohl sein kindliches Ich ihn schon gesehen hat und so von nichts mehr geschockt sein dürfte, breitet sich plötzlich und überraschend wilde Panik in ihm aus. Angst vor der Bedrohung, die sonst keiner kennt. Vor dem unsichtbaren Hai, der fleischhungrig knapp unter der Zelluloidoberfläche herumschwimmt.
Das kleine Wunder: Als John seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Gary ins Gesicht schaut, der im Halbdunkel neben ihm sitzt, sieht er in dessen Augen exakt die gleiche Furcht. Man ist sich instinktiv einig, nur Sekunden nach Beginn des Films: Wir müssen hier raus, sofort. Am Ende wird es Vater Nivens Aufgabe sein, fluchend und mit Eiskonfekt im Mund, die Kinder bei Oma und Opa abzusetzen und mit quietschenden Reifen zurückzufahren, um wenigstens noch den Schwanz vom weißen Hai zu sehen. Und weil die Aktion im Kino von einigen Klassenkameraden beobachtet wird, muss John am Montag Schulspott ertragen.
Woher der plötzliche Horror damals kam, versucht Niven im Rückblick gar nicht zu erklären. Eigentlich geht es hier um den Moment zwischen den Brüdern. Um die Gefühlspartnerschaft. Um das blinde Verständnis, das in diesem so existenziellen Moment alle Konkurrenzgefühle aus dem Weg räumt, die vor allem männliche Geschwister oft voneinander trennt. Also um das, exemplarisch übersteigert, was die komische Magie familiärer Verwandtschaft überhaupt ausmacht.
Gary wäre heute 55, aber er lebt nicht mehr. Offiziell sind das der Anlass und das Thema von Nivens Quasi-Memoir: Im August 2010 wurde der Bruder nach einem halbherzig wirkenden Suizidversuch ins Krankenhaus gebracht und versuchte dort erneut, sich das Leben zu nehmen. Der Autor, seine Mutter und seine Schwester waren dabei, als die Ärzte nach drei Tagen die Maschinen abstellten und Gary sterben lassen mussten. Der Titel „O Brother“ ist die Totenklage, 14 Jahre nachgelagert.
Aber, und das muss man an dieser Stelle dringend schnell feststellen: Alle, die vor diesem Buch zurückschrecken, weil sie einen der handelsüblichen Tränenlappen befürchten, die Autorinnen und Autoren gern abliefern, wenn sie mangels besserer Ideen alte Trauerfälle nacherzählen – all die sollten Nivens Text umso unbedingter lesen. Erstens, weil er dem Publikum nur die unvermeidlichsten Sentimentalitäten zumutet und man im Zweifel hier eh an den falschen Stellen heult. Und weil „O Brother“ als Hommage an den lieben Verstorbenen eine der grandiosesten literarischen Themaverfehlungen der letzten Zeit ist. Denn Niven schreibt hier auf 400 Seiten (die Stephan Glietsch überragend gut aus dem Schottischen ins Deutsche übersetzt hat) mindestens so viel über sich selbst wie über den toten Bruder. Bei Beerdigungen kann es ja ganz grässlich sein, wenn ausgerechnet ein arroganter Onkel den Pfarrer gebrieft hat und die Grabrede am Ende vor allem von den Überlebenden handelt – hier ist es volle Absicht und zugleich ein formales Experiment. Die Reise in die Vergangenheit der Familie sei „so etwas wie eine polizeiliche Gegenüberstellung früherer Ichs“, schreibt Niven am Anfang, und natürlich steckt darin der erkenntnistheoretische Trick: Er behandelt Gary und sich wie Doppelgänger, die relativ kurz hintereinander am selben Ort in dieselben Verhältnisse hineingeboren werden. Und sich trotzdem in komplett verschiedene Richtungen bewegen, der eine zum Erfolg als Schriftsteller und Medienperson, der andere in die Kleinkriminalität und soziale Isolation.
Dass menschliches Schicksal nicht allein vom Milieu abhängt, dem man unverdient entstammt, ist das banalste Fazit dieser Geschichte. „O Brother“ erzählt vielmehr davon, dass man überhaupt erst zum echten Selbst werden kann, indem man sich in anderen spiegelt, in ihnen wiederfindet, von ihnen abgrenzt. Natürlich vor allem von denen, die einem am nächsten stehen, dieselben steinzeitlichen Erziehungsmethoden erleiden oder im Kinosessel knapp nebenan sitzen.
Niven, 58, hat mit bisherigen Werken wie „Kill Your Friends“, „Gott bewahre“ und „Die F*ck-it-Liste“ vor allem das Genre des faustdicken Lad-Romans bespielt, das literarische Pendant zu den Schnaps- und Pfefferpralinenmischungen, die von rückständigen Branding-Agenturen als „Männersache“ vermarktet werden. Es ist eine riesige Überraschung, dass ihm mit „O Brother“ nun ein so aufschlussreiches und liebespralles Buch geglückt ist, im schönsten Sinn, das sich dabei mindestens so souverän, unterhaltsam und stilistisch unrasiert liest wie die früheren Pulp-Fiction-Schnurren. So erleben wir, wie es im Familienkreis kracht und zittert, wie Schülerstreiche mit Luftpistolen schiefgehen und die üblichen Schuld-und-Sühne-Dramen nach und nach die Charaktere schälen und formen. Wir stehen in der ersten Erdbebenreihe beim Konzert der Punkband The Clash, sind dabei, wenn in den Achtzigern neue Jugendkultur- und Drogenwellen über Großbritannien (und kurz darauf über den Rest der Welt) schwappen und die sozialen Binnenverhältnisse umsortieren. Mal ist der eine Bruder obenauf, als oberster Partygaul und allseits beliebter Mann mit dem goldenen Pillendöschen, mal der andere, den es in die weite Welt und ins Showbusiness zieht. Wie die Geschichte ausgehen wird, hat der Erzähler Niven eh vorweggenommen. In zwischengeschnittenen Szenen sind er und die Schwester schon hektisch dabei, die Wohnung des im künstlichen Koma liegenden Gary zu durchsuchen. Um sicherzustellen, dass die Polizei dort nichts finden wird, das ihn vom Krankenbett ins Gefängnis bringen könnte.
„Ein gutes Leben ist definitiv die beste Rache“, schreibt Niven gegen Ende. Und obwohl er die zwei eventuell strittigen Fragen nicht klärt, was „gut“ bedeutet und wer genau sich an wem wofür rächen soll, versteht man sofort, wie er das meint. „O Brother“ sagt: Obwohl die Welt zwar mit größter Wahrscheinlichkeit vor die Hunde gehen wird, ist keine Unze an zwischenmenschlicher Wärme verloren, auch nicht die aussichtsloseste. Ein großartiges Plädoyer für Schwester- und Brüderlichkeit. Für solche scheinbar simplen Weisheiten kann eine kleine Geschichte übers Kaputtgehen bestens geeignet sein.
In dieser Familie
hängt der Lebensweg nicht
von der Herkunft ab
„Ein gutes Leben ist
definitiv die beste
Rache“, heißt es am Ende
John Niven: O Brother.
Aus dem Englischen von
Stephan Glietsch.
btb, München 2024.
400 Seiten, 24 Euro.
Das blinde Verständnis zwischen Geschwistern, zwischen Brüdern, auch darum geht es John Niven. Er wuchs im Glasgow der 1970er-Jahre auf.
Foto: Mirrorpix
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de