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Mehr oder weniger zufällig begeht Maiquel in einer Kneipe in Sao Paulo seinen ersten Mord. Er sieht sich schon im Kittchen, aber nichts passiert, er wird nicht verhaftet. Im Gegenteil, man feiert ihn als Held. Und von nun an kommen die Reichen der Stadt auf ihn zu und lassen es sich etwas kosten, dass er das Gesindel, das ihre Luxusexistenz bedroht, dezimiert. So beginnt Maiquels Karriere als Killer. Er handelt wie im Rausch - bis er eines Tages den Falschen umbringt...

Produktbeschreibung
Mehr oder weniger zufällig begeht Maiquel in einer Kneipe in Sao Paulo seinen ersten Mord. Er sieht sich schon im Kittchen, aber nichts passiert, er wird nicht verhaftet. Im Gegenteil, man feiert ihn als Held. Und von nun an kommen die Reichen der Stadt auf ihn zu und lassen es sich etwas kosten, dass er das Gesindel, das ihre Luxusexistenz bedroht, dezimiert. So beginnt Maiquels Karriere als Killer. Er handelt wie im Rausch - bis er eines Tages den Falschen umbringt...
Autorenporträt
Patricia Melo in São Paulo geboren, schreibt für Bühne, Film und Fernsehen. 1997 erhielt sie den Prix Deux Oceans. "O Matador", ihr zweiter Roman, für den sie zwei Jahre lang Serienmörder in brasilianischen Gefängnissen interviewte, wurde in fünf Sprachen übesetzt und in Brasilien verfilmt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.1997

Kein Fluch der bösen Tat
Atemlos: Patrícia Melo schlüpft in die Haut eines Menschenjägers

Den Nachnamen der Hauptfigur in diesem Roman kennen wir nicht; sein Vorname Máiquel verbirgt im Gewand brasilianischer Orthographie einen amerikanischen Allerweltsnamen. Eines der ersten Indizien, die auf den Charakter des Zweiundzwanzigjährigen hinweisen, ist sein Schnurrbart: Er hat ihn sich aus Bewunderung für Charles Bronson wachsen lassen. Nachdem ihm der Schnauzer abrasiert und die Haare blond gefärbt sind, damit er eine verlorene Wette einlösen kann, erfüllt sich für ihn der Traum vom harten Actionhelden, der nur seinen Revolver sprechen läßt - und schon sehen alle Frauen brünstig erschauernd zu ihm auf.

Gleich im ersten Kapitel erschießt Máiquel hinterrücks einen weitläufigen Bekannten, um einen absurden Ehrenpunkt zu verteidigen. Unter seinem frischblondierten Schopf haben offenbar nicht allzu viele Gedanken Platz. So bietet sich ihm das dunkel waltende Schicksal als ebenso entlastende wie ökonomische Deutungshypothese an: "Bevor man auf die Welt kommt, bestimmt irgend jemand, was weiß ich, wer, vielleicht Gott, bestimmt Gott, haarklein, wie du dir dein Leben versaust. Genau. Das war meine Theorie. Gott denkt nur dann an den Menschen, wenn er entscheiden muß, wie er ihn fertigmachen wird. Wenn er keine Zeit hat, zettelt er einen Krieg an, einen Orkan, und bringt einen ganzen Haufen um, ohne groß nachdenken zu müssen. An mich hatte er gedacht."

Der ersten bösen Tat folgt nicht etwa die Bestrafung, sondern die Belohnung auf dem Fuß. In der Vorstadt von São Paulo freuen sich alle darüber, daß es einen Dieb von Kassettenrecordern weniger gibt. Sogar die Militärpolizisten klopfen Máiquel anerkennend auf die Schulter; Érica, die minderjährige Geliebte des Opfers, wirft sich ihm an den Hals. Als der Zahnarzt Dr. Carvalho dem frischgebackenen Helden die reichlich kariösen Zähne plombiert, läßt er sich die Rechnung in der harten Währung der gedungenen Killer begleichen. Mit Herzklopfen führt Máiquel den Auftragsmord am Vergewaltiger der Tochter des Zahnarztes zur Zufriedenheit aller aus: "Ein Junge erzählte, daß er gerade an der Straße vorbeikam, als ich Ezequiel umbrachte. Ich hab alles gesehen, ich erzähl euch, wie es war. Den Leuten gefiel der Teil, als ich auf Ezequiels Kopf einhämmerte und in seine Augen stach. Die Mütter fanden es toll, und ich fand es normal, daß sie es toll fanden. Die Geschenke waren größer als bei dem Mord an Suel, ein Fernglas, fünf Kilo Reis, ein Rückenstück Fleisch, ein Kartenspiel, eine Sonnenbrille, T-Shirts, auch viel Unsinn."

Dank der Komplizenschaft der Umgebung und der finanziellen Unterstützung der Betuchten São Paulos, die durch Terror ihren Besitz gegen Diebe sichern, nimmt die Karriere des Profikillers ihren Lauf. Sie führt ihn zu Wohlstand und Ansehen, bis er nach über dreißig Morden - unter anderem an seiner Frau Cledir - "aus Versehen" statt eines Straßenkindes den Sohn eines Kinderarztes tötet. Danach wird der arrivierte Auftragsmörder, der seine Unsicherheit und Feigheit mit immer größerer Brutalität aufzuwiegen suchte, selber zum Gejagten.

Für ihren halbdokumentarischen Roman "O matador" hat die im Jahre 1962 in São Paulo geborene Journalistin und Schriftstellerin Patrícia Melo im Zuchthaus lange Interviews mit Auftragsmördern geführt. Sie zeigt, wie ein ängstlicher Mann aus ärmlichen Verhältnissen, der sich ursprünglich nach dem bürgerlichen Glück mit Frau und Kindern im eigenen Häuschen sehnte, seine durch Film und Fernsehen genährten Allmachtphantasien ausleben kann, weil die Umwelt aus Eigennutz über das offene Geheimnis des Verbrechers hinwegsieht. Das Tempo des Reißers ist rasch, die mit Kraftausdrücken gespickten Sätze sind kurz. Der Leser darf vor lauter Blut, Koks und Sex nicht zum Innehalten kommen. Den eigentlichen Sensationskitzel verschafft aber nicht so sehr die gewalttätige Handlung, sondern vielmehr die Erzählperspektive. Eine distanziert-analytische Beschreibung der sozialen Verhältnisse in den favelas von São Paulo hätte man der Autorin wohl nicht aus den Händen gerissen und gleich in fünf Sprachen übersetzt.

Die Wahl der ersten Person zwingt die Leser zur vorübergehenden Identifikation mit einem Mörder und Vergewaltiger. Die Form der Ich-Erzählung holt ihn in den Prozeß herein, in dem eine Sicherung nach der anderen durchbrennt. Der Kontrast zwischen der unerschrockenen jungen Autorin und einem Verbrecher mit zunehmend abartigen Neigungen entfaltet zusätzlich seinen morbiden Reiz. Daher kann nicht verwundern, daß im Klappentext des Romans die Verfilmung bereits angedroht wird. Die Objektivierung der subjektiven Schilderung auf der Kinoleinwand mag dann wiederum neuen Máiquels als Vorbild dienen. Man liest dieses Buch an einem Abend in einem Zug durch, klappt es erleichtert zu und schläft danach schlecht. MAX GROSSE

Patrícia Melo: "O matador". Roman. Aus dem Portugiesischen übersetzt von Barbara Mesquita. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1997. 259 S., geb., 32,- DM.

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"Ein Roman voller Blut und Gelächter, ein Thriller zum Verschlingen. Brillant!" ("Le Nouvel Observateur")