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Josie ist nur aus einem Grund in das alte, einsam gelegene Haus zurückgekehrt: um in ihrem eigenen Bett zu sterben. Als nachts ein maskierter und bewaffneter Mann in ihr Schlafzimmer eindringt, weiß sie sofort, wer es ist halb Irland hat von ihm gehört. Es ist der IRA-Terrorist McGreevy, der in dem vermeintlich leerstehenden Haus Zuflucht sucht. Er hat Bomben gelegt und gemordet, und Josies Abscheu kennt keine Grenzen. Doch in den fünf Tagen, die er unter ihrem Dach bleibt, entspinnt sich eine merkwürdig intensive Beziehung zwischen diesen beiden Menschen, die unterschiedlich denken, aber das gleiche fühlen. …mehr

Produktbeschreibung
Josie ist nur aus einem Grund in das alte, einsam gelegene Haus zurückgekehrt: um in ihrem eigenen Bett zu sterben. Als nachts ein maskierter und bewaffneter Mann in ihr Schlafzimmer eindringt, weiß sie sofort, wer es ist halb Irland hat von ihm gehört. Es ist der IRA-Terrorist McGreevy, der in dem vermeintlich leerstehenden Haus Zuflucht sucht. Er hat Bomben gelegt und gemordet, und Josies Abscheu kennt keine Grenzen. Doch in den fünf Tagen, die er unter ihrem Dach bleibt, entspinnt sich eine merkwürdig intensive Beziehung zwischen diesen beiden Menschen, die unterschiedlich denken, aber das gleiche fühlen.
Autorenporträt
O'Brien, Edna
Edna O'Brien wurde am 15. Dezember 1932 in der Grafschaft Clare im westlichen Irland geboren und zog später nach London, wo sie zu schreiben begann.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.1996

Rendezvous mit Terroristen
Edna O'Brien schreibt die Geschichte Irlands als Geschlechterkampf

Irland zu lieben heißt, an Irland zu leiden. "Welch ein wunderschönes tragisches Land", schwärmt ein Polizist auf Terroristenjagd und ahnt, daß sich das in einem "offenen Krieg" im Norden und in einem "halboffenen" im Süden befindliche Land "eines Tages noch selbst auslöschen" wird. Edna O'Briens Roman "Das einsame Haus" ist der Versuch, Licht in das irrationale Dunkel des irischen Bürgerkriegs zu bringen, ein Versuch freilich, der nur zum Teil gelungen ist. Denn die Geschichte vom Aufeinandertreffen der zum Sterben aus dem Pflegeheim in ihr einsam gelegenes Haus zurückgekehrten Josie O'Meara und des Terroristen McGreevy, der auf der Flucht vor der Polizei bei ihr Unterschlupf sucht, überzeugt nur dort, wo Edna O'Brien in langen Rückblenden die Gefühlswelt einer vom Leben enttäuschten Frau ausbreitet.

Hier ist die Autorin auf sicherem Terrain. Wie bisher in allen Werken, die dem Romandebüt von 1960 folgten, versteht sie es meisterlich, die Lebensgeschichte einer Frau, ihre unglückliche Ehe, ihre vergebliche Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit, ihr Aufbäumen und schließlich ihre Resignation zu beschreiben. Josie, die ihre Jugend in Brooklyn verbracht hat, kehrt nach Irland zurück und heiratet den Bauern James, der sich als Säufer und brutaler Vergewaltiger entpuppt. Seiner Frustration macht er in Schlägen Luft, die verletzte und spröde Frau rächt sich, indem sie seine Hobbys verachtet, seinen geliebten Bruder vom Hof jagt, kurzum ihm ihrerseits das Leben zur Hölle macht. Doch die Siegerin im Ehekrieg erleidet das gleiche Schicksal wie wenige Jahre zuvor ihr Mann: Auch sie wird, während der Festnahme McGreevys, versehentlich von einem Polizisten erschossen.

Edna O'Briens Mitgefühl für ihre Heldin ist unübersehbar. Wie nahezu alle Frauenfiguren im literarischen Kosmos der gegenwärtig bekanntesten und erfolgreichsten irischen Autorin ist auch Josie geprägt vom Leben in einer jähzornigen und selbstherrlichen, von Männern beherrschten, durch und durch patriarchalischen Welt, in der es kein Miteinander der Geschlechter zu geben scheint. Der Kampf zwischen Mann und Frau setzt sich fort im Krieg der Iren gegen Iren und der Iren gegen Engländer. Diese ebenso simple wie unübersehbare Parallelisierung macht aus der Lebensgeschichte Josies eine durchsichtige Parabel der irischen Volksseele, der Misere des nun bald ein Jahrhundert andauernden Bürgerkriegs. Denn so unversöhnlich-irrational Männer und Frauen einander bekämpfen, so alttestamentarisch in Tat und Rache verfangen ist auch das Handeln der Terroristen, Polizisten und Soldaten. "Niemand, der bei klarem Verstand ist, möchte mein Leben führen, aber ich bin bei klarem Verstand", sagt McGreevy fatalistisch und rechtfertigt seine Morde und Bombenlegereien mit dem höheren Auftrag, "mein verdammtes Land zu retten".

Edna O'Brien stellt ihre Figuren vor, ohne wirklich etwas zu erklären; über ein verzweifeltes So-sind-wir-Iren-nun-einmal kommt der Roman nicht hinaus - zumal er die Gewalt als eine Konstante der irischen Geschichte vorführt. Tagebuchsequenzen aus den Jahren des Kriegs gegen die Engländer zwischen 1916 und 1922 unterbrechen die Romanhandlung, eingestreute Legenden und Lieder belegen den Eingangssatz des Romans: "Geschichte ist überall. Sie sickert in den Boden, dringt in seine tiefsten Schichten." Wie Chiffren der irischen Tragödie durchziehen auch die Namen der zahlreichen verfeindeten Organisationen den Roman: Orangemen, Black and Tans, IRA - alles steht im Bann der Gewalt, eines gleichsam naturhaften Wesens, das sich aus sich selbst nährt und fortzeugt.

Eine Geschichte des irischen Terrorismus von innen hätte dieser Roman werden können; entstanden ist die intensive, aber nicht neue Auseinandersetzung mit einem irischen Frauenschicksal, die mit dem überdies mit allzuviel Action und retardierenden Spannungsmomenten überladenen Terroristen-Roman keine stimmige Verbindung einzugehen vermag. Bei aller Komplexität der weiblichen Hauptfigur bleibt die Zeichnung der Männer stereotyp. Wenn dies eine Zustandsbeschreibung der irischen Volksseele ist, dann muß man sie sich in etwa so vorstellen: Die Männer sind fanatisch, engstirnig, leicht reizbar und sentimental. Die Frauen sind Opfer und Bewunderer ihrer im Dienst einer höheren Wahrheit - das vereinigte Irland, der Protestantismus, der Katholizismus - kämpfenden Männer. Das Irland, dem alle nachjagen, ist, wie Josie am Ende ihres Lebens klar erkennt, "ein Traum, es existiert nicht mehr . . ." MATTHIAS BISCHOFF

Edna O'Brien: "Das einsame Haus". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Irmela Erckenbrecht. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1996. 320 S., geb., 44,- DM.

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