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Der Einzelgänger Odilon Redon (1840-1916) gilt wie seine Zeitgenossen Cezanne, van Gogh und Gauguin als Vertreter der Moderne. Er lebte und arbeitete im Paris des Fin de siecle. Die visionären Traumwelten, die den Werken Redons ihren fremdländischen Reiz verleihen, haben bis heute nichts von ihrem Reiz verloren. Das überaus facettenreiche Buch beleuchtet das Werk und die Biographie des Künstlers, der auch heute noch Rätsel aufgibt.

Produktbeschreibung
Der Einzelgänger Odilon Redon (1840-1916) gilt wie seine Zeitgenossen Cezanne, van Gogh und Gauguin als Vertreter der Moderne. Er lebte und arbeitete im Paris des Fin de siecle. Die visionären Traumwelten, die den Werken Redons ihren fremdländischen Reiz verleihen, haben bis heute nichts von ihrem Reiz verloren. Das überaus facettenreiche Buch beleuchtet das Werk und die Biographie des Künstlers, der auch heute noch Rätsel aufgibt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.1995

Das Auge ist ein Ballon
Oktavia Christ über die poetische Welt des Odilon Redon

Frühe Blicke in die "kleine Unendlichkeit" der durchs Mikroskop betrachteten Welt haben die Phantasie Odilon Redons nachhaltig beflügelt. Amöbenhafte Gestalten schwimmen in Pünktchen, körperlose Köpfe mit Fledermausohren bahnen sich ihren Weg durch spermazoides Gewimmel. Auch das Sehen selbst ist in zahlreichen Lithographien thematisiert: als zum Himmel schwebender Augen-Ballon, als zwischen dunklen Baumstämmen aufblitzendes Augenpaar oder emporstrebende "Augenblume". Diese bizarren Blätter, von den Zeitgenossen im Symbolisten-Umkreis hochgeschätzt, wurden bereits kurze Zeit später mit dem Bann des Illustrativen und Literarischen belegt. Erst seit wenigen Jahren setzt sich die Forschung mit dem schwierigen OEuvre Redons - das zur Zeit in einer umfangreichen Ausstellung im Amsterdamer Van-Gogh-Museum zu sehen ist - auseinander; Kunstmarkt und Kunstkritik, Redons Verhältnis zur Literatur sowie die Frage nach der Betrachteransprache wurden eingehend untersucht.

Dieses Fundament nutzend, konzentriert sich Oktavia Christ in ihrer Studie auf bildnerische Strategien Redons, die sie in den Kontext der zeitgenössischen Dichtung und Kunsttheorie stellt. Christ zieht Parallelen zwischen Redons Bildkunst und den Schriften Baudelaires, Poes und Mallarmés nicht nur auf der Ebene von motivischen Übereinstimmungen; sie zeigt vielmehr, daß Redon bestimmte, für die literarische Moderne als prägend geltende poetische Techniken für seine Arbeiten fruchtbar macht. Allein schon seine Biographie legt die Frage nach Entlehnungen aus der Dichtung und der Orientierung an Topoi der Kunsttheorie nahe, hat sich Redon doch lange nicht zwischen einer Laufbahn als Schriftsteller oder als Bildkünstler entscheiden können.

Christ rankt ihre Analyse um zentrale, immer wiederkehrende Motive, um in kreisender Annäherung Struktur und Wirkung der Darstellungen nachzuvollziehen: deren Geheimnis liegt in einer Balance zwischen Allusionen an Vertrautes und der Weigerung, eine Bedeutung festzuschreiben. Die Verschmelzung eines Augapfels mit einem gen Himmel schwebenden Heißluftballon auf einer Lithographie von 1882 weckt vielfältige Assoziationen. Sie erinnert an die enthusiastisch gefeierte Möglichkeit, die Welt gottgleich überschauend zu betrachten - doch ist auf der Erde, wie Redon sie zeigt, nichts zu sehen. Auch ist das Auge vom Irdischen ab- nach oben gewandt; gegen die Emphase für die Erforschung der empirischen Wirklichkeit wird die Imagination gesetzt. Das Blatt liest sich als Diskurs über das Sehen, dem bei Redon wie auch schon bei Baudelaire erkenntnistheoretische Bedeutung zukommt, da es die Beziehung zwischen den Dingen spontan erfassen kann und auch die Innenschau repräsentiert.

Die ikonographische Analyse dient Christ nicht dem Ziel einer eindeutigen Festlegung, sondern einer Beschreibung der Ambivalenzen in Redons Werk, die durch die Baudelaire und Mallarmé entlehnten Strategien entstehen: Vereinzelung von Motiven und Umkehrung ihrer ursprünglichen Funktionen. Das Kunstwerk wird zum inspirierenden Angebot, dessen Bedeutung oszilliert und sich allein in der Rezeption konstituiert.

Die Autorin bettet ihre Ausführungen in die - an manchen Stellen zu ausführlich geratene - Schilderung der Lebensumstände Redons, seiner Kontakte zur literarischen Welt und zur Kunstszene, sie beschreibt seine Verarbeitung von damals aktuellen Topoi künstlerischen Selbstverständnisses, der Melancholie und dem Dandyismus. Gerade die Verschränkung von konkreten Bildanalysen mit dem Kontext, in dem Redons Werke entstanden sind, machen Oktavia Christs Buch zu einem wunderbaren Begleiter auf der Fahrt nach Amsterdam. BEATE SÖNTGEN Oktavia Christ: "Odilon Redon". Visionen eines Künstlerpoeten.Reimer Verlag, Berlin 1994. 358 S., Abb., br., 88,- DM.

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