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Die Insolvenz der öffentlichen Hand ist inzwischen wieder eine reale Möglichkeit. Denn die finanziellen Mittel juristischer Personen des öffentlichen Rechts wie auch die des Staates selbst sind begrenzt. Kai von Lewinski beschreibt die rechtlichen Regeln, die im Falle einer Zahlungsunfähigkeit der öffentlichen Hand und im Staatsbankrott gelten. Er beginnt bei den Frühformen der finanziellen Krise innerhalb des Haushalts, um dann die selbstständigen unterstaatlichen öffentlichen Rechtsträger in den Blick zu nehmen und schließlich die Zahlungsunfähigkeit des Staates im staatsrechtlichen,…mehr

Produktbeschreibung
Die Insolvenz der öffentlichen Hand ist inzwischen wieder eine reale Möglichkeit. Denn die finanziellen Mittel juristischer Personen des öffentlichen Rechts wie auch die des Staates selbst sind begrenzt. Kai von Lewinski beschreibt die rechtlichen Regeln, die im Falle einer Zahlungsunfähigkeit der öffentlichen Hand und im Staatsbankrott gelten. Er beginnt bei den Frühformen der finanziellen Krise innerhalb des Haushalts, um dann die selbstständigen unterstaatlichen öffentlichen Rechtsträger in den Blick zu nehmen und schließlich die Zahlungsunfähigkeit des Staates im staatsrechtlichen, bundesstaatlichen, europäischen und internationalen Kontext zu betrachten. Es zeigt sich, dass der Staatsbankrott nicht das Ende des Rechts oder auch nur des Rechtstaats ist, sondern dass das Verwaltungsrecht, das Staatsrecht, das Europa- und das Völkerrecht Regelungen für die rechtliche Bewältigung der Insolvenz der öffentlichen Hand bereithalten.
Autorenporträt
Lewinski, Kai von
Geboren 1970; Studium der Rechtswissenschaft und später auch der Geschichte in Heidelberg, Berlin (FU) und Freiburg; 2000 Promotion; 2010 Habilitation; Wintersemester 2010/11 Lehrstuhlvertretung an der Universität Bonn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.06.2011

Zugriff auf die Vermögen
Müssen die Freien Berufe den Staat sanieren?

Jetzt wissen wir, was uns droht. Der Volkswirt Christian Hagist (Ulm) rechnet vor, was zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in Deutschland notwendig ist. So müssten die Einnahmen aus Steuern und Sozialabgaben dauerhaft um 16,3 Prozent erhöht werden. Alternativ möglich wären permanente Einsparungen bei staatlichen Leistungen um 13,8 Prozent.

Zunächst hören sich diese Zahlen, veröffentlicht in Wolfgang Kahls Sammelband über nachhaltige Finanzstrukturen, weniger dramatisch an als die Debatten über das bedeutendere Problem der expliziten und impliziten Staatsverschuldung. Doch sowohl Steuererhöhungen als auch Sparmaßnahmen müssen politisch durchgesetzt, ökonomisch durchdacht und vor allem juristisch felsenfest sein.

Diese rechtliche Seite beleuchtet Kai von Lewinski (Karlsruhe) in seiner beeindruckenden Habilitationsschrift. Er berührt dabei auch delikate Fragestellungen wie das Vermögen der Versorgungswerke der Freien Berufe. Diese seien zwar durch das Eigentumsrecht im Grundgesetz geschützt, "ein solcher Griff nach den Versorgungswerken kann für den finanziell strauchelnden Staat gleichwohl verführerisch sein. Denn selbst wenn er die Versicherungsansprüche zu ihrem vollen Wert zum Beispiel in die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme übernähme, würde er Zugriff auf das gesamte angesammelte Vermögen und damit jedenfalls kurzfristig einen Liquiditätsgewinn haben."

Es gibt noch weitere Ideen. Jochen Wieland, Finanzjurist aus Speyer, hält es für gerecht, Freiberufler der Gewerbesteuerpflicht zu unterwerfen. Zudem sollten alle Erben - bei großzügigen Freibeträgen in der Familie - mit einem "zumutbaren Satz" zur Erbschaftsteuer herangezogen werden. Lars P. Feld, Finanzwissenschaftler und Wirtschaftsweiser aus Freiburg, fordert für die Bundesländer eine "echte Steuer- und Ausgabenautonomie". So sollten sie Einkommensteuersätze autonom bestimmen können. Zudem müssten Finanzminister auf allen Ebenen eine institutionell starke Position erhalten - darin ist er sich mit von Lewinski einig.

Feld fordert darüber hinaus - wie viele Verfechter des Wettbewerbsföderalismus in den vergangenen Jahren - eine Insolvenzordnung von Staaten. Der Jurist von Lewinski legt freilich dar, dass das Recht schon heute Regelungen für die Bewältigung der Insolvenz der öffentlichen Hand bereithält. Das gelte sowohl für anhängende Verwaltungen - bei der Gesetzlichen Krankenversicherung ist die Insolvenzfähigkeit seit 2010 gegeben - als auch für den Staat an sich. Allerdings "gibt es kein normiertes Verfahren und nicht einmal anerkannte Indikatoren, eine staatliche Zahlungsunfähigkeit eindeutig festzustellen".

Das Bundesverfassungsgericht sah in seiner Entscheidung, dem Land Berlin keine weiteren Finanzhilfen zuzubilligen, finanzielle Krisen zudem nicht als plötzliches Ereignis, sondern als "langfristigen Prozess sowohl vor als auch nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Notlage". Allerdings bleibt hierbei offen, wo sich die Bundesrepublik Deutschland in diesem Prozess befindet. Noch hat niemand die Zahlungsunfähigkeit Deutschlands festgestellt. Doch wir haben "große Rücklagendefizite vor allem auf der Ebene der Sozialversicherungen", wie der Ökonom Hagist feststellt.

JOCHEN ZENTHÖFER.

Kai von Lewinski: Öffentlichrechtliche Insolvenz und Staatsbankrott.

Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2011, 611 Seiten, 124 Euro.

Wolfgang Kahl (Hrsg.): Nachhaltige Finanzstrukturen im Bundesstaat.

Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2011, 267 Seiten, 69 Euro

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