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Woll beschäftigt sich aus wirtschaftspädagogischer Sicht mit der Wissensgesellschaft und bildungstheoretischen wie -praktischen Zusammenhängen.

Produktbeschreibung
Woll beschäftigt sich aus wirtschaftspädagogischer Sicht mit der Wissensgesellschaft und bildungstheoretischen wie -praktischen Zusammenhängen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2007

Das Wissen um die Wirtschaft
Ein Buch voller verpasster didaktischer Chancen

"Das Thema Wirtschaft geht uns alle an - als Wähler, Arbeitnehmer, Konsumenten, Anleger." Nur wer die ökonomischen Grundlagen und Zusammenhänge kennt, könne fundiert urteilen und entsprechend (eigen-)verantwortlich handeln, meint Rüdiger von Rosen, Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts und Verfechter eines Schulfachs Ökonomie an allgemeinbildenden Schulen. Auch wenn die Kultusministerkonferenz hier bereits aktiv geworden ist - Windeseile ist bei der Verwirklichung dieser Idee wohl nicht zu erwarten.

Jetzt gibt es auch ein Buch von Helmut Woll zu diesem Thema, das ökonomisches Wissen im Widerstreit zwischen der Bildungstheorie und einem der Wirtschaft naturgemäß anhaftenden Pragmatismus darstellen soll. Es geht also um ein Werk, das der Wirtschaftspädagogik zuzuordnen ist, womit dem Leser sogleich der Begriff "Didaktik" in den Sinn kommt. Solcherart auf eine systematische wie spannende Auseinandersetzung mit dem Thema vorbereitet, legt der Leser die Messlatte hoch.

Die Enttäuschung folgt auf dem Fuße. Die zwischen Adam Smith, Walter Eucken und Eberhard Kirchgässer gezeichnete Entwicklungslinie von Ökonomie und Persönlichkeit nimmt man noch hin. Dann beginnt die Tortur. Der Autor, Leiter des Instituts für Soziale Gegenwartsfragen, genießt es, aus einem Buch ellenlange Zitate herauszuquetschen und daraus einen Textbrei anzurühren. Den hauchdünnen roten Faden im Kopf zu behalten wird zur Qual. Der zentrale Begriff "Bildung" beispielsweise wird anhand zweier Bände des Historischen Wörterbuches der Philosophie von Joachim Ritter abgehandelt. Dabei kann man sich zwar an Ausdrücken wie "Emporbildung der inneren Kräfte" oder "die proportionierlichste Bildung zu einem Ganzen" ergötzen, was jedoch Bildung wirklich sein soll, bleibt nebulös.

Hoffnung keimt auf, als Woll den Namen Walter Herzog fallenlässt. Dieser hat 2002 ein Werk von fast 700 Seiten mit dem Titel "Zeitgemäße Erziehung - Die Konstruktion pädagogischer Wirklichkeit" vorgelegt. Es stellt viele traditionelle Bildungsideen auf den Kopf, erfordert bei der Lektüre aber höchste Konzentration und Ausdauer. Woll verpasst auch diese didaktische Chance und überlässt den Leser hilflos den Herzogschen Ergüssen, etwa dahin gehend, dass "die modale Zeit sprunghaft ist und auf eine anisotrope, diskontinuierlich aufgebaute Welt verweist" oder dass der Alkoholiker (für Herzog ein Beispiel des gespaltenen Selbst) "die Inkarnation der empirisch-transzendentalen Doublette der cartesianischen Philosophie" ist.

Selbst beim platt gewalzten Thema "Wissen und Wissensmanagement", wo sich Woll rund um Michael Polanyis vielzitierten Satz "We know more than we can tell" bewegt, bleibt der Text vage. Der Schluss des Buches, in dem sich das Urteil "Thema verfehlt" nochmals aufdrängt, gleitet dann ins Banale ab. Bei der endlosen Aufzählung neuer Ausbildungsberufe rafft sich der ermattete Leser gerade noch auf, erstaunt zu fragen, was denn der Rolladen- und Sonnenschutzmechatroniker oder die Bühnenplastikerin mit ökonomischem Wissen à la Adam Smith am Hut hat.

Dass das Buch keine Zusammenfassung, geschweige denn ein Fazit enthält, passt ebenso zu seinem Konzept wie die schlampige Zeichensetzung, die zahlreichen sinnstörenden Schreibfehler und Abbildungen, die ohne fortlaufende Numerierung unkommentiert in den Text geknallt werden. Eine Frage wird man nicht los: Welcher Teufel hat Autor und Verlag bloß geritten, ein offensichtlich unausgegorenes Manuskript, aus dem mit einiger Mühe ein brauchbares Buch zu einem aktuellen Thema hätte werden können, ungebremst zum Druck zu geben?

HEINZ K. STAHL

Helmut Woll: Ökonomisches Wissen zwischen Bildungstheorie und Pragmatismus. Verlag Metropolis, Marburg 2006, 218 Seiten, 22 Euro.

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