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Produktdetails
  • Verlag: Kremayr & Scheriau
  • Seitenzahl: 192
  • Abmessung: 250mm
  • Gewicht: 684g
  • ISBN-13: 9783218006446
  • ISBN-10: 3218006449
  • Artikelnr.: 24788606
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.01.1999

Eine gesalzene Rechnung
Schon die Habsburger beuteten Salinen und Arbeiter aus

Notorische Salzkammergut-Touristen wie der ehemalige deutsche Bundeskanzler mögen es wissen: Der kulturelle Reichtum von Maria Theresias Wien war auf Salz gebaut. Erst die Einnahmen aus der lukrativen Salzproduktion in den Alpen erlaubten es der Herrscherin, an ihrem Hof ein opulentes Geistes- und Kulturleben zu inszenieren. Im geschichtsbewußten Österreich gilt daher nach Hannes Androsch, dem früheren Finanzminister und heutigen Vorzeigeunternehmer, immer noch der Satz: "Das Salz ist ein Teil der österreichischen Identität."

Was bei Androsch als Rechtfertigung für die Übernahme der privatisierten Österreichischen Salinen AG und als Begründung seiner hochfliegenden Pläne zur touristischen Erschließung des Salzkammerguts dient, bildet den Mittelpunkt des Buches von Alfred Komarek: die Spur des Minerals in der österreichischen Geschichte. Das Salz, so Komarek, sei zwar eine Handelsware, aber auch "ein Zauberwort, das österreichische Lebensräume für faszinierende, spannende, lustvolle Erfahrungen erschließt und sie gleichzeitig davor bewahrt, zum austauschbaren Freizeitresort zu verkommen".

Mit großer Formulierungslust und -gabe verfolgt der Autor die Spuren des Salzes in der alpenländischen Vergangenheit. So purzeln sie munter durcheinander, die Habsburger, die bereits im sechzehnten Jahrhundert die Salzgewinnung monopolisierten und eine ganze Region, das Salzkammergut, seiner frühindustriellen Produktion unterwarfen, die Beamten des Salzamtes in Gmunden, die lange Zeit die Herrschaft über das Kammergut mit absolutistischer Machtfülle ausübten, und die Arbeiter, die in den Bergwerken und Salinen zwischen dem Städtchen Hall in Tirol und dem steiermärkischen Altaussee dafür sorgten, daß die fürstlichen Schatullen sich füllten.

In diesem bunten Reigen dürfen auch Mozart und sein Dienstherr, der Salzburger Erzbischof Colloredo, nicht fehlen, der als aufgeklärter Herrscher das Salzwesen des Fürstbistums nach den neuesten wissenschaftlichen Methoden zu reformieren trachtete. Weiter treten auf: der legendäre "Mann im Salz", dessen Auffinden im achtzehnten Jahrhundert unter den Hallstättern noch große Debatten darüber erregte, ob er als Heide auf dem Friedhof des Ortes beigesetzt werden dürfe, der Leibarzt der kaiserlichen Familie Dr. Franz de Paula Wirer, dem Bad Ischl seinen Kurbetrieb verdankt, und die Admonter Mönche, die im Mittelalter mit dem aus den nahen Quellen gewonnenen Salz einen einträglichen Handel betrieben, bis die Habsburger diesem ein Ende bereiteten und die Quellen zuschütten ließen.

Zu pingelig darf der bald in den mäandernden Erzählfluß hineingezogene Leser nicht sein, wenn etwa bereits vor rund hunderttausend Jahren "die ersten Österreicher ihre hochgelegenen Wohnhöhlen bezogen" oder wenn zwar sprachgewaltig, doch nicht immer ganz korrekt die erdgeschichtliche Entwicklung des Salzes im "maritimen Österreich" geschildert wird. "Piefkig" könnte ebenfalls der Einwand wirken, daß man schon gute Orts- und Geschichtskenntnisse mitbringen muß, um Komarek auf seinen mitunter etwas assoziativen Streifzügen durch Geographie und Geschichte des Alpenraums zu folgen. Komarek aber geht es bei seiner mit schönen Bildern versehenen historischen Plauderei in erster Linie darum, einer vom Tourismus intensiv genutzten Landschaft einen Teil ihrer unverwechselbaren Geschichte wiederzugeben, der bis zur medienträchtigen Privatisierung des staatlichen Monopolbetriebs fast in Vergessenheit geraten war. JAKOB VOGEL

Alfred Komarek, "Österreich mit einer Prise Salz". Ein Mineral macht Geschichte. Kremayer & Scheriau Verlag, Wien 1998. 190 S., Farb- u. S/W-Abb., geb., 53,80 DM.

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