Johann Braun beschreibt das juristische Denken auf eine ungewohnte Weise, nämlich als ein Zusammenspiel zweier gegenläufiger Bewegungen. Danach stellt sich die Rechtsfindung mit Hilfe des Gesetzes als ein formal eingeschränkter Diskurs dar, bei dem im Vergleich zu einem nicht formalisierten praktischen Diskurs zahlreiche an sich mögliche Argumente und andere Umstände ausgeblendet werden. Das führt zur Reduktion rechtlicher Komplexität und erleichtert die Entscheidung anstehender Rechtsstreitigkeiten ungemein. Je weiter der rechtliche Horizont jedoch gespannt wird, je mehr Probleme in den Blick…mehr
Johann Braun beschreibt das juristische Denken auf eine ungewohnte Weise, nämlich als ein Zusammenspiel zweier gegenläufiger Bewegungen. Danach stellt sich die Rechtsfindung mit Hilfe des Gesetzes als ein formal eingeschränkter Diskurs dar, bei dem im Vergleich zu einem nicht formalisierten praktischen Diskurs zahlreiche an sich mögliche Argumente und andere Umstände ausgeblendet werden. Das führt zur Reduktion rechtlicher Komplexität und erleichtert die Entscheidung anstehender Rechtsstreitigkeiten ungemein. Je weiter der rechtliche Horizont jedoch gespannt wird, je mehr Probleme in den Blick gefasst werden, desto mehr verschaffen sich die ausgeklammerten Gesichtspunkte dennoch Geltung. Das dadurch bewirkte Zusammenspiel formaler und inhaltlicher Momente, von positivem Recht und vorpositiver Rechtsrichtigkeit, ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen juristischer Methodik und liefert den Schlüssel zum Verständnis dessen, wie Juristen wirklich denken und argumentieren.
Johann Braun studierte Rechtswissenschaft in Heidelberg und Mannheim und legte beide juristische Staatsexamen ab. 1979 promovierte er bei Hans-Martin Pawlowski über ein zivilprozessuales Thema und habilitierte sich 1982 für die Fächer Zivilprozeßrecht, Bürgerliches Recht, Rechtsphilosophie und Privatrechtsgeschichte der Neuzeit. Von 1983 bis 1988 war er ordentlicher Professor in Trier und von 1988 bis 2011 in Passau. Seit 2011 befindet er sich im Ruhestand. Er ist Verfasser zahlreicher Bücher und Aufsätze zu rechtsdogmatischen, rechtsphilosophischen und zeit-geschichtlichen Fragen.
Inhaltsangabe
A. Rationalisierung durch Argumentationsverbote: Die Struktur unbeschränkt offener Diskurse - Gesetze als »Scheuklappen« - Denken mit fremdem und eigenem Kopf - Nachjustieren der gesetzlichen Stellschrauben
B. Von der Regel zur Entscheidung: Die Rechtsnorm als Konditionalprogramm - Pekuniar- und Realvollstreckung - Reduktion der Voraussetzungen und der Folgen - Subsumtion des Falles unter die Norm
C. Von der Entscheidung zur Regel: Der Falltypus hinter dem konkreten Fall - Die abstrakte Regel hinter dem Falltypus - Das Prinzip hinter der Regel - Fallrecht bei der Gesetzesanwendung
D. Prinzipien Recht im »gasförmigen« Aggregatszustand - Prinzipien als Quelle des Fallrechts - Prinzipien als Quelle des Gesetzes - Erweiterung des Argumentationsspielraums - Generalklauseln und Grundwerte
E. Der Rechtsfall und sein Umfeld: Weitgespanntes Beziehungsgefüge - Konfliktlösung durch »tribalistische Gesamtbereinigung« - Streitentscheidung durch unbeteiligte Dritte - Konditional- und Finalprogramm - Prozessuale Bündelung massenhafter Einzelansprüche
F. Entscheidungsfindung durch Verfahrensgestaltung: Interaktion von Gericht und Parteien - Entscheidung eines Dritten oder Einigung - Streitverfahren mit »Ausstiegsoption « - Rechtsentscheidung im binären System - Materiellrechtliche und prozessuale Rationalität
G. Wahrheitsbezug rechtlicher Erkenntnis: Das Gesetz als solches - Das Recht hinter dem Gesetz - Rechtsfindung durch Gesetzesanwendung
H. Das Kaleidoskop der Gerechtigkeit: Gleiches gleich und Ungleiches verhältnismäßig verschieden behandeln - Archetypen rechtlicher Ordnung - Kulturaffines Rechtsdenken - Ideologie und Recht
I. Rechtseinheit und Rechtspluralismus: Pluralität nationaler Rechte - Pluralität des innernationalen Rechts - Europäisches Mehrebenenrecht - Transnationaler Rechtspluralismus
J. Recht und Gesetzgebung: Präsentation des geltenden Rechts - Instrumentalisierung des Gesetzgebungsverfahren - Rechtspolitischer Hintergrund - Das Gesetz als Insel im Meer des Rechts
Nachwort, Verzeichnis der zitierten oder in Bezug genommenen Literatur, Sach- und Personenregister
A. Rationalisierung durch Argumentationsverbote: Die Struktur unbeschränkt offener Diskurse - Gesetze als »Scheuklappen« - Denken mit fremdem und eigenem Kopf - Nachjustieren der gesetzlichen Stellschrauben
B. Von der Regel zur Entscheidung: Die Rechtsnorm als Konditionalprogramm - Pekuniar- und Realvollstreckung - Reduktion der Voraussetzungen und der Folgen - Subsumtion des Falles unter die Norm
C. Von der Entscheidung zur Regel: Der Falltypus hinter dem konkreten Fall - Die abstrakte Regel hinter dem Falltypus - Das Prinzip hinter der Regel - Fallrecht bei der Gesetzesanwendung
D. Prinzipien Recht im »gasförmigen« Aggregatszustand - Prinzipien als Quelle des Fallrechts - Prinzipien als Quelle des Gesetzes - Erweiterung des Argumentationsspielraums - Generalklauseln und Grundwerte
E. Der Rechtsfall und sein Umfeld: Weitgespanntes Beziehungsgefüge - Konfliktlösung durch »tribalistische Gesamtbereinigung« - Streitentscheidung durch unbeteiligte Dritte - Konditional- und Finalprogramm - Prozessuale Bündelung massenhafter Einzelansprüche
F. Entscheidungsfindung durch Verfahrensgestaltung: Interaktion von Gericht und Parteien - Entscheidung eines Dritten oder Einigung - Streitverfahren mit »Ausstiegsoption « - Rechtsentscheidung im binären System - Materiellrechtliche und prozessuale Rationalität
G. Wahrheitsbezug rechtlicher Erkenntnis: Das Gesetz als solches - Das Recht hinter dem Gesetz - Rechtsfindung durch Gesetzesanwendung
H. Das Kaleidoskop der Gerechtigkeit: Gleiches gleich und Ungleiches verhältnismäßig verschieden behandeln - Archetypen rechtlicher Ordnung - Kulturaffines Rechtsdenken - Ideologie und Recht
I. Rechtseinheit und Rechtspluralismus: Pluralität nationaler Rechte - Pluralität des innernationalen Rechts - Europäisches Mehrebenenrecht - Transnationaler Rechtspluralismus
J. Recht und Gesetzgebung: Präsentation des geltenden Rechts - Instrumentalisierung des Gesetzgebungsverfahren - Rechtspolitischer Hintergrund - Das Gesetz als Insel im Meer des Rechts
Nachwort, Verzeichnis der zitierten oder in Bezug genommenen Literatur, Sach- und Personenregister
Rezensionen
»Insgesamt gibt der Text einen fundierten Überblick über verschiedene Aspekte der Anwendung von Recht und von Rechtsetzung. Es handelt sich um eine lohnenswerte Lektüre für alle, die sich für die Bedeutung des Rechts und seiner Anwendung im Einzelfall interessieren und offen für ungewohnte Blickwinkel sind. Der Autor vermittelt komplexe Konzepte auf eine verständliche Art und Weise; er bietet eine kluge und ausführliche Analyse, die zum Nachdenken anregt und das Verständnis für das Recht vertieft.« Dr. Thomas Stadelmann, in: Justice - Justiz - Giustizia, 2/2023
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