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Die Eucharistie gilt als Mitte des christlichen Lebens. Dafür zeigen die alten Liturgien eine Form, die auch die "Waisen und Unmündigen" verstehen konnten: Aufrichtung der Herzen zu Gott, Dank für Jesus Christus, der in der Feier zu seiner Gemeinde kommt und zur Wiederholung seines letzten Mahls auffordert, weswegen die Gemeinde Brot und Wein nimmt und um den verwandelnden Segen bittet, auf dass alle Anteil gewinnen an Tod und Auferstehung Jesu. Die vorliegende Untersuchung verfolgt Verständnis und Praxis des Mittelalters und fragt, ob und wie hier eine organische Liturgieentwicklung vorliegt und in wieweit sich daraus Reformanstöße ergeben.…mehr

Produktbeschreibung
Die Eucharistie gilt als Mitte des christlichen Lebens. Dafür zeigen die alten Liturgien eine Form, die auch die "Waisen und Unmündigen" verstehen konnten: Aufrichtung der Herzen zu Gott, Dank für Jesus Christus, der in der Feier zu seiner Gemeinde kommt und zur Wiederholung seines letzten Mahls auffordert, weswegen die Gemeinde Brot und Wein nimmt und um den verwandelnden Segen bittet, auf dass alle Anteil gewinnen an Tod und Auferstehung Jesu. Die vorliegende Untersuchung verfolgt Verständnis und Praxis des Mittelalters und fragt, ob und wie hier eine organische Liturgieentwicklung vorliegt und in wieweit sich daraus Reformanstöße ergeben.
Autorenporträt
Arnold Angenendt, geb. 1934., Theologe und Kirchenhistoriker, em. Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Münster, Mitglied der Akademie der Wissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Laut Rudolf Neumaier bietet diese Gesamtdarstellung der mittelalterlichen Messe aus der Hand des Kirchenhistorikers Arnold Angenendt der Kirche allerhand Lernmaterial aus ihrer eigenen Geschichte, das belebender als jede Dogmatik wirken könnte. Angenendts Opus magnum gefällt dem Rezensenten durch Erkenntnisdrang bei der Recherche und Tiefe bei der Analyse. Dass der Autor in seinem Kultverständnis mit Dogmatikern und Traditionalisten kollidiert, scheint ihm folgerichtig, etwa da das Mittelalter hier mitunter recht düster erscheint. Wenn der Autor in dieser Dunkelheit dennoch Licht entdeckt und weltoffene Varianten des Messopfers ausmacht, verdankt sich das laut Rezensent unter anderem der Tatsache, dass Angenendt nicht nur als Wissenschaftler schreibt, sondern auch als aufgeschlossener Priester.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.05.2014

Wo bitte geht’s zum Jüngsten Gericht?
Der Kirchenhistoriker Arnold Angenendt zeigt, wie offen und innovativ der Katholizismus mal war – im Mittelalter
Als der Münsteraner Theologe Arnold Angenendt, der im August 80 Jahre alt wird, vor wenigen Monaten seine Studie „Offertorium“ über das mittelalterliche Messopfer vorlegte, war es im Handumdrehen vergriffen. Der Verlag und die Herausgeber der Reihe „Liturguiewissenschaftliche Quellen und Forschungen“ hatten sich offensichtlich gründlich verschätzt. Andere Gelehrte bezeichnen eine Arbeit wie diese als ihr Opus magnum, für Angenendt aber sind ein Höchstmaß an Erkenntnisdrang bei der Recherche, an Tiefgang bei der Analyse und ein stattlicher Umfang üblich. Es ist ein Opus magnum mehr für diesen großen Kirchenhistoriker.
  In Fachkreisen wurde das Buch schnell als bestechende Gesamtdarstellung der mittelalterlichen Messe gefeiert, denn es schließe eine große Lücke. Angenendt beackert heikles Terrain, denn Kollisionen mit Dogmatikern, Traditionalisten und ihrer verklärten Auffassung vom immer schon einzig wahren Kult sind programmiert. War es zu heikel für die Liturgiewissenschaft, die eine eigene Disziplin der katholischen Theologie bildet? Es musste dazu wohl erst ein Kirchenhistoriker wie Arnold Angenendt antreten. Nun ist das Werk in zweiter Auflage erschienen.
  In dieser detailreichen Studie erfüllt das Mittelalter seine düstersten Klischees. Aus Irland schwappten früh Bußpraktiken auf den Kontinent, die heute nur noch bizarr wirken: Wer aus Neid oder Eifersucht einen Menschen getötet hatte, konnte die Tat durch Freilassung von jeweils vier Sklaven und Sklavinnen gutmachen, für eine Kindstötung wurden zwölf Sklavinnen veranschlagt. Die Theologie verwendet den Begriff Tarifbuße. Wer es sich leisten konnte, beschäftigte einen Lohnfaster, der für einen betete und Buße tat. Wie ein roter Faden zieht sich bei Angenendt das Stiftertum durch die christliche Glaubensgeschichte des Mittelalters. Das Seelenheil war eine Investitionsfrage.
  Gleichzeitig ritualisierte sich die Religion, die Kulte wurden zu einer aus heutiger Sicht abstrusen Rechnerei. Wie besessen sammelte man Daten fürs Jüngste Gericht: Als es beim Heiligen Odilo, Abt des Klosters Cluny, aufs Sterben zuging, ermittelte er mit einem Abakus, wie viele Messen er in seinen 46 Priesterjahren gelesen hatte. In Cluny, wo im Alltag buchstäblich jeder Handgriff und in der Messe jede Fingerbewegung reguliert waren, wurden an manchen Tagen nicht weniger als 215 Psalmen gebetet. Die Liturgie ließ die Mönche kaum noch zum Arbeiten kommen. Man lebte vom bezahlten Totengedenken.
  Als ihr höchstes Fest begeht die katholische Kirche nicht etwa Ostern oder Weihnachten, sondern das Fronleichnamsfest. Es entstand im 13. Jahrhundert aus einem, wie Angenendt es nennt, „neuen Schau-Verlangen“ der Christen. Sie wollten sehen, wie die Hostie und damit – gemäß der kirchlichen Lehre – Christus selbst in einem „Triumphzug, ganz nach hoheitlicher Art“ von einem Baldachin geschützt, durch die Straßen getragen wurde. Damals, vor 800 Jahren, reagierte die Kirche mit Innovationen auf das, was sie heute als Zeitgeist verteufelt. Angenendt geht der Liturgiegeschichte nicht nur als Wissenschaftler auf den Grund, sondern auch als aufgeschlossener Priester. Als dieser trauert er früheren Formen des Hochgebets nach, die aber im Laufe der Jahrhunderte „an der so tief verwurzelten Sakramentsfrömmigkeit gescheitert“ seien. Er hat in der Geschichte, selbst im dunklen Mittelalter, vergleichsweise weltoffene Varianten des Messopfers gefunden. „Bei aller Legitimität liturgischer Fortentwicklung“, schreibt er, „brächte hier die Rückkehr eine spürbare Entlastung von vielerlei Querelen und einen bedeutsamen Gewinn für Theologie, Ökumene und Verkündigung.“
  Hörte die Kirche beim Definieren von Tradition, bei ihrer Dogmendrescherei auf Priester und Theologen wie Angenendt, würde sie feststellen: Ihre eigene Geschichte wäre als Jungbrunnen belebender als ihre Dogmatik.
RUDOLF NEUMAIER
Arnold Angenendt: Offertorium. Das mittelalterliche Meßopfer. Aschendorff-Verlag, Münster 2014. 562 Seiten, 74 Euro.
Ein Blick in ihre Geschichte
wäre für die Kirche belebender
als alle Dogmatik
Papst Benedikt mit Monstranz: Den Leib Christi sichtbar machen – eine Erfindung des Mittelalters.
Foto: dpa
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