Roddy Doyle's last novel, A Star Called Henry," was chosen by the "The New York Times Book Review as one of the eleven Best Books of the Year; "The Washington Post said it was "not only Doyle's best novel yet; it is a masterpiece, an extraordinarily entertaining epic." Now Doyle, author of six bestselling novels, twice nominated for the Booker Prize and once a winner, turns his protagonist Henry Smart's rich observation and linguistic acrobatics loose on America, in an energetic saga full of epic adventures, breathless escapes, and star-crossed love. "Publishers Weekly says "Doyle just gets better and better." Our Irish hero arrives in New York in 1924 to bury himself in the teeming city and start a new life; having escaped Dublin after the 1916 Rebellion, Henry Smart is on the run from the Republicans for whom he committed murder and mayhem. Lying to the immigration officer, avoiding Irish eyes that might recognise him, hiding the photograph of himself with his wife because it shows a gun across his lap, he throws his passport into the river and tries to forge a new identity. He charms his way into the noisy, tough Lower East Side, reads to Puerto Rican cigar makers, hauls bottles for a bootlegger and composes ads on sandwich boards, finally setting up his own business with the intention of making his fortune. But he makes enemies along the way among mobsters such as Johnny No and Fast Olaf. Henry hightails it out of Manhattan with a gun at his back and Fast Olaf's hustler of a half-sister on his arm. This was a time when America was ripe for the picking, however, and a pair of good, strong con artists could have the world at their fingertips. The Depression was sending folksto ride the rails in search of a new life and new hope, and all trains led to Chicago. As Henry's past tries to catch up with him, he takes off on a journey to the great port, where music is everywhere: wild, happy music played by a man with a trumpet called Louis Armstrong. Armstrong needs a white man, and the man he chooses is Henry Smart. The bestselling A Star Called Henry followed Henry Smart from his birth in 1902 until the age of twenty, by which time he had already had a lifetime's worth of adventures in his native Ireland. With these books, Doyle was trying in some ways to write a story like Charles Dickens' David Copperfield, starting at the beginning of his life and following him through many years of adventures. To write the new book, he had to research the vanished world of pre-war America. "I went to Chicago, on the south side, to see if any of the old jazz clubs were still around. I was very keen to see what Henry would have seen as he'd stood outside, under the awnings. But all the jazz clubs that were along State Street, they're all gone; every one of them's gone. There's one that's still standing - it was, originally, The Sunset Cafe, where Louis Armstrong played, but now it's a hardware store. The Vendome Cinema, where he used to play during the intermissions, is now a parking lot for the local college. That I found upsetting. But on the other hand it was very liberating because in its absence I can invent." Music, often American soul or blues, is always important in Roddy Doyle's work, often as escapism for the working-class Dubliners in the Barrytown books. Doyle grew up listening to American music and likes to write while listening to music. For Henryin America, Doyle says, "when he hears this music, he feels he's being baptized. He's new. He feels he's gotten away from Ireland. He's gotten away from the misery of it all and he's listening to this glorious celebration." "From the Hardcover edition.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2006Pferde stehlen mit Satchmo
Ein Ire in Amerika: Roddy Doyle erzählt von einer Selbstfindung
"She die? - No. - Where she now? - Don't know. - Care? - Yeah." Roddy Doyle stopft den Dämpfer in die Trompete, wenn er von der großen Liebe tönt, und selbst ein Raymond Carver klingt dagegen wie ein vollbesetztes Sinfonieorchester. Dieser hardboiled sound aus Irland ist härter und weicher, als die deutsche Sprache es je sein kann, und so rettet sich die (im übrigen bemerkenswerte) Übersetzerin Renate Orth-Guttmann schließlich in den O-Ton. "Ist sie gestorben? - Nein. - Wo ist sie jetzt? - Weiß nicht. - Tut's weh? - Yeah."
Eine "Jazztime" ist kein Musikantenstadl, und Doyle, einst Englischlehrer aus einer Dubliner Vorstadt, weiß, wie man die Wörter swingen läßt. Und den Titel singen: "Oh, Play That Thing" heißt sein jüngster Roman emphatisch nach einer Platte von King Oliver und Louis Armstrong aus dem Jahr 1923. In der deutschen Fassung modulierte man diesen Kornettstoß allerdings zum beziehungsreich-bilderarmen Begriff "Jazztime" um. Und benannte damit eine Crux des Buches: Es bleibt ein Quentchen konstruiert, ein Quentchen bilderarm, dieses erste Werk des Bookerpreisträgers von 1993, das weg von der Heimat und bis über den großen Teich führt.
Sein Held, Henry Smart, ist Ire, einer von denen, die sich vom hungrigen Gossenkind zum hungrigen Guerrillero gekämpft haben. Von seinen ersten zwanzig Lebensjahren erzählt "A Star Called Henry" ("Henry der Held"), die erste Folge von Doyles mehrbändigem Projekt "The Last Roundup". Dort muß der IRA-Mörder am Schluß vor seinen eigenen Auftraggebern fliehen. Er läßt Frau und Kind und alle Vaterlandsphantasien hinter sich und hat im März 1924 - zu Beginn des zweiten Henry-Romans "Jazztime" - die Freiheitsstatue vor sich. "Hier konnte man abtauchen, konnte, wenn man wollte, sterben und zu einem tollen, temporeichen Leben wiedergeboren werden. - Ich war angekommen." Und schon legt er los.
Er läuft als Sandwich-Board-Man mit Reklame durch den Asphaltdschungel, klaut die Bretter, macht sein eigenes wanderndes Marketinggeschäft auf und mischt außerdem in dieser Zeit der Prohibition im Alkoholgeschäft mit. Kurz, er ist ein kleiner, aber wortgewaltiger König der Straße, hat Frauen, Fusel, Erfolg. "Ich verkaufte Worte, nicht das Produkt. Die Story, den Zauber. Und den Sex-Appeal." Genau wie sein Erfinder Roddy Doyle, der literarische Streetworker, der Spezialist für harte Pflaster, sei's auf der Grünen Insel oder im Big Apple. Das Leben der Figuren spielt ganz unten, doch der Groove ihrer Geschichte kickt sie - und, zeitweilig, auch die Leser - ganz nach oben.
Daß Henry auf diese Weise Feinde bekommen würde und einen Haufen Ärger, war klar; daß ihn die IRA noch immer jagen würde, nicht. So oder so geht die Flucht weiter, in die Provinz, wo Henry den Bauern Löcher in die Zähne redet, um sie dann zu ziehen. Und weiter, in die Fleischpackerhölle Chicagos, wo er sich eine neue Geliebte erquasselt - eine Farbige - und eine neue Liebe ihn beinah zum Schweigen bringt: Louis Armstrong. "Endlich war ich kein Ire mehr. Als ich sie zum erstenmal hörte, noch ehe sie mir richtig ins Ohr gegangen war, stand das für mich fest ... Diese Musik war frei und ohne Worte, und der Mann mit der Trompete trieb sie voran und sah nicht zurück. Furios war sie, lustvoll und tödlich für jede andere Art von Musik. Funkelnagelneu. Wie ich ... Die Band hörte plötzlich auf zu spielen, und der Mann mit der Trompete schrie: ,Oh, play that thing!'"
Nach 180 Seiten, im zweiten von vier Teilen, trompetet der Roman den Knack- und Knickpunkt fortissimo heraus: Henry feiert seine Wiedergeburt aus dem Geiste der Musik Louis Armstrongs. Der Rest ist, na ja, Romantik. Keine Sonnenuntergangsromantik zwar, sondern Rauhbein-Romantik im Doyle-Schnodderton und wunderbar jazzig akkompagniert, aber nicht ohne Augenrollen und Wimperklimpern. Der weiße Flüchtling hilft dem schwarzen Opfer und umgekehrt; ein "Ofay" und ein "Nigger" stehen füreinander ein. Henry wird Armstrongs Anstandswauwau, und wenn die Kasse nicht stimmt, räumen sie gemeinsam Häuser aus. Bei einem dieser Einbrüche stößt Henry auf seine verschollen geglaubte irische Frau samt Tochter, zieht dann aber doch lieber mit Satchmo zurück nach New York. Dort geht einiges schief, Armstrongs - gut recherchierter - Aufstieg ist Henrys Niedergang; und immer noch jagen den irischen Killer die irischen Killer.
Ein paar Hollywood-Wendungen später - wir schreiben mittlerweile das Jahr 1946 - steht Henry in der Wüste, allein, mit einem Holzbein, wie einst sein Vater eins hatte - und wird vom Film entdeckt. "Wie ein irischer Rebell hier gelandet ist. Die wahre irische Geschichte . . . Diese Geschichte werden wir erzählen." Und der Flüchtling wie der Roman verfangen sich im amerikanischen Traum. Dabei wurde in "Jazztime" anfänglich zum unsentimentalen Gesang über New Yorks kalte Nächte aufgespielt und dann eine heißblütige Hommage an Satchmo und seine blutenden Lippen intoniert. Oh, play that thing!
ALEXANDRA KEDVES
Roddy Doyle: "Jazztime". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Renate Orth-Guttmann. Hanser Verlag, München 2006. 480 S., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Ire in Amerika: Roddy Doyle erzählt von einer Selbstfindung
"She die? - No. - Where she now? - Don't know. - Care? - Yeah." Roddy Doyle stopft den Dämpfer in die Trompete, wenn er von der großen Liebe tönt, und selbst ein Raymond Carver klingt dagegen wie ein vollbesetztes Sinfonieorchester. Dieser hardboiled sound aus Irland ist härter und weicher, als die deutsche Sprache es je sein kann, und so rettet sich die (im übrigen bemerkenswerte) Übersetzerin Renate Orth-Guttmann schließlich in den O-Ton. "Ist sie gestorben? - Nein. - Wo ist sie jetzt? - Weiß nicht. - Tut's weh? - Yeah."
Eine "Jazztime" ist kein Musikantenstadl, und Doyle, einst Englischlehrer aus einer Dubliner Vorstadt, weiß, wie man die Wörter swingen läßt. Und den Titel singen: "Oh, Play That Thing" heißt sein jüngster Roman emphatisch nach einer Platte von King Oliver und Louis Armstrong aus dem Jahr 1923. In der deutschen Fassung modulierte man diesen Kornettstoß allerdings zum beziehungsreich-bilderarmen Begriff "Jazztime" um. Und benannte damit eine Crux des Buches: Es bleibt ein Quentchen konstruiert, ein Quentchen bilderarm, dieses erste Werk des Bookerpreisträgers von 1993, das weg von der Heimat und bis über den großen Teich führt.
Sein Held, Henry Smart, ist Ire, einer von denen, die sich vom hungrigen Gossenkind zum hungrigen Guerrillero gekämpft haben. Von seinen ersten zwanzig Lebensjahren erzählt "A Star Called Henry" ("Henry der Held"), die erste Folge von Doyles mehrbändigem Projekt "The Last Roundup". Dort muß der IRA-Mörder am Schluß vor seinen eigenen Auftraggebern fliehen. Er läßt Frau und Kind und alle Vaterlandsphantasien hinter sich und hat im März 1924 - zu Beginn des zweiten Henry-Romans "Jazztime" - die Freiheitsstatue vor sich. "Hier konnte man abtauchen, konnte, wenn man wollte, sterben und zu einem tollen, temporeichen Leben wiedergeboren werden. - Ich war angekommen." Und schon legt er los.
Er läuft als Sandwich-Board-Man mit Reklame durch den Asphaltdschungel, klaut die Bretter, macht sein eigenes wanderndes Marketinggeschäft auf und mischt außerdem in dieser Zeit der Prohibition im Alkoholgeschäft mit. Kurz, er ist ein kleiner, aber wortgewaltiger König der Straße, hat Frauen, Fusel, Erfolg. "Ich verkaufte Worte, nicht das Produkt. Die Story, den Zauber. Und den Sex-Appeal." Genau wie sein Erfinder Roddy Doyle, der literarische Streetworker, der Spezialist für harte Pflaster, sei's auf der Grünen Insel oder im Big Apple. Das Leben der Figuren spielt ganz unten, doch der Groove ihrer Geschichte kickt sie - und, zeitweilig, auch die Leser - ganz nach oben.
Daß Henry auf diese Weise Feinde bekommen würde und einen Haufen Ärger, war klar; daß ihn die IRA noch immer jagen würde, nicht. So oder so geht die Flucht weiter, in die Provinz, wo Henry den Bauern Löcher in die Zähne redet, um sie dann zu ziehen. Und weiter, in die Fleischpackerhölle Chicagos, wo er sich eine neue Geliebte erquasselt - eine Farbige - und eine neue Liebe ihn beinah zum Schweigen bringt: Louis Armstrong. "Endlich war ich kein Ire mehr. Als ich sie zum erstenmal hörte, noch ehe sie mir richtig ins Ohr gegangen war, stand das für mich fest ... Diese Musik war frei und ohne Worte, und der Mann mit der Trompete trieb sie voran und sah nicht zurück. Furios war sie, lustvoll und tödlich für jede andere Art von Musik. Funkelnagelneu. Wie ich ... Die Band hörte plötzlich auf zu spielen, und der Mann mit der Trompete schrie: ,Oh, play that thing!'"
Nach 180 Seiten, im zweiten von vier Teilen, trompetet der Roman den Knack- und Knickpunkt fortissimo heraus: Henry feiert seine Wiedergeburt aus dem Geiste der Musik Louis Armstrongs. Der Rest ist, na ja, Romantik. Keine Sonnenuntergangsromantik zwar, sondern Rauhbein-Romantik im Doyle-Schnodderton und wunderbar jazzig akkompagniert, aber nicht ohne Augenrollen und Wimperklimpern. Der weiße Flüchtling hilft dem schwarzen Opfer und umgekehrt; ein "Ofay" und ein "Nigger" stehen füreinander ein. Henry wird Armstrongs Anstandswauwau, und wenn die Kasse nicht stimmt, räumen sie gemeinsam Häuser aus. Bei einem dieser Einbrüche stößt Henry auf seine verschollen geglaubte irische Frau samt Tochter, zieht dann aber doch lieber mit Satchmo zurück nach New York. Dort geht einiges schief, Armstrongs - gut recherchierter - Aufstieg ist Henrys Niedergang; und immer noch jagen den irischen Killer die irischen Killer.
Ein paar Hollywood-Wendungen später - wir schreiben mittlerweile das Jahr 1946 - steht Henry in der Wüste, allein, mit einem Holzbein, wie einst sein Vater eins hatte - und wird vom Film entdeckt. "Wie ein irischer Rebell hier gelandet ist. Die wahre irische Geschichte . . . Diese Geschichte werden wir erzählen." Und der Flüchtling wie der Roman verfangen sich im amerikanischen Traum. Dabei wurde in "Jazztime" anfänglich zum unsentimentalen Gesang über New Yorks kalte Nächte aufgespielt und dann eine heißblütige Hommage an Satchmo und seine blutenden Lippen intoniert. Oh, play that thing!
ALEXANDRA KEDVES
Roddy Doyle: "Jazztime". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Renate Orth-Guttmann. Hanser Verlag, München 2006. 480 S., geb., 24,90 [Euro].
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