Nicht wirklich überzeugt zeigt sich Mark Siemons von Ian Burumas und Avishai Margalits Buch "Okzidentalismus", das den Westen "in den Augen seiner Feinde" zeigen will und dazu die antikolonialistischen Stereotype vom "Westen" versammelt. Einleuchtend scheint Siemons zwar die Hauptthese des Buches, der derzeitige Kampf des Islamismus gegen den Westen habe eine Geschichte und einen Zusammenhang, deren Ursprünge im Westen selbst liegen. Bedauerlich findet er aber, dass die Autoren diesen Zusammenhang weder analysieren noch historisch herleiten, sondern sich damit begnügen, die einschlägigen, vom Hass auf den Westen beseelten Vorurteile, schlicht aneinander zu reihen. Die antiwestlichen
Vourteile japanischer Kamikazepiloten im Zweiten Weltkrieg, russischer Slawophiler aus dem neunzehnten Jahrhundert, deutscher Nazis und arabischer Islamisten gingen so nahtlos ineinander über, ohne dass klar würde, wie das eine mit dem anderen zusammenhänge. Siemons bemängelt zudem, dass die Autoren in der von ihnen kritisierten Dichotomie Westen-Nichtwesten gefangen bleiben. Dass eine der größten Stärken des Westens in seiner Fähigkeit zur Selbstkritik liege, in seinem Vermögen, sich von außen zu sehen, bleibe außer Betracht. "Anstatt die Vereinbarkeit der universalistischen Werte des Westens mit nichtwestlichen Kulturen hervorzuheben", moniert Siemons, "wird im Horizont des Islamismus alles verdächtig gemacht, was jemals an der westlichen Kultur kritisiert wurde". Erst das letzte Kapitel, das die Widersprüchlichkeit des Westens selbst andeute, verdeutliche, dass die meisten totalitären Muster, die gegen ihn in Stellung gebracht werden, aus seinem eigenen Reservoir stammen.
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