Eine wunderbare Weihnachtsgeschichte für Groß und Klein
Als der Elch Olaf noch sein übergroßes Geweih hatte, machte ihn das zum Gespött im Wald. Nun bricht auch noch eine Schaufel ab, und er ist nicht mal mehr als Weihnachtselch zu gebrauchen. Bis er den einäugigen Weihnachtsmann trifft.
Als der Elch Olaf noch sein übergroßes Geweih hatte, machte ihn das zum Gespött im Wald. Nun bricht auch noch eine Schaufel ab, und er ist nicht mal mehr als Weihnachtselch zu gebrauchen. Bis er den einäugigen Weihnachtsmann trifft.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.1999Der Sanfte mit den großen Schaufeln
Olaf, der Elch, hilft sich selbst aus der Patsche und dann dem Weihnachtsmann beim Einpacken
Wer aneckt, hat im Leben nichts zu lachen. Geliebt wird er trotzdem. Zumindest von Künstlern. Sie sind selbst Anecker. Und so sind sie beständig auf der Suche nach ihren Wahlverwandten: nach den Dicken, die durch keine Tür passen, und den Dünnen, die man leicht übersieht und deshalb ständig anrempelt; nach den wilden Kerlen, die auf Bäumen hausen und jenen mit den Ohren, so lang, dass sie naturgemäß schon in der Gemüsesuppe hängen. Volker Kriegel, der hintersinnige Zeichner und raffinierte Jazzgitarrist, oder umgekehrt, hat einen Anecker in den nordischen Wäldern aufgespürt: Olaf, den Elch, der als Baby schon so große Schaufeln hatte, daß er die anderen Elchkinder auf der Entbindungstation zum Heulen brachte; Anecker sind eben Anecker von kleinauf.
Elche haben es schwer und Olaf mit seinem mächtigen Kopfschmuck besonders. Die Bäume im Wald stehen so dicht, dass er nur schräg hindurchlaufen kann. Bei einer schnellen Körperdrehung verpasst er leicht einem Nahestehenden eine kräftige Watschen. Und überhaupt kann einen wie ihn im Grunde nur das Einzelgängerschicksal ereilen. Als er bei einer Hänselei durch zwei angetrunkene Bären wutschnaubend gegen einen Baum prallt und eine seiner Schaufeln abbricht, scheint sich eine Tragödie anzubahnen. Denn jeder glaubwürdige Elch, so Kriegel, müsse rechts und links am Kopf eine Schaufel tragen: "Das ist Voraussetzung. Sonst braucht man gar nicht erst anzutreten."
Aber siehe da: Wie bei unverständlichen mathematischen Gesetzen, bei denen auch minus mal minus plus ergibt (oder?), geht aus den beiden Handikaps - viel zu großes Geweih und dann auch noch verkrüppelt - neue Lebensqualität hervor. Erst dadurch lernt er den einäugigen Weihnachtsmann kennen und eine unzertrennliche Partnerschaft, ja Freundschaft entsteht, die nicht beim Mau Mau endet oder beim Federballspielen, wobei Olaf - wiederum naturgemäß - sehr gute Karten hat.
So, mehr wird nicht verraten. Volker Kriegel hat eine wunderbare Weihnachtsgeschichte erfunden, so richtig aus dem Alltag der Elche gegriffen, die ja bekanntlich - wenn wir Plinius richtig verstanden haben - keine Muffel sind, sondern einen haben. Damit ist ihre große Nase gemeint, die in eine hängende Oberlippe übergeht, wodurch sie gezwungen sind, rückwärts zu weiden. Ansonsten aber, weil sie so stark und überlegen sind, haben sie die Ruhe weg. Da sie auf keiner schwedischen Landstraße durch noch so strahlende Volvos oder Saabs fortzubewegen sind, hat man sie lange Zeit mit dummen Ochsen verwechselt. Ein Irrtum, wie Kriegels Buch mit seinen lakonischen Zeichnungen und ebensolchen Texten beweist. Zu empfehlen für jeden, dem die modernen Elchtests schon immer viel zu simpel vorkamen.
WOLFGANG SANDNER
Volker Kriegel: "Olaf, der Elch". Haffmanns Verlag, Zürich 1999. 46 S., geb., 28,- DM. Für jedes Alter.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Olaf, der Elch, hilft sich selbst aus der Patsche und dann dem Weihnachtsmann beim Einpacken
Wer aneckt, hat im Leben nichts zu lachen. Geliebt wird er trotzdem. Zumindest von Künstlern. Sie sind selbst Anecker. Und so sind sie beständig auf der Suche nach ihren Wahlverwandten: nach den Dicken, die durch keine Tür passen, und den Dünnen, die man leicht übersieht und deshalb ständig anrempelt; nach den wilden Kerlen, die auf Bäumen hausen und jenen mit den Ohren, so lang, dass sie naturgemäß schon in der Gemüsesuppe hängen. Volker Kriegel, der hintersinnige Zeichner und raffinierte Jazzgitarrist, oder umgekehrt, hat einen Anecker in den nordischen Wäldern aufgespürt: Olaf, den Elch, der als Baby schon so große Schaufeln hatte, daß er die anderen Elchkinder auf der Entbindungstation zum Heulen brachte; Anecker sind eben Anecker von kleinauf.
Elche haben es schwer und Olaf mit seinem mächtigen Kopfschmuck besonders. Die Bäume im Wald stehen so dicht, dass er nur schräg hindurchlaufen kann. Bei einer schnellen Körperdrehung verpasst er leicht einem Nahestehenden eine kräftige Watschen. Und überhaupt kann einen wie ihn im Grunde nur das Einzelgängerschicksal ereilen. Als er bei einer Hänselei durch zwei angetrunkene Bären wutschnaubend gegen einen Baum prallt und eine seiner Schaufeln abbricht, scheint sich eine Tragödie anzubahnen. Denn jeder glaubwürdige Elch, so Kriegel, müsse rechts und links am Kopf eine Schaufel tragen: "Das ist Voraussetzung. Sonst braucht man gar nicht erst anzutreten."
Aber siehe da: Wie bei unverständlichen mathematischen Gesetzen, bei denen auch minus mal minus plus ergibt (oder?), geht aus den beiden Handikaps - viel zu großes Geweih und dann auch noch verkrüppelt - neue Lebensqualität hervor. Erst dadurch lernt er den einäugigen Weihnachtsmann kennen und eine unzertrennliche Partnerschaft, ja Freundschaft entsteht, die nicht beim Mau Mau endet oder beim Federballspielen, wobei Olaf - wiederum naturgemäß - sehr gute Karten hat.
So, mehr wird nicht verraten. Volker Kriegel hat eine wunderbare Weihnachtsgeschichte erfunden, so richtig aus dem Alltag der Elche gegriffen, die ja bekanntlich - wenn wir Plinius richtig verstanden haben - keine Muffel sind, sondern einen haben. Damit ist ihre große Nase gemeint, die in eine hängende Oberlippe übergeht, wodurch sie gezwungen sind, rückwärts zu weiden. Ansonsten aber, weil sie so stark und überlegen sind, haben sie die Ruhe weg. Da sie auf keiner schwedischen Landstraße durch noch so strahlende Volvos oder Saabs fortzubewegen sind, hat man sie lange Zeit mit dummen Ochsen verwechselt. Ein Irrtum, wie Kriegels Buch mit seinen lakonischen Zeichnungen und ebensolchen Texten beweist. Zu empfehlen für jeden, dem die modernen Elchtests schon immer viel zu simpel vorkamen.
WOLFGANG SANDNER
Volker Kriegel: "Olaf, der Elch". Haffmanns Verlag, Zürich 1999. 46 S., geb., 28,- DM. Für jedes Alter.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Zum Niederknien schön illustriert.« Die Welt