*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
Der mit etwas Verspätung erschienene zweite Band der Oliver Jordan Monografie widmet sich dem Hauptkomplex, den Musikerportraits. Die Werke des in Köln und der Bretagne arbeitenden Künstlers sind absolut unverwechselbar,
mit dickem, pastosem Farbauftrag, der wie mit einem Messer durchschnitten scheint, dabei die…mehr*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
Der mit etwas Verspätung erschienene zweite Band der Oliver Jordan Monografie widmet sich dem Hauptkomplex, den Musikerportraits. Die Werke des in Köln und der Bretagne arbeitenden Künstlers sind absolut unverwechselbar, mit dickem, pastosem Farbauftrag, der wie mit einem Messer durchschnitten scheint, dabei die unterliegenden Farbschichten freilegt und schlierenartig vermischt. Die Gesichter werden dadurch keineswegs verunstaltet, sondern gewinnen durch die teilweise Auflösung von Konturen im eigentlichen Sinn „Vielschichtigkeit“. So, wie man durch eine beschlagene Fensterscheibe immer noch die Person dahinter erkennt, aber sie neu zu interpretieren lernt. Der erste Band erschien unter erschwerten Bedingungen in der ersten Corona-Welle, der zweite jetzt während des russischen Angriffskrieges in Europa – man darf sich für den geplanten dritten Band endlich wieder friedlichere Zeiten wünschen, auch wenn dafür leider nicht viel Hoffnung besteht. Der Herausgeber Ralf-Peter Seippel ist gleichzeitig Jordans bevorzugter Galerist und selber Sammler, hat also einen langjährigen Bezug zum Künstler, dem er im Interview biografische und kunsttheoretische Details entlockt. Zum Vorschein kommt ein freier Geist, der sich aber mit der kunstgeschichtlichen Vergangenheit direkter und persönlicher befasst, als das in der zeitgenössischen Kunst gegenwärtig die Regel ist. Und das nicht nur aus der handwerklichen Perspektive. Seine Motive sind das Who is Who der Musikwelt aller Zeiten und Genres: Jimi Hendrix, Neil Young, Bob Dylan, Mozart, Leonard Bernstein, Miles Davis, Iggy Pop u.v.m.. Oft sind es ikonische Gemälde, Selbstbildnisse, Fotos, die Oliver Jordan verfremdet, aber auf eine unmittelbar wiedererkennbare Art. Auf den Detailaufnahmen im Buch sieht man deutlich, wie die Farben ineinandergreifen und mit welcher Geschicklichkeit die Schichten aufgebaut sind. Mit dem mechanischen Wegkratzen und Modellieren mit dem Spachtel darf das Gemälde nicht unlesbar werden. Seit Mitte der Achtziger perfektioniert Jordan diesen Stil, nicht nur bei Portraits, sondern auch in der (Industrie)landschaftsmalerei. Egal, was er sich zum Thema nimmt, seine Handschrift bleibt stets unverwechselbar. Die Texte zeigen, was Oliver Jordan antreibt, sowohl mit seinen eigenen Worten als auch aus dem Mund von Wegbegleiter, Freunden und Familie. Symbolisch bringt das Aufreißen der Farboberfläche den Menschen hinter der Fassade zum Vorschein, und gerade deshalb nutzt Jordan auch allgemein bekannte „Ikonen“, um uns zum Nachdenken anzuregen, ob das, was wir sehen, dem dargestellten Menschen gerecht wird. In Zeiten des multimedialen Starkults ist die Frage genauso berechtigt wie bei Personen der historischen Vergangenheit.