Die Geschichte: Wir schreiben das Jahr 2035. Ollo, 12jähriger gestresster Teenager, hat es wirklich nicht leicht. Seine ältere Schwester Ariane1 ist auf Dauerdiät, die jüngere träumt von einer Karriere als Schriftstellerin. Mama schuftet bei der Firma R+R (Raumgleiter und Raketen) für den Lebensunterhalt, Papa ist (erfolgloser) Erfinder. Diese Passion hat Ollo geerbt - als EMGAP (Erfinder modernster Gerätschaften aus Papier) erfindet er für jede Lebenslage das passende Papiergerät. Sein wild bewegtes Familienleben dokumentiert Ollo in seinem Tagebuch, ebenso wie seine Fort- und Rückschritte auf dem Gebiet der Liebe. Doch BämPing, das beliebteste Mädchen in seiner Klasse, erwidert seine Gefühle bisher nicht. Aber das kann sich ja ändern
Die Pop-Ups: Das Buch hat einen eigenen, vierfarbigen Bastelteil zum Herausschneiden. Einige dieser Seiten kann man als Pop-Ups wieder in das Buch hineinkleben, andere ergeben tolle Gimmicks, wie das Lesezeichen.
Die Pop-Ups: Das Buch hat einen eigenen, vierfarbigen Bastelteil zum Herausschneiden. Einige dieser Seiten kann man als Pop-Ups wieder in das Buch hineinkleben, andere ergeben tolle Gimmicks, wie das Lesezeichen.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nicht sehr begeistert klingen die Leseeindrücke von Rezensentin Martina Wehlte. Zu angestrengt kreativ findet sie das ganze Projekt, und "mit dem eisernen Willen zum Kultbuch" geschaffen. Die Autorinnen dieses intermedialen Kinderbuches hätten sich für ein- bis anderthalbseitige Häppchenkost in Form von wöchentlichen Tagebucheinträgen des zwölfjährigen Ollo entschieden. Diese Notate aus dem Jahr 2035 wechseln den Informationen der Rezensentin zufolge zwischen innerem Monolog, voraus- und rückblickender Beschreibung und Kommentar. Dazwischen fand sie Nonsensfragen, Bastelanleitungen der Internetverweise gestreut. Doch die gewollt flapsige Sprache und die überkarrikierten Figuren fand sie insgesamt zu dick aufgetragen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.11.2003Schlankschleim-Becher
Angestrengt kreativ, aber trotzdem kein Kultbuch: "Ollos Welt"
Ein Tagebuch muß nicht nur für die stille Zwiesprache mit sich selbst bestimmt sein. Es kann durchaus auch nach fremden Lesern schielen, und die dürfen im Spektrum von alltäglichen Beobachtungen bis zu außergewöhnlichen Begegnungen, von jugendlichen Herzensergüssen bis zu tiefgehenden Reflexionen viel erwarten - nur eines meist dann doch nicht: spannende Unterhaltung. Warum Franziska Biermann und Antje von Stemm trotzdem gerade die literarische Form des Tagebuches für Ollos Welt gewählt haben, wird schnell klar. Sie wollten ein intermediales Kinderbuch für Zehn- bis Vierzehnjährige machen, die seit ihrer ersten Winnie-Puh-CD interaktiv geübt und nicht selten mit den Gesetzen des Internets vertrauter sind als mit denen eines zusammenhängenden Erlebnisberichts. Diese Zielgruppe läßt sich nicht stundenlang von einem Abenteuerroman fesseln, sondern zappt von einer Beschäftigung zur nächsten. Was wäre für sie wohl die ideale Unterhaltungsmixtur?
Die schon mehrfach ausgezeichneten Autorinnen, die seit 2000 betont witzig als "Brillante Töchter" firmieren und in den Bereichen Grafik, Webdesign und Textgestaltung zusammenarbeiten, entschieden sich für ein- bis anderthalbseitige literarische Häppchenkost in Form von wöchentlichen Einträgen des zwölfjährigen Ollo in sein "öffentliches Tagebuch", kombiniert mit halbseitigen schwarz-weiß-hellblauen Illustrationen.
Von einem Handlungsgerüst zu sprechen wäre übertrieben. Ob von einer Tierrettungsdemonstration die Rede ist, vom Besuch der hundertdreißigjährigen fitneßsüchtigen "Omma" oder einer intergalaktischen Ferienreise - weder die Hauptfigur noch der Leser erlebt oder durchleidet dergleichen direkt. Denn Ollos Notate aus dem Jahre 2035 wechseln zwischen innerem Monolog, voraus- oder rückblickender Beschreibung und Kommentar. Dazwischen gestreut sind Nonsens-Fragen mit Punktewertung für die möglichen Antworten, etwa "Sollte die Polizei künftig Schildkröten als Spürhunde einsetzen?", und der vielfache Hinweis "M-Gap im Netz!" auf www.olloswelt.de. Dort kann man sehen, wie eine von Ollos Ariane-Schwestern Kniebeugen macht, erfährt Näheres über seinen Intimfeind Eddi von Ekel und kann sich die Bastelanleitung für eine blumige Einladungskarte, "das Meisterstück romantischer Papierkunst", herunterladen. Mit ihr hat Ollo seine angebetete Bäm-Ping erfolgreich zum Essen eingeladen. Weitere seiner "modernsten Gerätschaften aus Papier" - stickerartige ,Kleboblaten' (Figuren, Herzchen, Spiegeleier) oder ein Schlankschleim-Becher - sind im Anhang des Buches auszuschnippeln, zu falzen, zu kleben und auf den jeweils gekennzeichneten Buchseiten anzubringen. So kann aus dem öffentlichen Tagebuch ein "Super-Plop-GAP"-Buch werden.
Das ganze Projekt wirkt angestrengt kreativ und ist mit einem eisernen Willen zum Kultbuch geschaffen worden. Sowohl der gewollt flapsige, selbstgefällige Schreibstil zeugt davon als auch die überkarikierten Figuren, die grafisch dem Personal aktueller Zeichentrickfilme wie Angela Anaconda oder den verschiedenen japanischen Manga-Typen entsprechen. Originell ist das nicht, nur sehr dick aufgetragen.
MARTINA WEHLTE
Franziska Biermann, Antje von Stemm: "Ollos Welt". Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2003. 172 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 10 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Angestrengt kreativ, aber trotzdem kein Kultbuch: "Ollos Welt"
Ein Tagebuch muß nicht nur für die stille Zwiesprache mit sich selbst bestimmt sein. Es kann durchaus auch nach fremden Lesern schielen, und die dürfen im Spektrum von alltäglichen Beobachtungen bis zu außergewöhnlichen Begegnungen, von jugendlichen Herzensergüssen bis zu tiefgehenden Reflexionen viel erwarten - nur eines meist dann doch nicht: spannende Unterhaltung. Warum Franziska Biermann und Antje von Stemm trotzdem gerade die literarische Form des Tagebuches für Ollos Welt gewählt haben, wird schnell klar. Sie wollten ein intermediales Kinderbuch für Zehn- bis Vierzehnjährige machen, die seit ihrer ersten Winnie-Puh-CD interaktiv geübt und nicht selten mit den Gesetzen des Internets vertrauter sind als mit denen eines zusammenhängenden Erlebnisberichts. Diese Zielgruppe läßt sich nicht stundenlang von einem Abenteuerroman fesseln, sondern zappt von einer Beschäftigung zur nächsten. Was wäre für sie wohl die ideale Unterhaltungsmixtur?
Die schon mehrfach ausgezeichneten Autorinnen, die seit 2000 betont witzig als "Brillante Töchter" firmieren und in den Bereichen Grafik, Webdesign und Textgestaltung zusammenarbeiten, entschieden sich für ein- bis anderthalbseitige literarische Häppchenkost in Form von wöchentlichen Einträgen des zwölfjährigen Ollo in sein "öffentliches Tagebuch", kombiniert mit halbseitigen schwarz-weiß-hellblauen Illustrationen.
Von einem Handlungsgerüst zu sprechen wäre übertrieben. Ob von einer Tierrettungsdemonstration die Rede ist, vom Besuch der hundertdreißigjährigen fitneßsüchtigen "Omma" oder einer intergalaktischen Ferienreise - weder die Hauptfigur noch der Leser erlebt oder durchleidet dergleichen direkt. Denn Ollos Notate aus dem Jahre 2035 wechseln zwischen innerem Monolog, voraus- oder rückblickender Beschreibung und Kommentar. Dazwischen gestreut sind Nonsens-Fragen mit Punktewertung für die möglichen Antworten, etwa "Sollte die Polizei künftig Schildkröten als Spürhunde einsetzen?", und der vielfache Hinweis "M-Gap im Netz!" auf www.olloswelt.de. Dort kann man sehen, wie eine von Ollos Ariane-Schwestern Kniebeugen macht, erfährt Näheres über seinen Intimfeind Eddi von Ekel und kann sich die Bastelanleitung für eine blumige Einladungskarte, "das Meisterstück romantischer Papierkunst", herunterladen. Mit ihr hat Ollo seine angebetete Bäm-Ping erfolgreich zum Essen eingeladen. Weitere seiner "modernsten Gerätschaften aus Papier" - stickerartige ,Kleboblaten' (Figuren, Herzchen, Spiegeleier) oder ein Schlankschleim-Becher - sind im Anhang des Buches auszuschnippeln, zu falzen, zu kleben und auf den jeweils gekennzeichneten Buchseiten anzubringen. So kann aus dem öffentlichen Tagebuch ein "Super-Plop-GAP"-Buch werden.
Das ganze Projekt wirkt angestrengt kreativ und ist mit einem eisernen Willen zum Kultbuch geschaffen worden. Sowohl der gewollt flapsige, selbstgefällige Schreibstil zeugt davon als auch die überkarikierten Figuren, die grafisch dem Personal aktueller Zeichentrickfilme wie Angela Anaconda oder den verschiedenen japanischen Manga-Typen entsprechen. Originell ist das nicht, nur sehr dick aufgetragen.
MARTINA WEHLTE
Franziska Biermann, Antje von Stemm: "Ollos Welt". Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2003. 172 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 10 J.
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