Der private Blick auf die Olympischen Spiele in Berlin. Amateuraufnahmen zeigen unzensiert, wie Olympiatouristen das Ereignis erlebten und für die persönliche Erinnerung im Foto festgehalten haben. Mehr als 250 Amateurfotos, die der Verfasser in jahrelanger Arbeit gesammelt und erforscht hat, werden hier erstmals veröffentlicht. Sie zeigen eine unbekannte, persönliche Sicht auf das umstrittene Großereignis des Jahres 1936. Zugleich bilden sie eine wichtige Quelle für die Alltagsgeschichte. Nur zufällig mit auf das Bild gekommene, mutmaßliche Nebensächlichkeiten und Details treten in den Vordergrund und dokumentieren die damalige Lebenswelt. Ergänzt werden die Fotos durch ausführliche Texte über Planung und Durchführung der Spiele sowie Berichte von Zeitzeugen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.08.2017So sahen Amateurfotografen die Olympischen Spiele 1936
Die Olympischen Spiele in Berlin im August 1936 waren in mehrerer Hinsicht eine Premiere. Sie waren die ersten Spiele in Deutschland - fünf Monate zuvor hatten bereits die Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen stattgefunden -, die ersten Spiele in einer Diktatur, wo politische Gegner, unter Rassevorbehalt gestellte Bürger und andere Gruppen offen schweren Repressionen ausgesetzt waren. Sie waren die ersten mit massiver staatlicher Förderung abgehaltenen Spiele, welche im medialen Sinn zum Auftakt weltweit verfolgter sportlicher Großereignisse wurden, an die wir heute gewöhnt sind.
Boykottandrohungen hatte es gegeben, aber man ließ sich vom Internationalen Olympischen Komitee beruhigen, das sich schon damals seine Sache von der Politik nicht verderben lassen wollte. Später kam noch das große Geschäft hinzu. Hitler bekam seine Gelegenheit, Deutschland als weltoffenen, politisch und wirtschaftlich erstarkten Gastgeber zu präsentieren. Leni Riefenstahl zeigte mit ihrem Olympiafilm, was sich medial aus effektiv inszenierten Massenveranstaltungen und ins Bild gesetzten Sportlerkörpern machen ließ. Ihr technischer Aufwand war damals noch sehr hoch, während mittlerweile jede routinierte Sportübertragung diese Körper noch um einiges eindrucksvoller zelebrieren kann.
An Riefenstahl denkt man, wenn von Bildern dieser Spiele des Jahres 1936 die Rede ist. Dass es auch andere Bilder gab, geknipst von Besuchern oder auch Teilnehmern der Spiele, das führt ein Bildband des Sporthistorikers Emanuel Hübner vor Augen. Er präsentiert in seinem Band ("Olympia in Berlin". Amateurfotografen sehen die Olympischen Spiele 1936. Morisel Verlag, München 2017. 198 S., Abb., geb., 24,90 [Euro]) mehr als zweihundertfünfzig Amateurfotografien, die im August jenes Jahres entstanden: auf dem Reichssportfeld mit seinen Stadien, in Berliner Straßen, dem Gelände der Ausstellung "Deutschland" und der zu den Spielen errichteten "Kraft-durch-Freude-Stadt". Man fotografiert Wettkampfereignisse oder versucht es zumindest, lichtet sich selbst und Freunde ab, die Menge der Touristen und Zuschauer, geschmückte Straßen, Prominenz auf den Tribünen der Stadien, den "Führer" eingeschlossen, oder die Verköstigung an den Buffets.
Es ist keine Gegendarstellung zur offiziell Bilderwelt der Spiele, die auf diese Weise entsteht, bloß eben eine amateurhafte. Nach verräterischen Details, die Risse in der Festfassade zeigen, sucht man auf den Fotos vergeblich; auf sie waren die anonymen Knipser, offenbar überwiegend aus sozial bessergestellten Verhältnissen, nicht aus. Emanuel Hübner hat den Fotografien informative, knapp gefasste Texte zu Vorgeschichte wie Ablauf der Spiele und zeitgenössische Berichte beigefügt, aber auch Erläuterungen zum damaligen Stand der Fototechnik und der Verbreitung von erschwinglichen Fotoapparaten. Herausgekommen ist die exzellente Dokumentation einer Facette deutscher Alltagsgeschichte Mitte der dreißiger Jahre. (hmay)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Olympischen Spiele in Berlin im August 1936 waren in mehrerer Hinsicht eine Premiere. Sie waren die ersten Spiele in Deutschland - fünf Monate zuvor hatten bereits die Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen stattgefunden -, die ersten Spiele in einer Diktatur, wo politische Gegner, unter Rassevorbehalt gestellte Bürger und andere Gruppen offen schweren Repressionen ausgesetzt waren. Sie waren die ersten mit massiver staatlicher Förderung abgehaltenen Spiele, welche im medialen Sinn zum Auftakt weltweit verfolgter sportlicher Großereignisse wurden, an die wir heute gewöhnt sind.
Boykottandrohungen hatte es gegeben, aber man ließ sich vom Internationalen Olympischen Komitee beruhigen, das sich schon damals seine Sache von der Politik nicht verderben lassen wollte. Später kam noch das große Geschäft hinzu. Hitler bekam seine Gelegenheit, Deutschland als weltoffenen, politisch und wirtschaftlich erstarkten Gastgeber zu präsentieren. Leni Riefenstahl zeigte mit ihrem Olympiafilm, was sich medial aus effektiv inszenierten Massenveranstaltungen und ins Bild gesetzten Sportlerkörpern machen ließ. Ihr technischer Aufwand war damals noch sehr hoch, während mittlerweile jede routinierte Sportübertragung diese Körper noch um einiges eindrucksvoller zelebrieren kann.
An Riefenstahl denkt man, wenn von Bildern dieser Spiele des Jahres 1936 die Rede ist. Dass es auch andere Bilder gab, geknipst von Besuchern oder auch Teilnehmern der Spiele, das führt ein Bildband des Sporthistorikers Emanuel Hübner vor Augen. Er präsentiert in seinem Band ("Olympia in Berlin". Amateurfotografen sehen die Olympischen Spiele 1936. Morisel Verlag, München 2017. 198 S., Abb., geb., 24,90 [Euro]) mehr als zweihundertfünfzig Amateurfotografien, die im August jenes Jahres entstanden: auf dem Reichssportfeld mit seinen Stadien, in Berliner Straßen, dem Gelände der Ausstellung "Deutschland" und der zu den Spielen errichteten "Kraft-durch-Freude-Stadt". Man fotografiert Wettkampfereignisse oder versucht es zumindest, lichtet sich selbst und Freunde ab, die Menge der Touristen und Zuschauer, geschmückte Straßen, Prominenz auf den Tribünen der Stadien, den "Führer" eingeschlossen, oder die Verköstigung an den Buffets.
Es ist keine Gegendarstellung zur offiziell Bilderwelt der Spiele, die auf diese Weise entsteht, bloß eben eine amateurhafte. Nach verräterischen Details, die Risse in der Festfassade zeigen, sucht man auf den Fotos vergeblich; auf sie waren die anonymen Knipser, offenbar überwiegend aus sozial bessergestellten Verhältnissen, nicht aus. Emanuel Hübner hat den Fotografien informative, knapp gefasste Texte zu Vorgeschichte wie Ablauf der Spiele und zeitgenössische Berichte beigefügt, aber auch Erläuterungen zum damaligen Stand der Fototechnik und der Verbreitung von erschwinglichen Fotoapparaten. Herausgekommen ist die exzellente Dokumentation einer Facette deutscher Alltagsgeschichte Mitte der dreißiger Jahre. (hmay)
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