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Produktdetails
  • Reclam Bibliothek Bd.1507
  • Verlag: Reclam, Leipzig
  • 1994.
  • Deutsch
  • Abmessung: 185mm
  • Gewicht: 146g
  • ISBN-13: 9783379015073
  • ISBN-10: 3379015075
  • Artikelnr.: 05434906
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Autorenporträt
Viktor Pelewin, geboren 1962, ist der meistgelesene Autor Russlands und hat vor allem bei jungen Lesern längst "Kultstatus". Seit Erscheinen der Romane "Omon hinterm Mond" (1992, dt. 1994), "Das Leben der Insekten" (1993, dt. 1997) und "Buddhas kleiner Finger" (1996, dt. 1999) gilt er auch international als einer der interessantesten Autoren seiner Generation. The New Yorker nahm ihn 1999 in die Liste der "besten europäischen Erzähler unter 35" auf. Viktor Pelewin lebt in Moskau.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.01.1995

Kleines Opfer, großes Ziel
Wiktor Pelewin erzählt vom Sozialismus auf Mondreise

Omon hieß der Kleine, der bei seiner Tante aufwuchs, weil seine Mutter tot war und sein Vater trank. Der Junge wollte hoch hinaus, Flieger werden. Wenn er radelte, klemmte er eine Klapper an sein Hinterrad, damit es wie echt brummte. So drehte er seine Kreise, ein Pilot der Landstraßen. Er hatte einen flugsüchtigen Freund, und die Freundschaft nahm er ernst. In einem Ferienlager meldete er sich aus eigenem Antrieb, um eine Strafe mit seinem Freund zu teilen. Er mußte sich eine Gasmaske überstülpen und einen Flur rauf und runter robben. Der Leiter stoppte die Zeit. "An der dunkelgrauen Stirnwand vor mir hing ein Regal, darauf stand ein gelber Mondglobus." Er schaffte es unter Tränen.

Danach kam die Fliegerschule, und er zählte mit seinem Freund zu den Erwählten, die auf den Mond geschossen werden sollten. Er war jung und schon fast am Ziel seiner Träume. Doch hinter dem Mond stand ein irdischer Plan. Der Mann im Mond, daran ließen die gewichtigen Köpfe nicht rütteln, sollte ein Sozialist sein, und alle, die in diesem Teil der Welt noch was zum Lachen hatten, meinten, daß Lenin sich darüber freuen würde. Omon ist die Abkürzung für "Sondereingreiftruppe der Polizei". Wer diesen Namen trägt, wird es in der Partei weit bringen, hatte Omons Vater gedacht. Nun trainierte der Sohn im Lunochod, dem Mondgeschoß, das einem Rennrad glich, und machte seinem Namen alle Ehre.

Doch die Liebe zum Mond hatte ein Handikap. Der Plan sah keine Rückkehr vor. Die obersten sozialistischen Schlafwandler setzten Omon die Pistole auf die Brust und ernannten ihn zum kleinen Opfer für ein großes Ziel. Omon biß die Zähne zusammen, klappte die Luke auf und schwang sich auf sein Rennrad. Lieber am Ziel seiner Träume sterben als durch fremde Hand umkommen. Die Mächtigen auf Erden nickten zufrieden, die Welt hatte einen Helden mehr. Auf die Reise wurden noch vier andere junge Menschen geschickt. Sie kontrollierten die verschiedenen Raketenteile, die sie in einer bestimmten Etappe absprengen mußten. Sie starben dabei. Jeder tat, was er tun mußte, bis nur noch die Mondkapsel mit Omon übrigblieb.

Dima hieß der unfreiwillige Held der vorletzten Stufe. Kurz bevor er sich ins All jagte, führte der mit Omon über das Bordtelefon ein letztes Gespräch. Es ging um Pink Floyd, um eine bestimmte Platte. Dann kam der Befehl von unten, das Triebwerk zu zünden. " . . . ich begriff, daß Dima sich ohne ein Abschiedswort in die Ewigkeit aufgemacht hatte. Doch ich empfand keine Kränkung - sah man von unserem letzten Gespräch ab, war er immer schweigsam und mürrisch gewesen, und aus irgendeinem Grund schien mir, er müsse, tagelang in der Gondel seiner Interkontinentalrakete hockend, Einsicht gewonnen haben in etwas Besonderes, etwas, was ihn für immer der Notwendigkeit enthob, guten Tag und auf Wiedersehen zu sagen." Als Omon auf dem Mond landete, fiel er aus allen Wolken.

Der Moskauer Autor Wiktor Pelewin wurde 1963 geboren. Er hat sich was gedacht, als er seinen Roman schrieb. Die Idee ist ihm gelungen. Die Erzählung schwebt, die Konstruktion hält, kein Satz ist zu leicht. Langsam gewinnt die Geschichte an Höhe. Einmal oben, sieht man, wenn man genau hinschaut, mehr. Pelewins Buch hat alle Anlagen, seiner Generation das Wasser zu reichen und ein östlicher "Werther" für westliche Klassenzimmer zu werden. Omon, nicht Klopstock, heißt der Mann mit dem Mond. EBERHARD RATHGEB

Wiktor Pelewin: "Omon hinterm Mond". Roman. Aus dem Russischen übersetzt von Andreas Tretner. Reclam Verlag, Leipzig 1994. 152 S., br., 16,- DM.

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"Omon hinterm Mond" ist dem Autor zu einer scharfsichtigen, wahnwitzigen und grandiosen Parabel auf die Sowjetunion als self-destructive system geraten. In seiner durchdachten Radikalität steht der Kurzroman, wie es der Übersetzer Andreas Tretner in seinem brillanten Nachwort suggeriert, in der Tradition der totalitären Texte "Einladung zur Enthauptung" oder "Das Bastardzeichen" Vladimir Nabokovs, des Übervaters der modernen russischen Literatur. Süddeutsche Zeitung