Wie stark trifft die deutschspachigen Zeitungen und Zeitschriften die Konkurrenz des Internets? Wie entwickeln sich deren Online-Geschäfte?
Ein Team an der Universität St. Gallen hat dazu 200 Experten in Deutschland, Österreich und der Schweiz in einer Delphi-Studie befragt. Ergänzend wurden exemplarisch zehn journalistische Online-Angebote von Bild, FAZ, Spiegel und Anderen analysiert sowie die Stellenmärkte in Print- und Online-Medien untersucht.
Die Experten verheißen den Print-Medien eine schwierige Zukunft: In einem sich verschärfenden Wettbewerb sagen sie ihnen weitere Marktanteilsverluste voraus. Die Auflagen von Publikumszeitschriften würden in acht Jahren um fünf, die von Tageszeitungen um zehn Prozent zurückgehen. Gravierende Einbußen werden den Zeitungen auch auf dem Werbeanzeigenmarkt prognostiziert. Am stärksten betroffen seien die Stellen- und Automobilanzeigen, die in überregionalen Tageszeitungen in acht Jahren um etwa die Hälfte schrumpfen sollen. Diese Prognosen werden durch eine Analyse der bisherigen Entwicklung des betreffenden Stellenanzeigenmarktes gestützt. Von den Autoren der Studie werden diese Einbrüche allerdings weniger der momentanen Konjunktur als einem tiefgreifenden Strukturwandel in der Medienlandschaft zugeschrieben.
Die befragten Experten gehen andererseits davon aus, dass sich journalistische Online-Angebote in einigen Jahren fest im Kanon der Medien etabliert haben werden. In vier Jahren würden bereits die Hälfte aller 14- bis 49-Jährigen regelmäßig diese Angebote nutzen. Dabei entwickeln sich hybride Textformen, die informative und unterhaltende, kritische und flapsige Elemente verbinden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Ein Team an der Universität St. Gallen hat dazu 200 Experten in Deutschland, Österreich und der Schweiz in einer Delphi-Studie befragt. Ergänzend wurden exemplarisch zehn journalistische Online-Angebote von Bild, FAZ, Spiegel und Anderen analysiert sowie die Stellenmärkte in Print- und Online-Medien untersucht.
Die Experten verheißen den Print-Medien eine schwierige Zukunft: In einem sich verschärfenden Wettbewerb sagen sie ihnen weitere Marktanteilsverluste voraus. Die Auflagen von Publikumszeitschriften würden in acht Jahren um fünf, die von Tageszeitungen um zehn Prozent zurückgehen. Gravierende Einbußen werden den Zeitungen auch auf dem Werbeanzeigenmarkt prognostiziert. Am stärksten betroffen seien die Stellen- und Automobilanzeigen, die in überregionalen Tageszeitungen in acht Jahren um etwa die Hälfte schrumpfen sollen. Diese Prognosen werden durch eine Analyse der bisherigen Entwicklung des betreffenden Stellenanzeigenmarktes gestützt. Von den Autoren der Studie werden diese Einbrüche allerdings weniger der momentanen Konjunktur als einem tiefgreifenden Strukturwandel in der Medienlandschaft zugeschrieben.
Die befragten Experten gehen andererseits davon aus, dass sich journalistische Online-Angebote in einigen Jahren fest im Kanon der Medien etabliert haben werden. In vier Jahren würden bereits die Hälfte aller 14- bis 49-Jährigen regelmäßig diese Angebote nutzen. Dabei entwickeln sich hybride Textformen, die informative und unterhaltende, kritische und flapsige Elemente verbinden.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.11.2004Wirtschaftsbuch
Jenseits medialer Verblödung
Die Musikindustrie ist längst in Richtung austauschbarer Einmal-Hits und körperloser Song-Sammlungen abgedriftet, bei börsennotierten Musikfirmen dominiert das Shareholder-Value-Denken - und würgt jede Kreativität ab. Der Verblödungskommerz nimmt zu, doch die Umsätze schmelzen seit Jahren dahin. Tim Renner fordert daher die radikale Abkehr von alten Geschäftsmodellen. Im Januar dieses Jahres ist er ausgestiegen. Der Ex-Chef von Universal hat den Verfall der Musikwirtschaft hautnah miterlebt. Als Höfling saß er 18 Jahre lang an der Tafel der großen Bosse und hörte sie über das Big Business tuscheln. Eine ideale Position. Einerseits mit den Wölfen heulen, andererseits Wolf im Schafspelz sein. Diese Doppelrolle durchzieht das ganze Buch.
Renner hat sich die Freiheit des Geistes bewahrt. Genau seziert er die jahrzehntelange Abwärtsbewegung. Eines der Übel: Wenn erst einmal Controller mit „starren, computerisierten Kalkulations- und Buchungsprogrammen” die Macht übernehmen, zählt der Quartalsbericht mehr als jede langfristige Strategie. Die Orientierung an den Shareholdern hat die Branche im Griff: Was schnell Geld bringt, wird in die Charts gehievt, in Hit-Sammlungen zweitverwertet und auf den Fernsehkanälen MTV und Viva versüßt.
Der schnelle Euro schützt vor der Krise nicht, resümiert Renner. Der Grund: Musik und Informationen werden über die neuen Kanäle explosionsartig in die Welt befördert. Mit digitalen Technologien ist eine unendliche Vervielfältigung möglich. Monopole und Kartelle können das schon lange nicht mehr kontrollieren. Musik- und Medienindustrie zeigen Unwillen, den fundamentalen Wandel zur Kenntnis zu nehmen. Autor Renner hält ihnen den Spiegel vor: „Es fehlen die starken Inhalte. Zugleich wird der Markt mit Musik aus Radio, Fernsehen, Supermarktlautsprechern und dem Netz überschwemmt. Wenn Musik als austauschbare Ware empfunden wird, ist der Markt in Gefahr. In der Konsequenz sinken die Umsätze: Von 1997 bis 2003 ging ein knappes Drittel des Gesamtmarktes verloren. Mittlerweile nähern wir uns der Hälfte.”
Der Verbraucher, so zeigt die Realität, sucht sich bequeme und kostengünstige Alternativen. Wozu teuere CDs kaufen, wenn sie auf digitalem Weg günstig bis kostenlos abzugreifen sind. Die Entwicklung der Technologien spielt der Konsum-Unabhängigkeit dabei direkt in die Hände. Musik gelangt in immer kleineren und kurzfristig konsumierbaren Datenmengen zum Verbraucher. Das gilt auch für Film, Fernsehen, Buch und Printmedien.
Renner geht es letztlich darum, Musik- und Medienwelt von unten zu demokratisieren. Spartensender in TV und Radio, Online-Medien und Web-Tagebücher im Internet werden zunehmend von Verbrauchern genutzt. In TV und Musik gilt das Gesetz des individuellen Downloads: Der Konsument „schneidet sich sein eigenes Programm zusammen, genau so, wie er längst eigene Musik-Compilation brennt”. Tim Renners Zukunftshoffnung: Dass Kunden maßgeschneiderte Medienprodukte erhalten. Das erfordert seiner Meinung nach menschlichere Unternehmen statt shareholder-hörige Konzerne, die sich gegenüber Mitarbeitern, Künstlern und Konsumenten verantwortlich zeigen. Es wird höchste Zeit, das Musikgeschäft neu zu denken, fordert Renner. Allerdings nur mit innovativem Denken jenseits der Blockbuster-Verblödung. Immerhin handelt es sich um eine 8-Milliarden-Euro-Industrie, an der viele Arbeitsplätze hängen. Wer wissen will, wie diese technische Zukunft aussieht, sollte Renners Buch lesen. Keiner hat dies bisher so anschaulich und plastisch erläutert.
Peter Felixberger
Zum Thema
Online bedroht Print
Peter Glotz, Robin Meyer-Lucht: Online gegen Print. Zeitung und Zeitschrift im Wandel, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2004, 240 Seiten, 29 Euro
Die Printmedien stehen in heftigem Wettbewerb mit den Online-Nachrichtensites um Reichweiten und Auflagen. Was passiert mit den journalistischen Medien im Internet?
Ende der Musikindustrie
Janko Röttgers: Mix, Burn und R.I.P. Das Ende der Musikindustrie. Heise Verlag, Hannover 2003, 192 Seiten, 16 Euro
Die Musikindustrie tut sich schwer mit den digitalen Tauschbörsen im Internet. Sie will nicht verstehen, wie grundlegend der Paradigmenwechsel im Umgang mit Wissen oder Musik ist.
Tim Renner: Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! Über die Zukunft der Musik- und Medienindustrie, Campus Verlag, Frankfurt 2004, 304 Seiten, 19,90 Euro
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Jenseits medialer Verblödung
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Renner hat sich die Freiheit des Geistes bewahrt. Genau seziert er die jahrzehntelange Abwärtsbewegung. Eines der Übel: Wenn erst einmal Controller mit „starren, computerisierten Kalkulations- und Buchungsprogrammen” die Macht übernehmen, zählt der Quartalsbericht mehr als jede langfristige Strategie. Die Orientierung an den Shareholdern hat die Branche im Griff: Was schnell Geld bringt, wird in die Charts gehievt, in Hit-Sammlungen zweitverwertet und auf den Fernsehkanälen MTV und Viva versüßt.
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