„Außerhalb von Altenheimen sind alte Menschen ohnehin meist nicht besonders liebenswert. Im Supermarkt stehen sie im Gang rum und halten an der Kasse den Betrieb auf, weil sie entweder geschwätzig sind oder Kupfermünzen in Zeitlupe sortieren.“
Inhalt:
Julien hat sein bisheriges Leben
hauptsächlich mit Zocken, Kiffen und nebenbei ein wenig Studieren verbracht – kein Problem, Papa zahlt. Als…mehr„Außerhalb von Altenheimen sind alte Menschen ohnehin meist nicht besonders liebenswert. Im Supermarkt stehen sie im Gang rum und halten an der Kasse den Betrieb auf, weil sie entweder geschwätzig sind oder Kupfermünzen in Zeitlupe sortieren.“
Inhalt:
Julien hat sein bisheriges Leben hauptsächlich mit Zocken, Kiffen und nebenbei ein wenig Studieren verbracht – kein Problem, Papa zahlt. Als der den Geldhahn zudreht und seine Freundin Nadja nicht bereit ist, ihn zu unterstützen, meldet er sich bei einer Zeitarbeitsfirma. Die vermittelt ihn als Pflegehelfer ins Haus Nikolaus – eines der schlechtesten Altersheime im Umkreis. Trotzig tritt er seinen Dienst an, will nach dem ersten Tag bereits krankfeiern. Doch er bleibt im Haus Nikolaus und versucht, die Bewohner mehr schlecht als recht zu versorgen. Denn die anderen Mitarbeitenden sind heillos überfordert, das Budget gering und das Essen widerlich bis hygienisch fragwürdig.
Mein Eindruck:
Ich habe mir einen humorvollen Einblick in ein Altenheim erwartet, die die Härte dieses Berufes zeigt mit schrulligen Erlebnissen dank der Eigenheiten der Bewohner.
Im ersten Drittel des Buches habe ich mich wirklich gut amüsiert – Wortspiele unter der Gürtellinie, Kabbeleien im Arbeitsalltag und wirklich entzückend-schräge Bewohner. Ganz mein normalerweise schmerzbefreiter Humor. Da haben wir die zwei Alten am Gang, die alles und Jeden verbal in ihre Einzelteile zerlegen, den alten Säufer, den Dicken, oder die alte Dame, die doch nur will, dass jemand Briefe an ihre Katze schreibt.
Um ihnen ihre Leiden etwas zu nehmen, bringt Julien auch schon mal ein paar Haschkekse auf Station, die Manchem das Durchschlafen erleichtern.
Beim weiteren Lesen verging mir dann das Lachen. Es tat mir manchmal körperlich weh, all die Misshandlungen und Vernachlässigungen hilfloser Personen zu lesen. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass Jules seinen A… hochkriegt, zu dokumentieren und aufzudecken beginnt.
Die Pfleger irren gehetzt durch die Gegend oder stehen rauchend draußen, kiffen auch mal zwischendurch oder vergreifen sich am Alkoholvorrat der Bewohner. Jeder intrigiert gegen jeden, wirklich qualifiziert, motiviert oder auch nur ein wenig menschlich scheint kaum einer zu sein.
Dank der liebevollen Pflege haben manche Bewohner blaue Flecken, das Essen ist Müll – und Jules, Anwaltssohn und ehemaliger Jurastudent, sieht weg wie alle anderen wenn Bewohner physisch oder psychisch misshandelt werden.
Mir ist durchaus bewusst, dass es im Pflegebereich oft wirklich hart und wie überall kostenorientiert zugeht, Dokumentationen unnötig Zeit fressen und manche in ihrer Überforderung Druck nach unten – also an die Bewohner – ablassen.
Dennoch konnte mir keiner meiner Bekannten, die in Heimen arbeiten, auch nur fehlende Waschlappen bestätigenm von all den anderen Verfehlungen gar nicht zu reden. Die Zustände im Haus Nikolaus scheinen also zumindest in meiner Umgebung glücklicherweise nicht zum Pflegealltag zu gehören.
„Opakalypse“ will wohl überspitzt Missstände aufzeigen, aber das ist bei mir leider nicht immer so angekommen. Teilweise empfinde ich es als Affront gegen all die vielen Menschen, die sich in der Pflege wirklich aufopfernd und liebevoll um ihre Bewohner kümmern.
So sehr ich zu Beginn gelacht habe, am Ende des Buches bin ich enttäuscht.