Das Operndorf Afrika (auch Village Opéra de Christoph Schlingensief, Remdoogo und Festspielhaus Afrika genannt) ist ein partizipatives Kunstprojekt im westafrikanischen Burkina Faso mit dem Ziel des transkulturellen Transfers durch künstlerische Begegnungen. Der Name „Operndorf Afrika“ ist ein Neologismus gekennzeichnet durch eine ihm inhärente Friktion. So gibt es weder ein „Operndorf“ noch wird die Gattung der Oper typischerweise mit dem afrikanischen Kontinent in Verbindung gebracht. Die Bezeichnung „Afrika“ evoziert dabei einen Konflikt, da der Begriff im Westen oft verallgemeinernd für die Bezeichnung einzelner Regionen auf dem afrikanischen Kontinent benutzt wird, obwohl zwischen diesen große soziokulturelle und politische Unterschiede bestehen. Es ist Schlingensiefs letztes Projekt, in dem zahlreiche Stränge seiner früheren Arbeiten kondensieren. Das Operndorf liegt circa dreißig Kilometer östlich von der Hauptstadt Ouagadougou, vier Kilometer von der Stadt Ziniaré und einen Kilometer vom Skulpturenpark Sculptures de Laongo entfernt auf einem etwa fünf Hektar großem Areal, das von der Regierung Burkina Fasos zur Verfügung gestellt wurde. Ursprünglich war hier lediglich der Bau eines Opernhauses geplant, aber die durch Starkregen ausgelöste Flut im Jahre 2009 führte zu einer Planänderung. Die Grundsteinlegung für das Operndorf erfolgte im Februar 2010, wenige Monate vor Schlingensiefs Tod. Das Dorf selbst existierte vor 2010 nicht. Es basiert auf Gebäuden, die der aus Burkina Faso stammende und in Berlin lebende Architekt Francis Kéré konzipiert und teilweise realisiert hat. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt umfasst das Gelände 26 Gebäude, darunter diverse Schulgebäude und eine Krankenstation. Derzeit bildet die von Abdoulaye Ouedraogo geleitete Grundschule, an der dreihundert Schulkinder von sechs Lehrer*innen unterrichtet werden, das Zentrum des Operndorfs. Während das sogenannte Festspielhaus, das ursprünglich den Kern des Operndorfs ausmachen sollte, noch nicht gebaut wurde, finden seit der Einweihung der Schule im Jahre 2011 künstlerische Aktivitäten auf dem Areal statt.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensent Fabian Lehmann erfährt aus dem Buch der Kunsthistorikerin und Philosophin Sarah Hegenbart über Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso vor allem Wissenswertes über das Spannungsverhältnis zwischen der Vision des Künstlers und der Realisierung bis heute. Hegenbart stellt Schlingensiefs Ansatz laut Lehmann verständlich dar. Weniger überzeugend erscheinen dem Rezensenten die Einordnungsversuche der Autorin. Wenn Hegenbart das Operndorf im Kontext von Wagners Gesamtkunstwerk und weiter im Zusammenhang mit dem Berliner Humboldt-Forum betrachtet, findet Lehmann das "schablonenhaft" und "pauschalisierend".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH