Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2003ROSWIN FINKENZELLER, München-Korrespondent dieser Zeitung, hat ein Buch über die "Opera buffa" geschrieben. Opernführer herkömmlichen Stils erzählen die Handlung, rühmen zu Recht die Musik, vernachlässigen aber die Lebensweisheit. Dabei lehrt Mozart, daß treulose Bräute sofort geheiratet werden müssen und namhafte Verführer in der Regel nicht verführen. Bei sechzig Werken des Musiktheaters kommt Roswin Finkenzeller sofort auf den Kern der Sache, so in "Don Carlo" auf den Idealismus, vor dem Giuseppe Verdi eindringlich warnt. Toleranz ist zu lernen bei Wolf-Ferraris Raucherin Susanna, Urkundenfälschung bei Gianni Schicchi, den Puccini wie einen zweiten Dante bewundert. Opernfreundinnen erfahren von Ravel, wie der Gatte in sechs Minuten zu betrügen wäre, und wiederum von Puccini, in "Turandot", wie dumm die Männer sind. Ob die dauernd fragende Elsa oder der nicht antwortende Lohengrin Zustimmung verdiene, entscheidet wie immer die Musik. Schließlich leben wir tatsächlich in der besten aller möglichen Welten. Leibniz hat es behauptet, Voltaire nicht geglaubt, Leonard Bernstein aber schon. (Roswin Finkenzeller: "Opera buffa". 60 Opernklassiker. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2003. 256 S., geb., 19,90 [Euro].)
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