"Das erste, was im Krieg auf der Strecke bleibt, ist nicht die Wahrheit, sondern die Illusion."
(Wolfgang Sofsky)
Der Krieg gegen die irakische Despotie markiert einen Wendepunkt in der jüngsten Geschichte der Macht. Er spaltete Europa, das westliche Bündnis und die Vereinten Nationen. Auf der Strecke blieben nicht nur die Institutionen der internationalen Politik, sondern auch die Illusionen vom Ende der Machtpolitik.
Wolfgang Sofsky analysiert in seinem Journal eines Beobachters die wichtigsten Stationen des Krieges. Er legt die allgemeinen Strukturen der Macht frei, die den Mechanismus der Bündnispolitik, der Despotie und Hegemonie, des Protestes und des Gerüchts. Er zeichnet die Taktiken einer politischen Kriegsführung nach, die mit neuen Präzisionswaffen die Zivilbevölkerung und ihre heiligen Stätten weitgehend verschonte.
Und er geht der Frage nach, wie man einen Krieg führt, den man unmöglich gewinnen kann, wie man eine Stadt erobert, ohne in einen langwierigen Häuserkampf zu geraten.
(Wolfgang Sofsky)
Der Krieg gegen die irakische Despotie markiert einen Wendepunkt in der jüngsten Geschichte der Macht. Er spaltete Europa, das westliche Bündnis und die Vereinten Nationen. Auf der Strecke blieben nicht nur die Institutionen der internationalen Politik, sondern auch die Illusionen vom Ende der Machtpolitik.
Wolfgang Sofsky analysiert in seinem Journal eines Beobachters die wichtigsten Stationen des Krieges. Er legt die allgemeinen Strukturen der Macht frei, die den Mechanismus der Bündnispolitik, der Despotie und Hegemonie, des Protestes und des Gerüchts. Er zeichnet die Taktiken einer politischen Kriegsführung nach, die mit neuen Präzisionswaffen die Zivilbevölkerung und ihre heiligen Stätten weitgehend verschonte.
Und er geht der Frage nach, wie man einen Krieg führt, den man unmöglich gewinnen kann, wie man eine Stadt erobert, ohne in einen langwierigen Häuserkampf zu geraten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.07.2003Aufgeklärtes Vorurteil
"Operation Freiheit" im Irak: Wolfgang Sofsky versucht sich als Kriegstagebuchschreiber
Wolfgang Sofsky: Operation Freiheit. Der Krieg im Irak. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 207 Seiten, 17,90 [Euro].
Durch Fernsehen, Internet und Zeitungen fühlte sich der Soziologe Sofsky glänzend informiert. So versetzte er sich aus seinem Göttinger Lehnsessel heraus in die Traumrolle eines Kriegstagebuchschreibers hinein und hielt wortgewaltig die Ereignisse von zweiundzwanzig ausgewählten Tagen fest - gespickt mit höheren Einsichten des professoralen "Gewaltexperten", die der Verlag als "erste profunde Untersuchung" dieses Feldzuges anpreist. Meisterhaft schildert er unter dem Datum des 11. Januar den Abschied des Flugzeugträgers "Ark Royal" in Portsmouth als "historische Urszene" und verbindet damit umgehend einen Seitenhieb auf das ganz und gar nicht martialische Deutschland: "Nur die Besiegten, welche für ihre Angriffslust bezahlen mußten, ziehen es vor, bei Kriegsbeginn in die sicheren Gefilde der Moral zu flüchten."
Er weiß: "Der Krieg findet statt, mit oder ohne guten Grund. Der Protest kommt spät. Der moralische Diskurs hat große Mühe, auf der Höhe der Zeit zu sein. Die Wirklichkeit der Macht eilt der Moral weit voraus." Den Sturz des Despoten Saddam Hussein nennt er als "Schlüssel zu allem weiteren" und hält ein Kriegsszenario am 19. Januar nur dann für gegenstandslos, "wenn der Regimewechsel auch auf anderem Wege möglich wäre". Bekanntlich hat die anglo-amerikanische Propaganda sich nicht auf Sofskys einleuchtenden Kriegsgrund beschränkt, sondern den Präventivschlag mit dem Vorwand der angeblichen unmittelbaren Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen gerechtfertigt. Dabei steht für den Autor am 5. Februar fest, daß mittlerweile "die Beweislast nicht länger beim Ankläger, sondern beim Beschuldigten" liege, wie überhaupt militärische Überlegenheit auch "Definitionsmacht" verschaffe: "Sie verleiht die Chance, den Sanktionsgrund der Gegenseite in die Schuhe schieben zu können." Richtig erkannt, wenn auch zur Entlastung der Kriegswilligen sogleich Saddam als "Meister der Irreführung, der Desinformation, der beweglichen Täuschung" bezeichnet wird. Die UN-Inspektionen hätten den angeklagten Irak nicht entlasten können: "Denn das Fehlen von Beweisen ist kein Beweis für das Fehlen von Waffen. Schlimmer noch: Je weniger gefunden wird, desto größer ist die Gefahr und desto dringlicher muß sie bekämpft werden. Der negative Befund bestätigt das gefällte Urteil. Die Prophezeiung erfüllt sich in jedem Fall. Die mißlungene Aufklärung bestätigt nur das Vorurteil."
Am 18. März, zwei Tage vor Kriegsbeginn, wirft Sofsky Deutschland und Frankreich vor, sich "unter der Fahne humanitärer Friedensmoral" mit den Regierungen in Moskau und Peking gemein gemacht zu haben, "welche die Fahne der Freiheit tagtäglich durch das Blutbad der Repression ziehen". In der Front gegen Washingtons Hegemonie diene überhaupt die Rhetorik des Völkerrechts nur der "Kaschierung der eigenen Ambitionen oder Verbrechen". Der deutschen Politik wird eine "unselige Mischung aus Provinzialismus und Gesinnungsblindheit attestiert", weil sie miltitärische und politische Schwäche zur Tugend umstilisiert und die eigene Machtlosigkeit zum historischen Fortschritt verklärt habe. Die Moral werde als Waffe der Politik mißbraucht, was weder der Moral noch der Politik bekomme.
Leider ahnt Sofsky nicht, wie etwa zur gleichen Zeit in Washington und in London die Lüge als Waffe der Politik mißbraucht wird. So läßt sich eine weitere scharfsinnige Feststellung vom 29. März über das nach seiner Meinung ungerechtfertigte Mißtrauen gegenüber den bewunderten Reportern an den Fronten generell auf Kriegsbefürworter wie auch auf Kriegsgegner ausweiten: "Diese Kritik lebt nicht vom Willen zur Aufklärung, sondern von einem nebulösen Mißtrauen, das sich moralisch im Vorteil wähnt. Die Vorliebe für das Worst-case-Szenario hat nicht nur dramaturgische Gründe. Sie speist sich auch aus dem Bedürfnis, die Realität unbedingt den eigenen Meinungen anpassen zu wollen." An solchen Versuchen sind bekanntlich schon viele Politiker gescheitert, diesseits des Atlantiks, aber - wie es jetzt immer mehr scheint - auch jenseits des Atlantiks.
Erleichtert ist der Kriegstagebuchschreiber schließlich am 16. April. "Siegeszug der Macht" lautet seine Überschrift des Tages: "Der Feldzug im Irak war kein Staatenkrieg und kein Feldzug gegen den globalen Terror. Er war ein präventiver Befriedungskrieg. Er richtete sich nicht gegen eine Nation, sondern gegen eine despotische Regierung." Leider wird die Präventivkriegsproblematik nicht weiter vertieft. Aber Sofsky nimmt trotz des eigenen und alliierten Siegestaumels jene Iraker wahr, die zwar für Saddams Regime niemals "die Hand gehoben" hätten, aber trotzdem "ein dumpfes Gefühl der Niederlage" fühlten. Nicht wenige Iraker würden die Lasten der Freiheit fürchten, so daß es Monate oder gar Jahre dauern könnte, "bis sich die gelassene Einsicht einstellt, daß der Siegeszug der fremden Macht zuletzt doch neue Freiheiten mit sich gebracht hat".
Sofskys Eindrücke und Einsichten sind ein eindrucksvoll formulierter Schnellschuß, aber sicherlich längst nicht die vollmundig angekündigte "erste profunde Untersuchung" des Irak-Krieges. Immerhin empfiehlt sich der Autor damit als Pflichtlektüre für jene hauptamtlichen Kriegstagebuchführer in militärischen Stäben und hinter allen Fronten, die sich an seiner Ausdrucks- und Darstellungskraft ein Beispiel nehmen wollen.
RAINER BLASIUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Operation Freiheit" im Irak: Wolfgang Sofsky versucht sich als Kriegstagebuchschreiber
Wolfgang Sofsky: Operation Freiheit. Der Krieg im Irak. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 207 Seiten, 17,90 [Euro].
Durch Fernsehen, Internet und Zeitungen fühlte sich der Soziologe Sofsky glänzend informiert. So versetzte er sich aus seinem Göttinger Lehnsessel heraus in die Traumrolle eines Kriegstagebuchschreibers hinein und hielt wortgewaltig die Ereignisse von zweiundzwanzig ausgewählten Tagen fest - gespickt mit höheren Einsichten des professoralen "Gewaltexperten", die der Verlag als "erste profunde Untersuchung" dieses Feldzuges anpreist. Meisterhaft schildert er unter dem Datum des 11. Januar den Abschied des Flugzeugträgers "Ark Royal" in Portsmouth als "historische Urszene" und verbindet damit umgehend einen Seitenhieb auf das ganz und gar nicht martialische Deutschland: "Nur die Besiegten, welche für ihre Angriffslust bezahlen mußten, ziehen es vor, bei Kriegsbeginn in die sicheren Gefilde der Moral zu flüchten."
Er weiß: "Der Krieg findet statt, mit oder ohne guten Grund. Der Protest kommt spät. Der moralische Diskurs hat große Mühe, auf der Höhe der Zeit zu sein. Die Wirklichkeit der Macht eilt der Moral weit voraus." Den Sturz des Despoten Saddam Hussein nennt er als "Schlüssel zu allem weiteren" und hält ein Kriegsszenario am 19. Januar nur dann für gegenstandslos, "wenn der Regimewechsel auch auf anderem Wege möglich wäre". Bekanntlich hat die anglo-amerikanische Propaganda sich nicht auf Sofskys einleuchtenden Kriegsgrund beschränkt, sondern den Präventivschlag mit dem Vorwand der angeblichen unmittelbaren Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen gerechtfertigt. Dabei steht für den Autor am 5. Februar fest, daß mittlerweile "die Beweislast nicht länger beim Ankläger, sondern beim Beschuldigten" liege, wie überhaupt militärische Überlegenheit auch "Definitionsmacht" verschaffe: "Sie verleiht die Chance, den Sanktionsgrund der Gegenseite in die Schuhe schieben zu können." Richtig erkannt, wenn auch zur Entlastung der Kriegswilligen sogleich Saddam als "Meister der Irreführung, der Desinformation, der beweglichen Täuschung" bezeichnet wird. Die UN-Inspektionen hätten den angeklagten Irak nicht entlasten können: "Denn das Fehlen von Beweisen ist kein Beweis für das Fehlen von Waffen. Schlimmer noch: Je weniger gefunden wird, desto größer ist die Gefahr und desto dringlicher muß sie bekämpft werden. Der negative Befund bestätigt das gefällte Urteil. Die Prophezeiung erfüllt sich in jedem Fall. Die mißlungene Aufklärung bestätigt nur das Vorurteil."
Am 18. März, zwei Tage vor Kriegsbeginn, wirft Sofsky Deutschland und Frankreich vor, sich "unter der Fahne humanitärer Friedensmoral" mit den Regierungen in Moskau und Peking gemein gemacht zu haben, "welche die Fahne der Freiheit tagtäglich durch das Blutbad der Repression ziehen". In der Front gegen Washingtons Hegemonie diene überhaupt die Rhetorik des Völkerrechts nur der "Kaschierung der eigenen Ambitionen oder Verbrechen". Der deutschen Politik wird eine "unselige Mischung aus Provinzialismus und Gesinnungsblindheit attestiert", weil sie miltitärische und politische Schwäche zur Tugend umstilisiert und die eigene Machtlosigkeit zum historischen Fortschritt verklärt habe. Die Moral werde als Waffe der Politik mißbraucht, was weder der Moral noch der Politik bekomme.
Leider ahnt Sofsky nicht, wie etwa zur gleichen Zeit in Washington und in London die Lüge als Waffe der Politik mißbraucht wird. So läßt sich eine weitere scharfsinnige Feststellung vom 29. März über das nach seiner Meinung ungerechtfertigte Mißtrauen gegenüber den bewunderten Reportern an den Fronten generell auf Kriegsbefürworter wie auch auf Kriegsgegner ausweiten: "Diese Kritik lebt nicht vom Willen zur Aufklärung, sondern von einem nebulösen Mißtrauen, das sich moralisch im Vorteil wähnt. Die Vorliebe für das Worst-case-Szenario hat nicht nur dramaturgische Gründe. Sie speist sich auch aus dem Bedürfnis, die Realität unbedingt den eigenen Meinungen anpassen zu wollen." An solchen Versuchen sind bekanntlich schon viele Politiker gescheitert, diesseits des Atlantiks, aber - wie es jetzt immer mehr scheint - auch jenseits des Atlantiks.
Erleichtert ist der Kriegstagebuchschreiber schließlich am 16. April. "Siegeszug der Macht" lautet seine Überschrift des Tages: "Der Feldzug im Irak war kein Staatenkrieg und kein Feldzug gegen den globalen Terror. Er war ein präventiver Befriedungskrieg. Er richtete sich nicht gegen eine Nation, sondern gegen eine despotische Regierung." Leider wird die Präventivkriegsproblematik nicht weiter vertieft. Aber Sofsky nimmt trotz des eigenen und alliierten Siegestaumels jene Iraker wahr, die zwar für Saddams Regime niemals "die Hand gehoben" hätten, aber trotzdem "ein dumpfes Gefühl der Niederlage" fühlten. Nicht wenige Iraker würden die Lasten der Freiheit fürchten, so daß es Monate oder gar Jahre dauern könnte, "bis sich die gelassene Einsicht einstellt, daß der Siegeszug der fremden Macht zuletzt doch neue Freiheiten mit sich gebracht hat".
Sofskys Eindrücke und Einsichten sind ein eindrucksvoll formulierter Schnellschuß, aber sicherlich längst nicht die vollmundig angekündigte "erste profunde Untersuchung" des Irak-Krieges. Immerhin empfiehlt sich der Autor damit als Pflichtlektüre für jene hauptamtlichen Kriegstagebuchführer in militärischen Stäben und hinter allen Fronten, die sich an seiner Ausdrucks- und Darstellungskraft ein Beispiel nehmen wollen.
RAINER BLASIUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
literaturtest.de
Provokationen
Auch wenn sich der Verlag mit der Behauptung etwas übernommen hat, dies sei "die erste profunde Untersuchung des Krieges im Irak", lohnt sich die Lektüre dieses Bandes. Er versammelt, chronologisch geordnet, Wahrnehmungen und Reflexionen, die Sofsky als Kriegsbeobachter aus der Ferne zwischen Januar und April 2003 aufgezeichnet hat. Unter Überschriften wie "Gefühle des Protests" oder "Der Krieg und das Heilige" analysiert er unter anderem die Position eines ohnmächtigen und ressentimentgeladenen Europa, das Verhältnis von Demokratie und Gewalt oder das Leben im Irak vor der "Befreiung" durch die USA. Er polarisiert bewusst, wenn er mit scharfer Rhetorik die Selbstgerechtigkeit und den mangelnden Realitätssinn der Friedensbewegung anprangert.
Im Namen des Realismus
Sofskys Waffe ist die Sprache. In kurzen, manchmal geradezu stakkatoartigen Sätzen geht er in seiner Polemik auf Distanz zum bundesdeutschen Friedenskonsens zwischen Volk und Regierung. Er tut dies im Namen eines Realismus, für den der in Europa immer noch kultivierte politische Idealismus keine echte Alternative zur Machtpolitik der USA ist. Für Sofsky ist dieser Idealismus schlicht obsolet, eine aussterbende Provinzmoral. Dennoch fragt man sich als Leser manchmal, ob Sofsky in seinen Analysen nicht das unterläuft, was der Philosoph Friedrich Nietzsche einst an Historikern seiner Zeit auszusetzen hatte: dass bei ihnen die „nackte Bewunderung des Erfolges“ in einen „Götzendienste des Thatsächlichen“ umschlage.
(Roland Große Holtforth)
Provokationen
Auch wenn sich der Verlag mit der Behauptung etwas übernommen hat, dies sei "die erste profunde Untersuchung des Krieges im Irak", lohnt sich die Lektüre dieses Bandes. Er versammelt, chronologisch geordnet, Wahrnehmungen und Reflexionen, die Sofsky als Kriegsbeobachter aus der Ferne zwischen Januar und April 2003 aufgezeichnet hat. Unter Überschriften wie "Gefühle des Protests" oder "Der Krieg und das Heilige" analysiert er unter anderem die Position eines ohnmächtigen und ressentimentgeladenen Europa, das Verhältnis von Demokratie und Gewalt oder das Leben im Irak vor der "Befreiung" durch die USA. Er polarisiert bewusst, wenn er mit scharfer Rhetorik die Selbstgerechtigkeit und den mangelnden Realitätssinn der Friedensbewegung anprangert.
Im Namen des Realismus
Sofskys Waffe ist die Sprache. In kurzen, manchmal geradezu stakkatoartigen Sätzen geht er in seiner Polemik auf Distanz zum bundesdeutschen Friedenskonsens zwischen Volk und Regierung. Er tut dies im Namen eines Realismus, für den der in Europa immer noch kultivierte politische Idealismus keine echte Alternative zur Machtpolitik der USA ist. Für Sofsky ist dieser Idealismus schlicht obsolet, eine aussterbende Provinzmoral. Dennoch fragt man sich als Leser manchmal, ob Sofsky in seinen Analysen nicht das unterläuft, was der Philosoph Friedrich Nietzsche einst an Historikern seiner Zeit auszusetzen hatte: dass bei ihnen die „nackte Bewunderung des Erfolges“ in einen „Götzendienste des Thatsächlichen“ umschlage.
(Roland Große Holtforth)
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Er hat ja in vielem nicht Unrecht, meint Kersten Knipp zu den Analysen von Wolfgang Sofsky. Zum Beispiel, was die Motivation und Wirkung der Friedensbewegung angeht, die er als ressentimentgeladen und letztlich folgenlos entlarvt. Gegen die Macht der Fakten komme der konjunkturell bedingte Pazifismus nicht an - und gegen die Macht des amerikanischen Imperiums sowieso nicht. Das aber ist Knipp dann doch zu viel des Gleichmuts: Es sei ja schön und gut, der einen Seite den Spiegel vorzuhalten - solange die andere nicht außen vor bleibt! Gut, der Krieg war opferarm und hat einen Diktator entmachtet, und die Kriegsgegner mögen irgendwie arme Würstchen sein; daraus könne man aber noch lange nicht den Umkehrschluss ziehen, dass die USA alles richtig machen und ruhig Weltbestimmer sein sollen. Deshalb, alles in allem: ein einseitiges und "voreiliges Machwerk". Und was bitteschön, möchte der Rezensent noch wissen, sollen die beigefügten Kriegsreportagen, die Sofsky vorm Bildschirm angefertigt hat?
© Perlentaucher Medien GmbH
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