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'Arabella', die lyrische Komödie, ist Hofmannsthals letztes nahezu vollendetes Werk, über dessen Entstehung die Korrespondenz mit Richard Strauss erschöpfend Auskunft zu geben schien. Aber erst dieser Band der Kritischen Ausgabe kann alle Phasen und Wandlungen bieten - vom 'Lucidor' über ein Komödienszenar von 1910 bis hin zu den Lustspielplänen der zwanziger Jahre. Es kam während der Zusammenarbeit mit dem Komponisten zu Krisen und mehrfachen Umarbeitungen, vor allem des ersten Aktes. Fünf Tage vor seinem Tod hatte Hofmannsthal die endgültige Form nach Garmisch gesandt, und das Telegramm, in…mehr

Produktbeschreibung
'Arabella', die lyrische Komödie, ist Hofmannsthals letztes nahezu vollendetes Werk, über dessen Entstehung die Korrespondenz mit Richard Strauss erschöpfend Auskunft zu geben schien. Aber erst dieser Band der Kritischen Ausgabe kann alle Phasen und Wandlungen bieten - vom 'Lucidor' über ein Komödienszenar von 1910 bis hin zu den Lustspielplänen der zwanziger Jahre. Es kam während der Zusammenarbeit mit dem Komponisten zu Krisen und mehrfachen Umarbeitungen, vor allem des ersten Aktes. Fünf Tage vor seinem Tod hatte Hofmannsthal die endgültige Form nach Garmisch gesandt, und das Telegramm, in dem der Komponist freudige Zustimmung aussprach, kam am Tag, an dem Hofmannsthal starb, nach Rodaun.
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Autorenporträt
Hugo von Hofmannsthal, 1874 in Wien geboren, gewann mit seinen Gedichten und Dramen schon in jungen Jahren hohes Ansehen. Nach der Jahrhundertwende wandte sich Hofmannsthal vom Ästhetizismus ab und begann eine intensive Auseinandersetzung mit der europäischen Literaturtradition. Mit seinen Dramen, u.a. »Jedermann«, und seinen Opernlibretti für Richard Strauss, u.a. »Der Rosenkavalier« und »Ariadne auf Naxos«, wurde er weltberühmt. Er starb 1929 in Rodaun bei Wien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2002

Zwei Großmeister auf der Flucht
"Die ägyptische Helena" in der Hofmannsthal-Gesamtausgabe

Historisch-kritische Editionen honorieren den Rang eines Gesamtwerks; es liegt in ihrem Wesen, daß hier der Umfang des zur Texterschließung aufgebotenen Varianten- und Erläuterungsapparats nicht von dessen besonderem Gelingen abhängig sein kann. So kommt es, daß ein so problematisches Produkt der Zusammenarbeit von Hofmannsthal und Richard Strauss wie das Libretto der 1928 in Dresden uraufgeführten "Ägyptischen Helena" fast allein den sechshundertfünfzig Seiten starken Band XXV.2 der Kritischen Ausgabe sämtlicher Werke Hofmannsthals einnimmt, die, veranstaltet vom Freien Deutschen Hochstift zu Frankfurt am Main und gefördert von drei großen Fonds, seit vielen Jahren im S. Fischer Verlag erscheint. Hinzu kommen auf fünf Druckseiten (und ihrerseits im Widerspiel mit Anmerkungen und Erläuterungen) einige nicht über den ersten Entwurf - manchmal nur einige Sätze - hinausgelangte Opernpläne des Dichters, darunter die aus Tausendundeiner Nacht genommene "Prinzessin auf dem verzauberten Berg" von 1895 und ein im Jahr 1900 erwogenes Singspiel "Die Gräfin" nach Motiven aus "Wilhelm Meister".

Deutlicher umrissen zeigt sich die 1909 aufkommende Idee einer romantischen Oper namens "Amor und Psyche", zu der Heines "Die Götter im Exil" die Anregung geben; als Fluchtort der Olympischen fungiert bei Hofmannsthal ein von Mönchen bewohntes armenisches Bergdorf. Mit Strauss realisiert, hätte daraus nach 1919 ein Werk entstehen können, das der Zeitverlorenheit dieser beiden einen dramatischen Ausdrucksraum eröffnet hätte, aber der Dichter enthält seinem musikalischen Kompagnon die Invention dauerhaft vor. "Wenn ich nur einen raffinierteren künstlerischen Componisten hätte", klagt er 1909 dem Grafen Kessler: "Alles was er sagt, was er sich wünscht, wonach er tendiert, degoutiert mich ziemlich stark."

"Die ägyptische Helena" ist das Produkt der tiefen Ratlosigkeit, die die beiden Opernschaffenden nach dem Zusammenbruch jener Kultur- und Gesellschaftswelt überkam, der die ersten Werke ihrer Zusammenarbeit erwachsen waren. Nach der 1919 uraufgeführten "Frau ohne Schatten" läßt Hofmannsthal seinen Komponisten eine Zeitlang auf dem trockenen sitzen; von den Opernstoffen, die er in petto hat, hält er nicht nur "Amor und Psyche", sondern auch eine Danae-Komödie von ihm fern, vielleicht, weil er in dieser Geschichte - "Danae oder die Vernunftheirat" - das Bild seiner Opern-Ehe mit Strauss erkennt, die von seiner Seite tatsächlich nur eine "Vernunftheirat" ist, mit dem von Jupiter-Strauss erhofften Goldregen als dem spezifisch erotischen Moment. Immer wieder spielt Hofmannsthal in dieser von dem Komponisten mit der Geduld des Stärkeren ertragenen Beziehung die preziös-widerstrebende Gattin, die dem erwartungsvollen Partner ihr Bestes vorenthält.

Strauss behilft sich einstweilen mit einer theatralischen Sinfonia domestica, die "Intermezzo" heißt und auf einem selbstverfertigten Text von erheblichen Qualitäten beruht. Dann verlegt er sich aufs Warten, ob dem Kollegen Poeten, der seine eigenen Vorschläge harsch zurückweist, nicht wieder einmal ein Operneinfall komme; der aber verfällt zuletzt auf nichts anderes als wiederum eine mythologisch-psychologische Zauberoper, obschon kleineren Formats als die "Frau ohne Schatten". Faust II ist, nach Sprache und Stoff, auch hier wieder nahe und die Anlehnung mit einem - nein, mehreren - Schuß wagnerscher Trank- und Liebesekstatik versetzt, dies alles in der Erwartung, daß Strauss den entstehenden Text als die "Operette" auffassen werde, zu der weder die Figuren noch ihre dichterische Behandlung Anlaß geben, ganz abgesehen davon, daß Strauss, wie dieser gegenüber seinem begriffsstutzigen Autor in aller Bescheidenheit durchblicken läßt, nun einmal kein Operettenkomponist ist.

So bereitet sich zwischen Garmisch und Rodaun die Fehlgeburt einer Oper vor, die 1928 hintereinanderweg die großen Häuser Deutschlands und Österreichs durchmißt, um dann in der Versenkung zu verschwinden. Das theatralische Desaster des Werks gipfelte darin, daß Hofmannsthal für deren Münchner Erstaufführung die Erleuchtung des Zuschauerraums während der Vorstellung durchsetzte, um die Hörer den Text mitlesen lassen zu können. Ein Wiederbelebungsversuch, den der Komponist nach Hofmannsthals Tod mittels gravierender Texteingriffe in den zweiten Akt unternahm, hält nicht lange vor; inzwischen sorgt die Schallplatte im Verein mit gelegentlichen Konzertaufführungen dafür, daß die Partitur nicht zum Geheimtip wird. Sie hat große Momente, dennoch bleibt der Höreindruck zwiespältig, und als nicht der erste, aber der letzte Irrtum des Werks erweist es sich, die schönste Frau der Welt mit einer sängerischen Brünnhilden-Ausrüstung auf die Bühne zu stellen. Zwei Groß- und Hochmeister, die die Weltgeschichte in eine ihnen fremde Gegenwart versetzt hat, zeigen sich auf gemeinsamer, aber nicht hinlänglich kooperativer Flucht in eine Theaterwelt psychologisch vertiefter Mythologie, die vor der Krise der Zeit sich wie ein Niemandsland darstellt, bevölkert von sängerisch hochgepeitschten Luftgespenstern.

In Hofmannsthals OEuvre fügt sich die Helena-Konzeption als eine Geschichte ein, in der es um die Wiederherstellung von Ehe geht, dieser innersten Zelle mitmenschlichen Heils, die er nach dem Weltkrieg in zwei Theater-Lustspielen Fährnisse mannigfacher Art hatte bestehen lassen. Sie hießen "Der Schwierige" und "Der Unbestechliche" und waren mit leichter, genauer Hand in eine realistische Gesellschaftsszenerie eingelassen. In der "Ägyptischen Helena" treibt der Autor die Ehe- und Heimkehrerprobleme einer Nachkriegszeit auf die äußerste Spitze, die Literatur und Geschichte aufzubieten haben, denn die Frau, die mit ihrem Gatten, dem Spartanerkönig Menelas, aus dem Krieg zurückkehrt, ist die Ursache des Feldzugs gewesen, der die Griechen zehn Jahre lang vor Troja festgehalten hat. Der Krieg ist gewonnen, der Entführer abgeschlachtet, die Entführte zurückerobert, um ihrerseits gerichtet zu werden; es ist dieser Moment, an dem im zweiten Faust-Teil Goethes Helena-Tragödie einsetzt.

Dieses Opernskript bewegt sich anfangs durchaus spielerisch auf dem schwierigen Feld zwischen Blutdurst und Magie, Verstörung und Entrückung. Eine fernsehende Muschel, die als Observantin im Dienste Poseidons fungiert, weist in die Richtung einer mythologischen Komödie, aber der Opernvorsatz drängt diese Haltung zurück, allerlei Trankzauber mischt sich ein, und die Versetzung der Handlung in die arabische Wüste mit martialisch-dräuenden Kriegern, die im Angesicht der Schönheit bereit sind, zu schlachten und sich schlachten zu lassen, macht das Ganze zwar bunter, aber nicht faßlicher. Daß der Autor den Dramatiker nur spielt, zeigt sich daran, daß er einen die Euphorion-Stelle vertretenden Wüstenjüngling hinter der Bühne zu Tode bringt, nur um die Versöhnung des Hohen Paars zu befördern.

Wieviel Arbeit Hofmannsthal dieses Opus gemacht hat, kann man nun auf sechshundertdreißig Seiten nachlesen. Der Haupttext bietet die Operndichtung, die 1928 in der Mainzer Presse des Insel Verlags erschien, und er bietet das mit Kürzungen und Abweichungen kompositorisch realisierte Libretto, dem der Autor auf Strauss' Drängen hin eine kurze Handlungsbeschreibung anfügte; sie zeigt den Prosaisten auf der Höhe und in seinem Element. Wo aber findet sich die eingehende Erläuterung, die Hofmannsthal einige Wochen vor der Uraufführung seiner Textarbeit gab? Sie ist in Band 31 der Sämtlichen Werke versetzt, der den "Erfundenen Gesprächen und Briefen" gilt (jener Essay hat teilweise die Form eines Gesprächs mit dem Komponisten), und wird in dem "Helena"-Band nicht wiederholt. Doch präsentiert dieser als Nachtrag zu dem bereits erschienenen Band 31 eine Kurzfassung dieses Textes, die der Autor unmittelbar vor der Uraufführung einer Dresdner Zeitung an die Hand gab. So schwer können kritische Gesamtausgaben es dem Leser machen.

Nach den Haupttexten berichtet die Herausgeberin Ingeborg Beyer-Ahlert von der Entstehung und den Bezügen des Werkes, ehe sie auf zweihundertfünfzig Seiten den im Jahre 1919 einsetzenden Stufenbau der Konzeptionen und das Zweigwerk der Varianten zum Vorschein bringt. Wer sich in dieses akribisch wiedergegebene, transparent gesetzte Genesis-Filigran vertieft, begreift, daß solche philologischen Dokumentationen Kunstwerke an sich selbst sind, das wahre L'art pour l'art: eine Kunst für die Kunst, indem sie nachweist, wie schwer das Dichten ist, auch - und gerade - wenn man es kann.

Dem Varianten-Teil folgt, chronologisch geordnet, eine Zusammenstellung von Selbstzeugnissen; nach ihr greifen siebzig Seiten Erläuterungen und Anmerkungen Raum. Wer etwa bei dem Ausruf "Elelelei!" stutzte, in den im Haupttext zwei Dienerinnen der Nymphe Aithra ausbrechen, dem wird hier bedeutet, daß dies ein altgriechischer Weheruf sei, der bei Hofmannsthal zunächst "Alalala!" hieß, und wer es erstaunlich findet, daß Da-ud, der brünstige Wüstenprinz, von seinem Vater als "von Hüften trocken" beschrieben wird, dem wird Bescheid getan: Der Autor hat den Vers Goethes "Westöstlichem Diwan" entlehnt. Wenn aber der bedrängten Helena Ruf: "Menelas! her! / Schütze, was dein ist!" auf Dramenverse Goethes und Schillers zurückgeführt wird, in denen das Verb "schützen" ebenfalls in bezug auf Frauen vorkommt, dann ist des Guten zuviel getan; auf manches ist Hofmannsthal ganz von selbst gekommen.

FRIEDRICH DIECKMANN.

Hugo von Hofmannsthal: "Sämtliche Werke XXV. 2: Operndichtungen 3.2". Herausgegeben von Ingeborg Beyer-Ahlert. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001. 655 S., geb., 198,- [Euro].

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