Zwischen 1760 und 1850 werden die Gründe für noch gegenwärtigeOpferdiskurse gelegt. Seit dem bürgerlichen Trauerspiel besetzt in einerexpliziten Engführung zwischen Geschlecht und tragischer Funktionmeist das weibliche Opfer die tragische, männliche Täterschaftkomplementär die antagonistische Position: Die Dramen überhöhendie 'Victimae' zu 'Sacrificia' und bringen das Opfer mit der seinerzeitakuten Geschlechteranthropologie in Verbindung.Lessings Emilia Galotti hatte ein wirkmächtiges Schema geprägt, dasdie nachfolgende Dramatik von Lenz, Caroline Schlegel, Schiller oderGoethe, über Kleist, Werner und Grillparzer bis hin zu Hebbel, Hauptmannoder Hofmannsthal in mimetischer Anknüpfung und Absetzungfortschreibt. Oft beobachten auch Romane das enge Band zwischenGender, Tragödie und Opfer. Bis hin zu Elfriede Jelinek, BothoStrauß oder Lars von Trier wirkt der Zwiespalt zwischen aufgeklärterOpferkritik und ästhetischem Opferkult nach. Ob die Darstellung desOpfers den Darstellungscharakter schon des realen Opfers erhellt, unddamit auch die Darstellungsfunktion von Geschlecht, oder ob sie vomOpfer entfachte Leidenschaften nährt, bleibt bis heute fraglich.