Die entsetzliche Tragödie vom 11. September 2001, bei der tausende von Menschen ihr Leben verloren, hat die Welt geschockt - und verändert. Steckt hinter den Anschlägen mitten ins Herz Amerikas der Islamistenführer Osama bin Laden? Ist er der Drahtzieher des internationalen Terrors, der mit einem 'Heiligen Krieg' mit Selbstmordattentätern die gesamte westliche Welt bedroht und dabei die eigentlich friedliebende Religion des Islam für seine Zwecke missbraucht? Die renommierten Islamforscher und Antiterror-Experten Michael Pohly und Khalid Duran legen in diesem Buch ein sachliches und fundiertes Porträt Osama bin Ladens vor. Sie analysieren zudem die religiösen, psychologischen und geopolitischen Hintergründe des islamistischen Terrorismus und die zentrale Rolle der internationalen Terrorismus- und Friedensforschung beim Kampf gegen eine drohende Eskalation.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.10.2001Götzenanbeter
Osama bin Laden auf Kreuzzug
MICHAEL POHLY, KHALID DURAN: Osama bin Laden und der internationale Terrorismus, Ullstein Taschenbuchverlag, München 2001. 110 Seiten, 13,59 Mark.
Das kleine Büchlein ist schnell geschrieben, aber kein Schnellschuss: Die beiden Autoren – der Dozent am Institut für Iranistik an der FU Berlin, Michael Pohly, sowie der Islamforscher Khalid Duran – haben kenntnisreich zusammengestellt, was rund um Osama bin Laden wichtig ist. Deshalb stellt der Titel des Buches auch eine Irreführung dar, denn von dem derzeit international meistgesuchten geistigen Vater der islamischen Terroristen handelt es letztlich nur am Rande. Sicher: In dem Kapitel „Wer ist Osama bin Laden” berichten die Autoren von seiner Kindheit und Jugend, von seiner charismatischen Persönlichkeit, von seiner Radikalisierung und der Entwicklung des Feindbildes USA.
Aber darüber hinaus beschreiben Pohly und Duran die Hintergründe dessen, was die Macht und den Einfluss bin Ladens ausmachen: Da ist die Umdeutung islamischer Traditionen durch den blinden, fanatischen Religionsgelehrten Omar Abder Rahman, der in seiner 2000-seitigen Dissertation den bewaffneten Kampf zur Unterwerfung Ungläubiger als einzig wahre Interpretation des Wortes „Djihad” (heiliger Krieg) beschreibt. Da ist der ideologische Lehrer bin Ladens, Schaikh Abdullah Azzam, Mitbegründer der Hamas, der das Glück des Märtyrertods erst so richtig populär machte.
Pohly und Duran erläutern aber auch die Entwicklung des Islamismus in den USA und wagen die These, dass die Radikalisierung der dortigen Gruppen weitgehend unbemerkt an den Geheimdiensten und der Politik vorbei gegangen ist. So schildern sie, wie ein halbes Jahr vor dem ersten Anschlag auf das World Trade Center 1993 in einer Moschee in Brooklyn der sudanesische Islamisten- Ideologe Hassan At-Turabi predigte und zum „Sturz des Hauses Pharao” aufrief. Bis heute ist die Video-Kassette des Auftrittes in New Yorker Geschäften erhältlich: Das Haus Pharao steht darin für „materialistische Götzenanbeter”, womit, so die Autoren, vor allem die Zentren amerkikanischer Macht, speziell das World Trade Center, gemeint seien. Die Anweisung zum Handeln fasste dann ein Schüler des Predigers Omar Abder Rahmanzusammen: Es gelte, die stolzesten Bauten niederzureißen sowie Touristenattraktionen zu zerstören. Nur so könne der Feind demoralisiert werden.
ck
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Osama bin Laden auf Kreuzzug
MICHAEL POHLY, KHALID DURAN: Osama bin Laden und der internationale Terrorismus, Ullstein Taschenbuchverlag, München 2001. 110 Seiten, 13,59 Mark.
Das kleine Büchlein ist schnell geschrieben, aber kein Schnellschuss: Die beiden Autoren – der Dozent am Institut für Iranistik an der FU Berlin, Michael Pohly, sowie der Islamforscher Khalid Duran – haben kenntnisreich zusammengestellt, was rund um Osama bin Laden wichtig ist. Deshalb stellt der Titel des Buches auch eine Irreführung dar, denn von dem derzeit international meistgesuchten geistigen Vater der islamischen Terroristen handelt es letztlich nur am Rande. Sicher: In dem Kapitel „Wer ist Osama bin Laden” berichten die Autoren von seiner Kindheit und Jugend, von seiner charismatischen Persönlichkeit, von seiner Radikalisierung und der Entwicklung des Feindbildes USA.
Aber darüber hinaus beschreiben Pohly und Duran die Hintergründe dessen, was die Macht und den Einfluss bin Ladens ausmachen: Da ist die Umdeutung islamischer Traditionen durch den blinden, fanatischen Religionsgelehrten Omar Abder Rahman, der in seiner 2000-seitigen Dissertation den bewaffneten Kampf zur Unterwerfung Ungläubiger als einzig wahre Interpretation des Wortes „Djihad” (heiliger Krieg) beschreibt. Da ist der ideologische Lehrer bin Ladens, Schaikh Abdullah Azzam, Mitbegründer der Hamas, der das Glück des Märtyrertods erst so richtig populär machte.
Pohly und Duran erläutern aber auch die Entwicklung des Islamismus in den USA und wagen die These, dass die Radikalisierung der dortigen Gruppen weitgehend unbemerkt an den Geheimdiensten und der Politik vorbei gegangen ist. So schildern sie, wie ein halbes Jahr vor dem ersten Anschlag auf das World Trade Center 1993 in einer Moschee in Brooklyn der sudanesische Islamisten- Ideologe Hassan At-Turabi predigte und zum „Sturz des Hauses Pharao” aufrief. Bis heute ist die Video-Kassette des Auftrittes in New Yorker Geschäften erhältlich: Das Haus Pharao steht darin für „materialistische Götzenanbeter”, womit, so die Autoren, vor allem die Zentren amerkikanischer Macht, speziell das World Trade Center, gemeint seien. Die Anweisung zum Handeln fasste dann ein Schüler des Predigers Omar Abder Rahmanzusammen: Es gelte, die stolzesten Bauten niederzureißen sowie Touristenattraktionen zu zerstören. Nur so könne der Feind demoralisiert werden.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2001Meistgesucht
USAMA BIN LADIN. Eigentlich sollte das Buch erst viel später erscheinen. Und das Thema sollte der Islam sein. Dann aber ging alles schnell. Nach den Attentaten von New York und Washington wurde das Konzept geändert. Hastig schrieben der Afghanistan-Fachmann Pohly und der Islam-Forscher Duran nieder, was sie über den geheimnisvollen Terroristen saudischer Abstammung wußten, der plötzlich ins Fadenkreuz einer ins Mark getroffenen Weltgemeinschaft geriet. Ihr Verdienst ist es, in kürzester Zeit ein Kompendium nicht nur über einige Aspekte der Globalisierung des Terrors geliefert zu haben. Auch ein Biogramm des meistgesuchten Mannes der Welt fehlt nicht. Die religiösen, geopolitischen und psychologischen Hintergründe des islamistischen Terrors haben sie mit Beispielen aus der Geschichte, Chronologien und Bildmaterial angereichert. Die Bedeutung des islamischen Begriffes Dschihad, die folgenschwere Umdeutung durch Scheich Omer Abder Rahman, die ideologische Schule von Bin Ladin, die Haltung der Islamisten zu den Vereinigten Staaten, der Märtyrerkult in Afghanistan und die Frage nach dem Versagen der Geheimdienste werden leicht verständlich erklärt. (Michael Pohly/Khalid Duran: Osama Bin Laden. Ullstein Verlag, München 2001. 112 Seiten, 13,57 Mark.)
ulf.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
USAMA BIN LADIN. Eigentlich sollte das Buch erst viel später erscheinen. Und das Thema sollte der Islam sein. Dann aber ging alles schnell. Nach den Attentaten von New York und Washington wurde das Konzept geändert. Hastig schrieben der Afghanistan-Fachmann Pohly und der Islam-Forscher Duran nieder, was sie über den geheimnisvollen Terroristen saudischer Abstammung wußten, der plötzlich ins Fadenkreuz einer ins Mark getroffenen Weltgemeinschaft geriet. Ihr Verdienst ist es, in kürzester Zeit ein Kompendium nicht nur über einige Aspekte der Globalisierung des Terrors geliefert zu haben. Auch ein Biogramm des meistgesuchten Mannes der Welt fehlt nicht. Die religiösen, geopolitischen und psychologischen Hintergründe des islamistischen Terrors haben sie mit Beispielen aus der Geschichte, Chronologien und Bildmaterial angereichert. Die Bedeutung des islamischen Begriffes Dschihad, die folgenschwere Umdeutung durch Scheich Omer Abder Rahman, die ideologische Schule von Bin Ladin, die Haltung der Islamisten zu den Vereinigten Staaten, der Märtyrerkult in Afghanistan und die Frage nach dem Versagen der Geheimdienste werden leicht verständlich erklärt. (Michael Pohly/Khalid Duran: Osama Bin Laden. Ullstein Verlag, München 2001. 112 Seiten, 13,57 Mark.)
ulf.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Barbara Oertel findet viele Veröffentlichungen zum Thema "Terrorismus nach dem 11. September" oberflächlich. Auch diese gehöre dazu: Das "schmale Bändchen", handele von Bin Ladens Lebensweg, dessen Denken sowie seiner Rolle im islamistischen Terror. Dies ginge nicht über das hinaus, was der "normale Leser" bereits in Zeitungen zu lesen bekam, findet die Rezensentin. Immerhin würde aber die Bedeutung des "bärtigen Turbanträgers" in Afghanistan beleuchtet, sowie der Begriff Dschihad untersucht. Fazit der Rezensentin: "Bin Laden für Anfänger."
In ihrer Besprechung verweist Oertel auch auf einen französischen Titel: Roland Jacquards "Au nom dOussama Ben Laden" (Editions Jean Picollec). Der "Terrorismusexperte" Jacquard denke hier unter anderem über eine "mögliche Bedrohung durch biologische und chemische Waffen" nach. Hochaktuell - aber "einen Überblick gewinnt der Leser auch hier nicht", resümiert Oertel.
© Perlentaucher Medien GmbH
In ihrer Besprechung verweist Oertel auch auf einen französischen Titel: Roland Jacquards "Au nom dOussama Ben Laden" (Editions Jean Picollec). Der "Terrorismusexperte" Jacquard denke hier unter anderem über eine "mögliche Bedrohung durch biologische und chemische Waffen" nach. Hochaktuell - aber "einen Überblick gewinnt der Leser auch hier nicht", resümiert Oertel.
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