Das eigene Verhältnis zu Oscar Romero wird anscheinend immer noch bestimmt durch die eigene Stellung zur Befreiungstheologie. Dies gilt auch für dieses Buch, dessen Autor als ein nach in El Salvador entsendeter Jesuit die Armut, die brutalen Unterdrückungen des von den USA unterstützten
Militärregimes und die Liebe des Volkes zu Oscar Romero direkt erlebt hat. Zugegebenermaßen liegt es nah, aus…mehrDas eigene Verhältnis zu Oscar Romero wird anscheinend immer noch bestimmt durch die eigene Stellung zur Befreiungstheologie. Dies gilt auch für dieses Buch, dessen Autor als ein nach in El Salvador entsendeter Jesuit die Armut, die brutalen Unterdrückungen des von den USA unterstützten Militärregimes und die Liebe des Volkes zu Oscar Romero direkt erlebt hat. Zugegebenermaßen liegt es nah, aus diesem Erleben heraus die Befreiungstheologie als gültige Theologie anzusehen.
Sehr interessant und informativ in diesem Buch ist die Schilderung der Geschichte von El Salvadors, einem Land das heute noch nicht zur Ruhe gekommen ist, und die Schilderung des Lebensweges Oscar Romeros als Saulus/Paulus-Geschichte. Erst durch Ermordung eines befreundeten und befreiungstheologisch orientierten Jesuiten wurde der ursprünglich streng orthodoxe Romero ein eindeutiger Anhänger der Theologie als 'Stimme der Armen'.
Dennoch wird ein Mangel dieser Biographie im Laufe der Lektüre immer offensichtlicher, der sich schon im Vorwort von Jon Sobrino andeutet. Romero wird zunehmend nur mehr im Kontext der Befreiungstheologie gesehen und interpretiert. Es kann ja sein, dass Romero persönlich seinen unstrittig heiligmäßigen Lebensweg erst über die Befreiungstheologie gefunden hat; ihn aber immer noch nur als Kronzeugen für diese heranzuziehen ist der Kernfehler dieses Buches. Diesem Buch geht der Wille ab, Romeros Spiritualität auch jenseits der Befreiungstheologie zu verstehen, denn nur so wird sein spirituelles Vermächtnis gesichert werden können. Der Christ kann gegen Armut und Unterdrückung mutig wie Oscar Romero ankämpfen, ohne sich die strittigen christologischen Implikationen der Befreiungstheologie zu Eigen machen zu müssen.
Dennoch: Heute kann man nicht wirklich verstehen, warum Josemaria Escriva heilig sein soll und Oscar Romero nicht. Diese Einsicht befördert dieses Buch und ist damit sehr lesenswert.