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Im Jahr 1882 hält die Kultur Einzug im Wilden Westen. Ein Jahr nach dem legendären Revolverduell am O. K. Corral reist ein Mann durch das gesetz- und sittenlose Land zwischen San Francisco und Chicago. In seiner Heimat Inbegriff für Geschmack, Stil und Bildung, provoziert er in der neuen Welt eine Mischung aus Bewunderung und Abscheu: Oscar Wilde. Er wird begleitet von Journalisten, Schülern, Spielern, Profitgeiern, schönen Bewunderern beiderlei Geschlechts und einem Mörder: Denn in den Orten und an den Abenden von Oscars Auftritten werden Prostituierte ermordet.

Produktbeschreibung
Im Jahr 1882 hält die Kultur Einzug im Wilden Westen. Ein Jahr nach dem legendären Revolverduell am O. K. Corral reist ein Mann durch das gesetz- und sittenlose Land zwischen San Francisco und Chicago. In seiner Heimat Inbegriff für Geschmack, Stil und Bildung, provoziert er in der neuen Welt eine Mischung aus Bewunderung und Abscheu: Oscar Wilde. Er wird begleitet von Journalisten, Schülern, Spielern, Profitgeiern, schönen Bewunderern beiderlei Geschlechts und einem Mörder: Denn in den Orten und an den Abenden von Oscars Auftritten werden Prostituierte ermordet.
Autorenporträt
Walter Satterthwait wurde am 23. März 1946 in Philadelphia geboren. Er hat in New York City, Portland, Afrika, Griechenland, den Niederlanden, England und Frankreich gelebt und als Lexikonvertreter, Korrektor, Barkeeper und Restaurantmanager gearbeitet. Seit seinem ersten Roman "Cocaine Blues" hat er mehr als ein Dutzend Bücher geschrieben, unter anderem eine fünf Romane umfassende Serie mit den Detektiven Joshua Croft und Rita Mondragon. Der Autor lebt zurzeit in Santa Fe.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.1996

Memme mit Mumm
Walter Satterthwait bereist mit Oscar Wilde den Wilden Westen

Glaubt man dem amerikanischen Erzähler Walter Satterthwait, hierzulande seit 1995 durch seinen beeindruckenden Roman "Miss Lizzie" bekannt, so ereigneten sich am Rande der Vortragstournee, die der englische Schriftsteller Oscar Wilde im Jahr 1883 in den Vereinigten Staaten absolvierte, mehrere entsetzliche Morde an Prostituierten: Ein grauenvoller Vorläufer des Serienkillers Jack the Ripper, der nur wenige Jahre später sein Unwesen in und um Whitechapel austoben sollte, begleitet die Reise und macht das Unternehmen zeitweilig zu einem Kriminalfall, in welchen Wilde und dessen (glaubt man Satterthwait) recht dubiose Entourage hineingezogen werden.

Glaubt man dem Autor hingegen nicht, so nützt einem das nach einigen Seiten Lektüre auch nicht mehr viel - man wird mehr und mehr mitgerissen von einer intelligent erdachten, oft komischen und nie langweiligen Geschichte, deren deutscher Titel "Oscar Wilde im Wilden Westen" ansprechender wirkt als der kalauernde des 1991 erschienenen Originals ("Wilde West"). Erzählt wird sie aus der Perspektive der Handlungsträger, welche die einzelnen Kapitel dominieren, also auch aus der des unheimlichen Mörders, dessen Identität man freilich erst am Schluß erfährt und damit gewärtig wird, daß selbst Robert Louis Stevenson seine Anregung zu "The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde" aus den Amerika-Erlebnissen des hier dargestellten Oscar Wilde bezogen haben könnte.

Satterthwaits Story spielt sich weitgehend im Wilden Westen ab und enthält alles, was einem Western Ehre macht: Geschichten von leidenschaftlicher Liebe (unter anderem zwischen Wilde und einer rassigen rothaarigen Schönheit, die allerdings einem anderen versprochen ist), von Männerfeindschaften (zwischen dem gutartigen, aber vertrunkenen Marshal und dem korrupten Polizeichef in einem der wichtigsten Orte der Handlung) sowie von Begegnungen mit Verbrechern, denen kein Geringerer als der Revolverheld John "Doc" Holliday Einhalt gebietet, und zwar aus Motiven, die ebenfalls erst gegen Ende der Geschichte vornehm enthüllt werden.

Im vergleichsweise unkultivierten amerikanischen Westen jener Jahre trägt man, wenn man es sich leisten kann, den breitkrempigen, in Mode gekommenen Stetson-Hut, trinkt zumeist scheußlichen Whiskey und hält britische Vortragsreisende, sofern man nicht zu den wenigen kulturell Interessierten gehört, allein wegen ihres heimatlichen Akzents bei der Aussprache des Englischen für "Schwuchteln", für boshaft und überheblich.

In dieser Welt läßt Satterthwait den Aphoristiker und Dichter Oscar Wilde auftreten. Erzeugt die erwähnte Kriminalgeschichte alsbald einen grandios durchgehaltenen Spannungsbogen, so sorgt der ständige Kontrast zwischen dem geschniegelten Ästheten einerseits sowie der provinziellen und ungehobelten Umgebung andererseits für die komische Begleitung. Vor allem aber gelingt es dem Autor, Wilde als das erscheinen zu lassen, was der wohl im richtigen Leben am liebsten war: ein Gentleman, der sich selbst durch rüde Zumutungen nicht anfechten ließ. "Ich rege mich nicht auf", legt ihm Satterthwait an einer Stelle in den Mund: "Das habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht getan." Und selbst Wildes zeitweiliger Gegner, der Marshal und Kriminalist Grigsby, lobt diesen Kontrahenten: "Sie haben Mumm. Muß man Ihnen lassen."

Daß Satterthwait an der von ihm gewählten Hauptperson nicht scheitert, ist nur einer der vielen Belege für die hohe Qualität seines Buches. Hat es in ein paar Passagen zu Anfang der Wilde-Auftritte noch den Anschein, als sei der Autor bedenklich nahe daran, den großen Wahl-Engländer zu einem hochkultivierten Trottel abzustempeln, der vor allem durch Eitelkeit auffällt und unentwegt Aphoristisches absondert, so entwickelt sich der Roman immer mehr zu einem wohlausgeklügelten und lebendigen, voller Zuneigung und Witz gekennzeichneten Porträt, das sich durchaus von gängigen Wilde-Klischees entfernt.

So wird die beim wirklichen Wilde, der ein Jahr nach der Amerikareise heiratete, erst später manifest gewordene Homosexualität indirekt als Versuch des Ausbruchs aus einer traumatischen, durch eine Frau erfahrenen Liebesenttäuschung gedeutet. Satterthwait erprobt ein ums andere Mal Erklärungen, wie dies und anderes gewesen sein könnte - und taucht allzu penetrante Grübeleien gleichwohl in ein zumindest mild komisches Licht, wenn er etwa ausgerechnet die erfundenen Begegnungen mit dem zwielichtigen "Doc" Holliday als einen der frühen Auslöser für Wildes erotische Wandlung ins Feld führt.

Was für das Jonglieren des Autors mit Möglichkeiten gilt, das trifft auch auf die Art und Weise zu, wie er mit den zwangsläufig konkreten, von ihm selber geweckten Erwartungen des Lesers spielt, ohne diese je plump zu enttäuschen. Was den Kriminalfall betrifft, so legt er falsche Fährten derart abgefeimt aus, daß bei der Lösung eine ziemlich gruselige Zusatzironie offenbar werden kann. Nur eines erhebt sich ebenso zuverlässig wie in vielen alten Schmökern und Filmen vom Wilden Westen, nämlich die Klage über dessen allmählichen Untergang: "Das Land veränderte sich", sinniert Marshal Grigsby. "Es wurde immer voller. Der Westen verschwand. Cowboys und Indianer und die unendliche Weite der Prärie: Das alles starb aus."

Ob man zu den Freunden anspruchsvoller Literatur im allgemeinen oder zu den Anhängern Oscar Wildes im besonderen gehört; ob man gern einen guten Western, einen spannenden Kriminal- oder einen charmanten Reiseroman liest - hier kommt man stets auf seine Kosten. Und obendrein erhält man noch eine nahezu makellose Übersetzung: keine Kleinigkeit bei einem Erzählwerk, das so facettenreich angelegt ist und auch durch sprachliche Differenziertheit und Originalität überzeugt. WOLFGANG STEUHL

Walter Satterthwait: "Oscar Wilde im Wilden Westen". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Gunnar Kwisinski. Haffmans Verlag, Zürich 1996. 383 S., geb., 39,- DM.

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"Western, Liebesroman, Psycho-Thriller und Krimi dieser Roman ist vieles zugleich. Ein schillerndes Prosa-Wunder." (Hartmut Wilmes in der "Kölnischen Rundschau")