Anfangs blickt man auf eine fremde Stadt von außen und es ist alles anders an ihr, als man es kennt. Sie sieht anders aus, ist anders gebaut, denkt anders, spricht eine andere Sprache. Eine fremde Stadt ist wie ein geschlossenes Buch. So auch Norwegens einzige Großstadt: Oslo. Sie liegt am Fjord wie ein kleines Stück Europa, ein Brückenkopf europäischer Urbanität und des städtischen Lebens. Doch sie hat eine gespaltene Beziehung zu Norwegen. Oslo ist nicht Norwegen und Norwegen ist nicht Oslo. In einem Land mit so viel Natur, das so dünn bevölkert ist, wirkt Oslo - Norwegens einzige Großstadt - wie ein Anhängsel, eine unnatürliche Anhäufung von Häusern, Straßen, Trambahnen, Restaurants und nationalen Einrichtungen. Fosnes Hansen verschafft uns einen Überblick über die Stadt, macht uns mit ihr vertraut. Er führt uns auf kleinen Spaziergängen sowohl an typische Orte, die man besichtigen muss, als auch an Orte, wo noch nie ein Tourist gewesen ist: auf die Skisprungschanze Holmenkollen, durch einen historischen Friedhofshain, zum königlichen Schloss, ins Zentrum entlang der Henrik Ibsen und Karl Johans Gate, zum Fluss Akerselva, in die Stadtteile Grorud und Frogner und mehr. Er führt uns durch Oslo nicht als Historiker oder Fremdenführer, sondern als Geschichtenerzähler und schlägt damit unerwartete Kapitel auf. Das Buch erzählt nicht Oslos Geschichte, sondern Geschichten über Oslo.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.05.2020Betulich im Schlendergang
Mit fünfundzwanzig Jahren schrieb Erik Fosnes Hansen 1990 den Bestseller "Choral am Ende der Reise" über die Titanic-Bordkapelle. Nun hat er einen Reiseführer für Oslo geschrieben. Eine fremde Stadt, schreibt er, sei wie ein geschlossenes Buch, und so blättert er deren Seiten auf. Spaziergänge führen zu bekannten Orten wie zur Festung Akershus, aber auch nach Groruddalen, einer Trabantenstadt, von Feuilletons gerne als Tal der Dichter bezeichnet. Auch Fosnes Hansen wohnte dort, kann die Bezeichnung aber nicht verstehen. Im Stadtteil lebten 120000 Menschen, mehr als in manchem norwegischen Distrikt, da seien eben auch Schriftsteller darunter gewesen. In seiner Kindheit sei Oslo noch eine "recht abgehalfterte Stadt" gewesen, schreibt er, alles sei bescheiden und ein bisschen grau gewesen. Das änderte sich 1996, als Ölsegen in die Staatskasse pladderte. Seither wächst und glänzt Norwegens einzige Großstadt. Anhand konkreter Orte erzählt Fosnes Hansen jeweils viel zum Hintergrund. So führt die Tour zur Holmenkollen-Schanze zugleich in die Geschichte Norwegens als Skination und wird mit Fridtjof Nansens Lebensgeschichte verwoben. Im Reiseführerteil mit persönlichen Empfehlungen tauchen die Stadtheiligen wie Henrik Ibsen und Edvard Munch auf. Ein bisschen auf den Nerv fallen kann einem der pastoral betuliche Tonfall. Wenngleich er zum Schlendergang eines Flaneurs passt.
bär
"Oslo mit anderen Worten. Literarische Reise in eine magische Stadt" von Erik Fosnes Hansen. Corso Verlag, Wiesbaden 2019. 264 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 28 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit fünfundzwanzig Jahren schrieb Erik Fosnes Hansen 1990 den Bestseller "Choral am Ende der Reise" über die Titanic-Bordkapelle. Nun hat er einen Reiseführer für Oslo geschrieben. Eine fremde Stadt, schreibt er, sei wie ein geschlossenes Buch, und so blättert er deren Seiten auf. Spaziergänge führen zu bekannten Orten wie zur Festung Akershus, aber auch nach Groruddalen, einer Trabantenstadt, von Feuilletons gerne als Tal der Dichter bezeichnet. Auch Fosnes Hansen wohnte dort, kann die Bezeichnung aber nicht verstehen. Im Stadtteil lebten 120000 Menschen, mehr als in manchem norwegischen Distrikt, da seien eben auch Schriftsteller darunter gewesen. In seiner Kindheit sei Oslo noch eine "recht abgehalfterte Stadt" gewesen, schreibt er, alles sei bescheiden und ein bisschen grau gewesen. Das änderte sich 1996, als Ölsegen in die Staatskasse pladderte. Seither wächst und glänzt Norwegens einzige Großstadt. Anhand konkreter Orte erzählt Fosnes Hansen jeweils viel zum Hintergrund. So führt die Tour zur Holmenkollen-Schanze zugleich in die Geschichte Norwegens als Skination und wird mit Fridtjof Nansens Lebensgeschichte verwoben. Im Reiseführerteil mit persönlichen Empfehlungen tauchen die Stadtheiligen wie Henrik Ibsen und Edvard Munch auf. Ein bisschen auf den Nerv fallen kann einem der pastoral betuliche Tonfall. Wenngleich er zum Schlendergang eines Flaneurs passt.
bär
"Oslo mit anderen Worten. Literarische Reise in eine magische Stadt" von Erik Fosnes Hansen. Corso Verlag, Wiesbaden 2019. 264 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 28 Euro.
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Eine literarische Stadterkundung. Sächsische Zeitung