Bis heute wird der deutsch-sowjetische Krieg im "Osten" selten mit Wissen oder Expertise in Verbindung gebracht. Dabei banden NS-Institutionen wie das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zur Organisation des Nachrichtendiensts sowie zur Durchführung von Umsiedlung oder Massenmord im östlichen Europa gezielt Personal mit besonderen Ressourcen wie Sprachkenntnissen ein. Denn nur wer verstehen und sich verständlich machen konnte, war in der Lage Herrschaft auszuüben. Mit dem an der Jahreswende 1941/42 gegründeten Unternehmen Zeppelin schufen die "Ostexperten" des RSHA eine eigene Organisation für ihre nachrichtendienstliche Tätigkeit gegen die Sowjetunion. In Ostexperten und Aktivisten rekonstruiert Daniel Bißmann nicht nur die Biografien der maßgeblichen Akteure des Unternehmens Zeppelin, sondern demonstriert zugleich, wie kollektive deutsche Erfahrungen und kognitive Karten vom "Osten" zur Gründung des Unternehmens Zeppelin führten und dessen Aufbau prägten. Eine besondere Projektionsfläche, auf der die Zeppelin-Initiatoren ihre Vorstellungen von der Sowjetunion, stalinistischem Terror und Nationalitätenpolitik verhandelten, boten die aus den Reihen der sowjetischen Kriegsgefangenen als sogenannte Aktivisten geworbenen Agenten. Auch ihre Lebenswege verliert die Studie über Umbrüche und nationale Grenzen hinweg nicht aus dem Blick. Von der sowjetischen Spionageabwehr über die westdeutsche Justiz bis hin zur Staatssicherheit der DDR wird dabei der Prozess der Wissensproduktion zum Unternehmen Zeppelin in der Nachkriegszeit verfolgt.