Die erste vollständige Biografie von Otfried Preußler: tiefe Einblicke in Leben und Werk des großen Geschichtenerzählers.
Wussten Sie, dass Otfried Preußler eine Geschichte plante, in der die kleine Hexe auf den Räuber Hotzenplotz treffen sollte? Und dass Michael Ende gerne bei Familie Preußler zu Besuch war? Immerhin hatten Preußler und Ende ein großes gemeinsames Interesse: Zauberei und Hexenkünste. Nach intensiven Recherchen gibt Tilman Spreckelsen tiefe Einblicke in Leben und Werk des bekannten Kinderbuchautors. Er überrascht mit völlig neuen Erkenntnissen, zeigt berührende Ausschnitte aus dem Privatleben Otfried Preußlers und lässt die Entstehung der bekannten Klassiker lebendig werden. Eine Biografie, die sich ebenso informativ wie unterhaltsam liest. So nah sind Leserinnen und Leser dem berühmten Autor bisher nicht gekommen!
Die einzige Biografie von Otfried Preußler, die sein ganzes Leben und sein Gesamtwerk in den Blick nimmtÜberraschende und faszinierende Erkenntnisse und Analysen vom Preußler-Experten Tilman SpreckelsenEine Hommage und intensive Auseinandersetzung mit dem bekannten Schriftsteller
Wussten Sie, dass Otfried Preußler eine Geschichte plante, in der die kleine Hexe auf den Räuber Hotzenplotz treffen sollte? Und dass Michael Ende gerne bei Familie Preußler zu Besuch war? Immerhin hatten Preußler und Ende ein großes gemeinsames Interesse: Zauberei und Hexenkünste. Nach intensiven Recherchen gibt Tilman Spreckelsen tiefe Einblicke in Leben und Werk des bekannten Kinderbuchautors. Er überrascht mit völlig neuen Erkenntnissen, zeigt berührende Ausschnitte aus dem Privatleben Otfried Preußlers und lässt die Entstehung der bekannten Klassiker lebendig werden. Eine Biografie, die sich ebenso informativ wie unterhaltsam liest. So nah sind Leserinnen und Leser dem berühmten Autor bisher nicht gekommen!
Die einzige Biografie von Otfried Preußler, die sein ganzes Leben und sein Gesamtwerk in den Blick nimmtÜberraschende und faszinierende Erkenntnisse und Analysen vom Preußler-Experten Tilman SpreckelsenEine Hommage und intensive Auseinandersetzung mit dem bekannten Schriftsteller
Ach,
Nordböhmen
Tilman Spreckelsens
Biografie über den großen
Kinderbuchautor Otfried Preußler
Bei Streamingdiensten gibt es noch die Hörbücher, die Otfried Preußler selber aufgenommen hat. Er liest den „Krabat“ vor, erzählt vom „Hörbe mit dem großen Hut“, und in seiner Sprachfärbung, dem kullernden R und den weich geschliffenen Konsonanten, hört man die Gegend, aus der er kommt. Dass Nordböhmen, genauer Liberec in Tschechien, das in seiner Kindheit Reichenberg hieß, alles grundiert und bestimmt, was wir heute noch von Preußler kennen und Kindern vorlesen, bringt der FAZ-Feuilletonist Tilman Spreckelsen in seiner Biografie profund zutage.
Einmal schreibt er auch über die Stimme Preußlers, der man noch den Ton des Grundschullehrers anhöre, dem überfüllte Klassen kleiner Schüler gebannt zuhörten. Preußler ist 1923 geboren, gehörte zu den Jahrgängen, die in der Nazizeit sehr jung, aber alt genug waren, um sich mitschuldig zu machen, zumindest zu Mitläufern zu werden und in den Krieg zu ziehen.
Aus dem ist Preußler erst 1949 zurückgekommen, nach fünf Jahren in russischer Gefangenschaft. Vor einem Jahr hat der Germanist Carsten Gansel, nachdem er zufällig in einem Moskauer Archiv auf die Kriegsgefangenenakte von Preußler gestoßen war, sein Buch „Kind einer schwierigen Zeit. Otfried Preußlers frühe Jahre“ (Galiani-Verlag) veröffentlicht, über Texte des Autors aus Jugend und Gefangenschaft. Sie klingen heimattümelnd und sind in vieler Hinsicht auf der Linie der NS-Ideologie, etwa was die Expansion des „deutschen Reichs“ angeht. Gansel diskutiert Schuld und Verantwortung heftiger als Spreckelsen, vergleicht Preußlers Laufbahn etwa mit der des Autors Franz Fühmann und scheint sich Grundlagen für eine Bewertung schaffen zu wollen. Dagegen ist die neue Biografie nüchterner, stellt aber alles zur Verfügung, was in jüngerer Zeit an Erkenntnissen dazugekommen ist, auch aus dem Nachlass des 2013 gestorbenen Autors. Etwa über die Mitgliedsanträge des noch nicht volljährigen Preußler bei Reichsschrifttumskammer und NSDAP.
Man erfährt zuerst von der Familie, beide Eltern waren Lehrer, der Vater Josef Syrowatka zudem eine Art Heimatpfleger, Volkskundler. Erst 1941 ließ er den Familiennamen eindeutschen zu „Preußler“. Die Welt der böhmischen Sagen, Naturgeister und Weihnachtskrippen ist später auch die, aus der sich Preußlers Kinderliteratur speist. Aber doch immer in zeitgemäßen Bearbeitungen, wobei er Erfahrungen des Kriegs und Überlebens, ihre Mahnung zur individuellen Verantwortung in die alten Stoffe webt, wie Spreckelsen betont.
An der Skizze von Preußlers Herkunftsmilieu kann man aber, so wenig Spreckelsen das kommentiert, doch erkennen, wie das Kultivieren einer regional-deutschen Identität Vater und Sohn Syrowatka anfällig machte für den Triumphalismus des Deutschtums in der Nazizeit – in einer Gegend, die von Bevölkerungsteilen verschiedener Sprachen und nationaler Zugehörigkeiten bewohnt war. Jahrzehnte später hat Preußler über das Scheitern des Zusammenlebens der Völker in Böhmen offenbar viel nachgedacht. Zu den Konsequenzen, die er daraus zog, gehörte es, Kontakte zu tschechischen Autoren zu pflegen. Josef Ladas Kinderbuch „Kater Mikesch“ etwa verdankt seine Bekanntheit im deutschsprachigen Raum Preußlers Übersetzung.
Eindrucksvoll sind die letzten Kapitel der Biografie, die zeigen, wie Otfried Preußler am Versuch, seine Erlebnisse als Soldat und in der Gefangenschaft aufzuschreiben, gescheitert ist. Spreckelsen weist durch Zitate darauf hin, wie sich die Sprache von Krieg und Rohheit in das Schreiben des alternden Autors zurückschleicht und seinen sonst so souveränen Erzählton beschädigt. Und wie ihn in den späten Achtzigern die Frage einholte, „warum gerade er den Krieg überlebt hat, und so viele andere nicht“. Preußler selbst beschrieb sich als „unverdient in die Jahre gekommen“.
Spreckelsen vollzieht die Lebensstationen nach, nutzt dabei elegant, dass sich die Kritik an den Verhältnissen der Zeit eigentlich aus diesen selbst ergibt. Dazu stellt er die detailgenaue Würdigung der Bücher Otfried Preußlers. Vor allem auch seiner kleinen und großen Helden: Krabat, Hexe, Wassermann und Gespenst, seiner Version des Rübezahl und des Lehrers Klingsor. Den liebevollen, womöglich lebenslangen Preußler-Leser erkennt man an der sorgsamen Erwähnung auch der Nebenfiguren: die Kantorka, der Nörgelseff, der Uhu Schuhu, der Karpfen Cyprinus und so viele andere. Spreckelsen hat sie bei seiner Wiederbelebung von Preußlers Welt glücklicherweise nicht gering geschätzt.
MARIE SCHMIDT
Noch nicht mal volljährig wollte
Preußler schon in die NSDAP
Tilman Spreckelsen:
Otfried Preußler.
Ein Leben in Geschichten. Thienemann,
Stuttgart 2023.
304 Seiten, 29 Euro.
Ab 14 Jahren.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Nordböhmen
Tilman Spreckelsens
Biografie über den großen
Kinderbuchautor Otfried Preußler
Bei Streamingdiensten gibt es noch die Hörbücher, die Otfried Preußler selber aufgenommen hat. Er liest den „Krabat“ vor, erzählt vom „Hörbe mit dem großen Hut“, und in seiner Sprachfärbung, dem kullernden R und den weich geschliffenen Konsonanten, hört man die Gegend, aus der er kommt. Dass Nordböhmen, genauer Liberec in Tschechien, das in seiner Kindheit Reichenberg hieß, alles grundiert und bestimmt, was wir heute noch von Preußler kennen und Kindern vorlesen, bringt der FAZ-Feuilletonist Tilman Spreckelsen in seiner Biografie profund zutage.
Einmal schreibt er auch über die Stimme Preußlers, der man noch den Ton des Grundschullehrers anhöre, dem überfüllte Klassen kleiner Schüler gebannt zuhörten. Preußler ist 1923 geboren, gehörte zu den Jahrgängen, die in der Nazizeit sehr jung, aber alt genug waren, um sich mitschuldig zu machen, zumindest zu Mitläufern zu werden und in den Krieg zu ziehen.
Aus dem ist Preußler erst 1949 zurückgekommen, nach fünf Jahren in russischer Gefangenschaft. Vor einem Jahr hat der Germanist Carsten Gansel, nachdem er zufällig in einem Moskauer Archiv auf die Kriegsgefangenenakte von Preußler gestoßen war, sein Buch „Kind einer schwierigen Zeit. Otfried Preußlers frühe Jahre“ (Galiani-Verlag) veröffentlicht, über Texte des Autors aus Jugend und Gefangenschaft. Sie klingen heimattümelnd und sind in vieler Hinsicht auf der Linie der NS-Ideologie, etwa was die Expansion des „deutschen Reichs“ angeht. Gansel diskutiert Schuld und Verantwortung heftiger als Spreckelsen, vergleicht Preußlers Laufbahn etwa mit der des Autors Franz Fühmann und scheint sich Grundlagen für eine Bewertung schaffen zu wollen. Dagegen ist die neue Biografie nüchterner, stellt aber alles zur Verfügung, was in jüngerer Zeit an Erkenntnissen dazugekommen ist, auch aus dem Nachlass des 2013 gestorbenen Autors. Etwa über die Mitgliedsanträge des noch nicht volljährigen Preußler bei Reichsschrifttumskammer und NSDAP.
Man erfährt zuerst von der Familie, beide Eltern waren Lehrer, der Vater Josef Syrowatka zudem eine Art Heimatpfleger, Volkskundler. Erst 1941 ließ er den Familiennamen eindeutschen zu „Preußler“. Die Welt der böhmischen Sagen, Naturgeister und Weihnachtskrippen ist später auch die, aus der sich Preußlers Kinderliteratur speist. Aber doch immer in zeitgemäßen Bearbeitungen, wobei er Erfahrungen des Kriegs und Überlebens, ihre Mahnung zur individuellen Verantwortung in die alten Stoffe webt, wie Spreckelsen betont.
An der Skizze von Preußlers Herkunftsmilieu kann man aber, so wenig Spreckelsen das kommentiert, doch erkennen, wie das Kultivieren einer regional-deutschen Identität Vater und Sohn Syrowatka anfällig machte für den Triumphalismus des Deutschtums in der Nazizeit – in einer Gegend, die von Bevölkerungsteilen verschiedener Sprachen und nationaler Zugehörigkeiten bewohnt war. Jahrzehnte später hat Preußler über das Scheitern des Zusammenlebens der Völker in Böhmen offenbar viel nachgedacht. Zu den Konsequenzen, die er daraus zog, gehörte es, Kontakte zu tschechischen Autoren zu pflegen. Josef Ladas Kinderbuch „Kater Mikesch“ etwa verdankt seine Bekanntheit im deutschsprachigen Raum Preußlers Übersetzung.
Eindrucksvoll sind die letzten Kapitel der Biografie, die zeigen, wie Otfried Preußler am Versuch, seine Erlebnisse als Soldat und in der Gefangenschaft aufzuschreiben, gescheitert ist. Spreckelsen weist durch Zitate darauf hin, wie sich die Sprache von Krieg und Rohheit in das Schreiben des alternden Autors zurückschleicht und seinen sonst so souveränen Erzählton beschädigt. Und wie ihn in den späten Achtzigern die Frage einholte, „warum gerade er den Krieg überlebt hat, und so viele andere nicht“. Preußler selbst beschrieb sich als „unverdient in die Jahre gekommen“.
Spreckelsen vollzieht die Lebensstationen nach, nutzt dabei elegant, dass sich die Kritik an den Verhältnissen der Zeit eigentlich aus diesen selbst ergibt. Dazu stellt er die detailgenaue Würdigung der Bücher Otfried Preußlers. Vor allem auch seiner kleinen und großen Helden: Krabat, Hexe, Wassermann und Gespenst, seiner Version des Rübezahl und des Lehrers Klingsor. Den liebevollen, womöglich lebenslangen Preußler-Leser erkennt man an der sorgsamen Erwähnung auch der Nebenfiguren: die Kantorka, der Nörgelseff, der Uhu Schuhu, der Karpfen Cyprinus und so viele andere. Spreckelsen hat sie bei seiner Wiederbelebung von Preußlers Welt glücklicherweise nicht gering geschätzt.
MARIE SCHMIDT
Noch nicht mal volljährig wollte
Preußler schon in die NSDAP
Tilman Spreckelsen:
Otfried Preußler.
Ein Leben in Geschichten. Thienemann,
Stuttgart 2023.
304 Seiten, 29 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Marie Schmidt liest mit Tilman Spreckelsens "Otfried Preußler" eine versierte, liebevolle, dabei jedoch nie unkritische Biografie des böhmischen Kinderbuchautors. Eindrucksvoll, so Schmidt, beschreibt Spreckelsen das Milieu, in dem Preußler aufwuchs, und arbeitet dabei sorgsam heraus, wie Preußlers Herkunft seine Werke grundierte, aber auch, wie und warum sie ihn empfänglich machte für die Ideologie der Nazis. Was Preußlers Mittäter- oder zumindest Mitläufertum in der NS-Zeit angeht sowie sein fragwürdiges Frühwerk, ist Spreckelsen weniger bemüht um eine eindeutige Bewertung als etwa Carsten Gansel in seiner Biografie Preußlers, lesen wir. Im Gegensatz zu Gansel sammelt und präsentiert Spreckelsen laut Schmidt eher nüchtern alle Fakten, die die Leserin braucht, um sich selbst ein Bild zu machen. Und der Autor bleibt nicht hier stehen, sondern vollzieht auch spätere Lebensstationen und Entwicklungen nach, so Schmidt. Besonders eindrucksvoll findet sie etwa Spreckelsens Schilderungen von Preußlers späten Versuchen, seine Erfahrungen von Krieg und Gefangenschaft literarisch zu verarbeiten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.10.2023Ach,
Nordböhmen
Tilman Spreckelsens
Biografie über den großen
Kinderbuchautor Otfried Preußler
Bei Streamingdiensten gibt es noch die Hörbücher, die Otfried Preußler selber aufgenommen hat. Er liest den „Krabat“ vor, erzählt vom „Hörbe mit dem großen Hut“, und in seiner Sprachfärbung, dem kullernden R und den weich geschliffenen Konsonanten, hört man die Gegend, aus der er kommt. Dass Nordböhmen, genauer Liberec in Tschechien, das in seiner Kindheit Reichenberg hieß, alles grundiert und bestimmt, was wir heute noch von Preußler kennen und Kindern vorlesen, bringt der FAZ-Feuilletonist Tilman Spreckelsen in seiner Biografie profund zutage.
Einmal schreibt er auch über die Stimme Preußlers, der man noch den Ton des Grundschullehrers anhöre, dem überfüllte Klassen kleiner Schüler gebannt zuhörten. Preußler ist 1923 geboren, gehörte zu den Jahrgängen, die in der Nazizeit sehr jung, aber alt genug waren, um sich mitschuldig zu machen, zumindest zu Mitläufern zu werden und in den Krieg zu ziehen.
Aus dem ist Preußler erst 1949 zurückgekommen, nach fünf Jahren in russischer Gefangenschaft. Vor einem Jahr hat der Germanist Carsten Gansel, nachdem er zufällig in einem Moskauer Archiv auf die Kriegsgefangenenakte von Preußler gestoßen war, sein Buch „Kind einer schwierigen Zeit. Otfried Preußlers frühe Jahre“ (Galiani-Verlag) veröffentlicht, über Texte des Autors aus Jugend und Gefangenschaft. Sie klingen heimattümelnd und sind in vieler Hinsicht auf der Linie der NS-Ideologie, etwa was die Expansion des „deutschen Reichs“ angeht. Gansel diskutiert Schuld und Verantwortung heftiger als Spreckelsen, vergleicht Preußlers Laufbahn etwa mit der des Autors Franz Fühmann und scheint sich Grundlagen für eine Bewertung schaffen zu wollen. Dagegen ist die neue Biografie nüchterner, stellt aber alles zur Verfügung, was in jüngerer Zeit an Erkenntnissen dazugekommen ist, auch aus dem Nachlass des 2013 gestorbenen Autors. Etwa über die Mitgliedsanträge des noch nicht volljährigen Preußler bei Reichsschrifttumskammer und NSDAP.
Man erfährt zuerst von der Familie, beide Eltern waren Lehrer, der Vater Josef Syrowatka zudem eine Art Heimatpfleger, Volkskundler. Erst 1941 ließ er den Familiennamen eindeutschen zu „Preußler“. Die Welt der böhmischen Sagen, Naturgeister und Weihnachtskrippen ist später auch die, aus der sich Preußlers Kinderliteratur speist. Aber doch immer in zeitgemäßen Bearbeitungen, wobei er Erfahrungen des Kriegs und Überlebens, ihre Mahnung zur individuellen Verantwortung in die alten Stoffe webt, wie Spreckelsen betont.
An der Skizze von Preußlers Herkunftsmilieu kann man aber, so wenig Spreckelsen das kommentiert, doch erkennen, wie das Kultivieren einer regional-deutschen Identität Vater und Sohn Syrowatka anfällig machte für den Triumphalismus des Deutschtums in der Nazizeit – in einer Gegend, die von Bevölkerungsteilen verschiedener Sprachen und nationaler Zugehörigkeiten bewohnt war. Jahrzehnte später hat Preußler über das Scheitern des Zusammenlebens der Völker in Böhmen offenbar viel nachgedacht. Zu den Konsequenzen, die er daraus zog, gehörte es, Kontakte zu tschechischen Autoren zu pflegen. Josef Ladas Kinderbuch „Kater Mikesch“ etwa verdankt seine Bekanntheit im deutschsprachigen Raum Preußlers Übersetzung.
Eindrucksvoll sind die letzten Kapitel der Biografie, die zeigen, wie Otfried Preußler am Versuch, seine Erlebnisse als Soldat und in der Gefangenschaft aufzuschreiben, gescheitert ist. Spreckelsen weist durch Zitate darauf hin, wie sich die Sprache von Krieg und Rohheit in das Schreiben des alternden Autors zurückschleicht und seinen sonst so souveränen Erzählton beschädigt. Und wie ihn in den späten Achtzigern die Frage einholte, „warum gerade er den Krieg überlebt hat, und so viele andere nicht“. Preußler selbst beschrieb sich als „unverdient in die Jahre gekommen“.
Spreckelsen vollzieht die Lebensstationen nach, nutzt dabei elegant, dass sich die Kritik an den Verhältnissen der Zeit eigentlich aus diesen selbst ergibt. Dazu stellt er die detailgenaue Würdigung der Bücher Otfried Preußlers. Vor allem auch seiner kleinen und großen Helden: Krabat, Hexe, Wassermann und Gespenst, seiner Version des Rübezahl und des Lehrers Klingsor. Den liebevollen, womöglich lebenslangen Preußler-Leser erkennt man an der sorgsamen Erwähnung auch der Nebenfiguren: die Kantorka, der Nörgelseff, der Uhu Schuhu, der Karpfen Cyprinus und so viele andere. Spreckelsen hat sie bei seiner Wiederbelebung von Preußlers Welt glücklicherweise nicht gering geschätzt.
MARIE SCHMIDT
Noch nicht mal volljährig wollte
Preußler schon in die NSDAP
Tilman Spreckelsen:
Otfried Preußler.
Ein Leben in Geschichten. Thienemann,
Stuttgart 2023.
304 Seiten, 29 Euro.
Ab 14 Jahren.
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Nordböhmen
Tilman Spreckelsens
Biografie über den großen
Kinderbuchautor Otfried Preußler
Bei Streamingdiensten gibt es noch die Hörbücher, die Otfried Preußler selber aufgenommen hat. Er liest den „Krabat“ vor, erzählt vom „Hörbe mit dem großen Hut“, und in seiner Sprachfärbung, dem kullernden R und den weich geschliffenen Konsonanten, hört man die Gegend, aus der er kommt. Dass Nordböhmen, genauer Liberec in Tschechien, das in seiner Kindheit Reichenberg hieß, alles grundiert und bestimmt, was wir heute noch von Preußler kennen und Kindern vorlesen, bringt der FAZ-Feuilletonist Tilman Spreckelsen in seiner Biografie profund zutage.
Einmal schreibt er auch über die Stimme Preußlers, der man noch den Ton des Grundschullehrers anhöre, dem überfüllte Klassen kleiner Schüler gebannt zuhörten. Preußler ist 1923 geboren, gehörte zu den Jahrgängen, die in der Nazizeit sehr jung, aber alt genug waren, um sich mitschuldig zu machen, zumindest zu Mitläufern zu werden und in den Krieg zu ziehen.
Aus dem ist Preußler erst 1949 zurückgekommen, nach fünf Jahren in russischer Gefangenschaft. Vor einem Jahr hat der Germanist Carsten Gansel, nachdem er zufällig in einem Moskauer Archiv auf die Kriegsgefangenenakte von Preußler gestoßen war, sein Buch „Kind einer schwierigen Zeit. Otfried Preußlers frühe Jahre“ (Galiani-Verlag) veröffentlicht, über Texte des Autors aus Jugend und Gefangenschaft. Sie klingen heimattümelnd und sind in vieler Hinsicht auf der Linie der NS-Ideologie, etwa was die Expansion des „deutschen Reichs“ angeht. Gansel diskutiert Schuld und Verantwortung heftiger als Spreckelsen, vergleicht Preußlers Laufbahn etwa mit der des Autors Franz Fühmann und scheint sich Grundlagen für eine Bewertung schaffen zu wollen. Dagegen ist die neue Biografie nüchterner, stellt aber alles zur Verfügung, was in jüngerer Zeit an Erkenntnissen dazugekommen ist, auch aus dem Nachlass des 2013 gestorbenen Autors. Etwa über die Mitgliedsanträge des noch nicht volljährigen Preußler bei Reichsschrifttumskammer und NSDAP.
Man erfährt zuerst von der Familie, beide Eltern waren Lehrer, der Vater Josef Syrowatka zudem eine Art Heimatpfleger, Volkskundler. Erst 1941 ließ er den Familiennamen eindeutschen zu „Preußler“. Die Welt der böhmischen Sagen, Naturgeister und Weihnachtskrippen ist später auch die, aus der sich Preußlers Kinderliteratur speist. Aber doch immer in zeitgemäßen Bearbeitungen, wobei er Erfahrungen des Kriegs und Überlebens, ihre Mahnung zur individuellen Verantwortung in die alten Stoffe webt, wie Spreckelsen betont.
An der Skizze von Preußlers Herkunftsmilieu kann man aber, so wenig Spreckelsen das kommentiert, doch erkennen, wie das Kultivieren einer regional-deutschen Identität Vater und Sohn Syrowatka anfällig machte für den Triumphalismus des Deutschtums in der Nazizeit – in einer Gegend, die von Bevölkerungsteilen verschiedener Sprachen und nationaler Zugehörigkeiten bewohnt war. Jahrzehnte später hat Preußler über das Scheitern des Zusammenlebens der Völker in Böhmen offenbar viel nachgedacht. Zu den Konsequenzen, die er daraus zog, gehörte es, Kontakte zu tschechischen Autoren zu pflegen. Josef Ladas Kinderbuch „Kater Mikesch“ etwa verdankt seine Bekanntheit im deutschsprachigen Raum Preußlers Übersetzung.
Eindrucksvoll sind die letzten Kapitel der Biografie, die zeigen, wie Otfried Preußler am Versuch, seine Erlebnisse als Soldat und in der Gefangenschaft aufzuschreiben, gescheitert ist. Spreckelsen weist durch Zitate darauf hin, wie sich die Sprache von Krieg und Rohheit in das Schreiben des alternden Autors zurückschleicht und seinen sonst so souveränen Erzählton beschädigt. Und wie ihn in den späten Achtzigern die Frage einholte, „warum gerade er den Krieg überlebt hat, und so viele andere nicht“. Preußler selbst beschrieb sich als „unverdient in die Jahre gekommen“.
Spreckelsen vollzieht die Lebensstationen nach, nutzt dabei elegant, dass sich die Kritik an den Verhältnissen der Zeit eigentlich aus diesen selbst ergibt. Dazu stellt er die detailgenaue Würdigung der Bücher Otfried Preußlers. Vor allem auch seiner kleinen und großen Helden: Krabat, Hexe, Wassermann und Gespenst, seiner Version des Rübezahl und des Lehrers Klingsor. Den liebevollen, womöglich lebenslangen Preußler-Leser erkennt man an der sorgsamen Erwähnung auch der Nebenfiguren: die Kantorka, der Nörgelseff, der Uhu Schuhu, der Karpfen Cyprinus und so viele andere. Spreckelsen hat sie bei seiner Wiederbelebung von Preußlers Welt glücklicherweise nicht gering geschätzt.
MARIE SCHMIDT
Noch nicht mal volljährig wollte
Preußler schon in die NSDAP
Tilman Spreckelsen:
Otfried Preußler.
Ein Leben in Geschichten. Thienemann,
Stuttgart 2023.
304 Seiten, 29 Euro.
Ab 14 Jahren.
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