Vieles an Ottilie bleibt noch zu entdecken, fast alles Bekannte zu relativieren. Die junge Ottilie, aus altem Adel, wächst in Weimar bei ihrer Mutter und Großmutter auf, beide Hofdamen des Herzoglichen Hofs, und verfällt, wie so viele ihrer Zeit, Goethes übermächtigem Einfluss, der Freiheit und Selbstbestimmung praktiziert und auch Ottilie zugesteht. In der Ehe mit Goethes viel konventionel-lerem Sohn findet sie jedoch nie Erfüllung. Ihre Sehnsucht nach Liebe bleibt vor den erbarmungslosen gesellschaftlichen Regeln des 19. Jhdt.s chancenlos, so sehr der 'Vater' sie in ihrem Drang auch unterstützt. Nach Goethes Tod verlässt Ottilie das allzu enge Weimar. Teils auf der Flucht, teils selbstgewählt sucht sie in neuen Kreisen nach einem erfüllten Leben. Als Frau bleibt sie jedoch in ihrer Epoche von nahezu jedem gesellschaftlichen Wirken ausgeschlossen. Ottilie fördert und vermittelt Literatur, wo immer sie ihr begegnet. Nachdem Sie in Weimar eine literarische Schlüsselstellung eingenommen hatte, verkehren in ihrem Wiener Salon die Autoren des 'Jungen Deutschland', die maßgeblich auf die Revolution von 1848 einwirken. Als Goethes 100. Geburtstag jedoch zu einer öffentlichen Ausstellung von dessen - d.h. Ottilies - Familie zu verkommen droht, verweigert sie sich. Dieses Buch würdigt Ottilie von Goethes vollständig über alle Phasen ihres Lebens. In den Zeugnissen ihrer selbst wie ihrer Zeitgenossen zeigt sich dabei, dass die Flamme der Selbstbestimmung, die in Ottilie brannte, auch nach 150 Jahren und in moderneren Zeiten nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt hat.
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