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Seine geschmeidig-raue Stimme ist unverwechselbar, seinen melancholisch lächelnden Blick vergisst niemand. Otto Sander ist einer der Großen seines Fachs. Das Theater hat ihn groß gemacht, Kino und Fernsehen populär. Durch die Filme von Wim Wenders hat er Kult-Status erreicht. Die "Berliner Zeitung" nannte Otto Sander zudem den "berlinischen Schauspieler schlechthin". Und als Sprecher ist er schlicht die Stimme. Dieses Porträt, dessen Entstehung Otto Sander engagiert begleitet hat, konzentriert sich auf seine künstlerische Arbeit für Theater, Kino und Fernsehen. Dokumentiert wird die…mehr

Produktbeschreibung
Seine geschmeidig-raue Stimme ist unverwechselbar, seinen melancholisch lächelnden Blick vergisst niemand. Otto Sander ist einer der Großen seines Fachs. Das Theater hat ihn groß gemacht, Kino und Fernsehen populär. Durch die Filme von Wim Wenders hat er Kult-Status erreicht. Die "Berliner Zeitung" nannte Otto Sander zudem den "berlinischen Schauspieler schlechthin". Und als Sprecher ist er schlicht die Stimme.
Dieses Porträt, dessen Entstehung Otto Sander engagiert begleitet hat, konzentriert sich auf seine künstlerische Arbeit für Theater, Kino und Fernsehen. Dokumentiert wird die Zusammenarbeit mit den großen Regisseuren: u.a. mit Peter Stein, Klaus Michael Grüber, Luc Bondy und Robert Wilson (Theater) sowie Wim Wenders, Eric Rohmer und Margarethe von Trotta (Film). Darüber hinaus erfährt der Leser alles Wichtige über Jugend, Studium und Familie Otto Sanders.
Exklusiv für dieses Buch: Botho Strauß hat zu Ehren Otto Sanders eine Szene verfasst.
Autorenporträt
Klaus Dermutz studierte Theologie, Philosophie und Soziologie in Graz und Berlin. 1992 Promotion zum Dr. theol. Zahlreiche Buchveröffentlichungen. Er lebt als Autor und Theaterkritiker in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zufrieden zeigt sich Rezensentin Irene Bazinger über diese Otto-Sander Biografie, in der ihr der Schauspieler als "gern lebender, eifrig sammelnder Theatermaniac" begegnet ist. Zahlreiche, "amüsant ausgewählte und sorgsam beschriftete Fotografien aus Leben und Karriere", sowie ein umfangreicher Anhang mit einem "minutiösen Verzeichnis der Inszenierungen, Filme, Hörfunkaufnahmen und Tonträger", bei denen Sander mitwirkte, ergänzen das positive Gesamtbild dieser Publikation. Um der "narrativen Vermittelbarkeit willen, auf die das flüchtige Medium Theater angewiesen ist", nehme das Buch, wie die Rezensentin süffisant vermerkt, allerdings "eine gewisse Monotonie" der Darstellung in Kauf. Verdienstvoll, "wenngleich ein wenig bürokratisch-nüchtern" formuliert findet sie die Darstellung von Sanders wenig bekannter Frühzeit. Auch bedauert die Rezensentin, dass das Buch nicht erkundet, ob private oder theaterbetriebsbedingte Gründe dafür verantwortlich sind, dass Sander inzwischen kaum noch auf der Bühne steht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2003

Melancholischer Windhund
Es gibt Verwandlungskünstler, er aber spielt: Otto Sander

Das größte Kompliment für einen Schauspieler, der qua öffentlicher Tätigkeit stets im Vergleich zu Kollegen, Rollenvorgängern und zur Wirklichkeit insgesamt steht, ist vermutlich dieses: daß er unvergleichlich sei. Wie es der österreichische Regisseur Peter Patzak einmal seinem Hauptdarsteller in dem Fernsehzweiteiler "Richard und Cosima" attestiert hat. Denn ob mit Schnurrbart oder Pferdeschwanz, ob mit Samtbarett oder im Matrosenanzug, Otto Sander sehe immer aus wie Otto Sander. Und das war in diesem Fall keine Schmälerung seiner mimetischen Fähigkeiten, sondern eine Verbeugung vor einem außergewöhnlichen Artisten.

Zu seiner Berufsauffassung äußerte Otto Sander 1998: "Man eignet sich eine Rolle an, heißt es doch. Aneignen, sich zu eigen machen. Und wer bin ich dann? Es gibt Verwandlungskünstler; die sind dann ein anderer. Ich spiele."

Dieses charismatische "Ich" hinter dem nicht weniger einprägsamen Spiel ebenso wie den famosen Akteur im angeblich unverstellten (und sich dabei heimlich bestens amüsierenden) "Ich" versuchen Klaus Dermutz und Karin Meßlinger nun in ihrer Biographie zu erforschen. "Otto Sander - Ein Hauch von Anarchie darf schon dabei sein . . ." enthält zahlreiche, amüsant ausgewählte und sorgsam beschriftete Fotografien aus Leben und Karriere des Schauspielers sowie einen umfangreichen Anhang mit einem minuziösen Verzeichnis der Inszenierungen, Filme, Hörfunkaufnahmen und Tonträger, bei denen Sander mitwirkte. Ein staunenswertes künstlerisches Panorama wird da offenbar, darüber hinaus ein Pensum, das bloß ein Arbeitssüchtiger zu bewältigen vermochte. Und ein - bei allem kreativen Chaos - weitsichtiger Organisator im Umgang mit Inspiration, Kraft, Terminen. Sander hat dafür eine simple Erklärung: Er wolle alle Facetten seiner Kunst beherrschen, er wolle kein Fachidiot sein, es bereite ihm, ganz mit Luther, einfach Spaß: "Hier stehe ich und kann nicht anders."

Von der Geburt 1941 in Peine bei Hannover bis zum durch ein Namensschild markierten Stammplatz an der Theke eines Berliner Prominentenlokals reicht der biographische Bogen, den die beiden Autoren chronologisch nachzeichnen. Um der narrativen Vermittelbarkeit willen, auf die das flüchtige Medium Theater notgedrungen angewiesen ist, wird dabei eine gewisse Monotonie im Dreisprung Thema (Inszenierung, Film), Beschreibung des Themas sowie öffentliche Reaktion in Form vor allem von Kritiken in Kauf genommen. Verdienstvoll ist die faktenreiche, wenngleich ein wenig bürokratisch-nüchtern formulierte Beharrlichkeit jedoch allemal und natürlich besonders für Sanders weniger bekannten Anfänge in München und Düsseldorf. In Heidelberg befreundete er sich bald mit dem Kollegen Ulrich Wildgruber und veranlaßte mit diesem Claus Peymann 1967 zu einer Gastinszenierung von Henri Rousseaus "Die Rache einer russischen Waisen". Ein Jahr später ging der Publikumsliebling an die Freie Volksbühne in West-Berlin.

Der Rest ist Theatergeschichte: 1970 wird Otto Sander Ensemblemitglied an der frisch gegründeten Schaubühne am Halleschen Ufer, wo er zum unverzichtbaren Stamm- und Führungsspieler reifte. Als melancholischer Windhund und komödiantischer Tragöde mit markantem Reibeisen-Timbre im heiser überfrorenen Baß prägte er die bedeutendsten Inszenierungen so unterschiedlicher Regisseure wie Peter Stein, Klaus Michael Grüber, Robert Wilson, Claus Peymann, Luc Bondy, Peter Zadek.

Warum er heute keine Lust mehr hat, sich fest an ein Theater zu binden, warum er überhaupt nur mehr selten auf einer Bühne zu sehen ist, ob dafür private oder betriebsbedingte Gründe ausschlaggebend sind, erkundet das Buch leider nicht.

Otto Sanders kontinuierliche Filmarbeit umfaßte, neben den großen Ereignissen wie "Rosa Luxemburg" (1985) von Margarethe von Trotta, "Der Himmel über Berlin" (1987) von Wim Wenders oder "Comedian Harmonists" (1997) von Joseph Vilsmaier, stets auch die kleine Form, also Studenten-, Experimental- und sonstige Low-Budget-Produktionen. 1974 etwa war Sander der einzige Schauspieler in einem Dokumentarfilm über Strafgefangene, "Die Wahrheit wird uns frei machen" von Helmut Wietz. Dafür ließ er sich sogar eine Nacht lang im Gefängnis in Berlin-Tegel einsperren, wovon er noch heute manchmal träumt.

Gegenüber seinen beiden merklich entzückten Biographen glänzt der eigentlich "diskret-verschlossene" Otto Sander nicht bloß als pointensicherer Charmeur, er erzählt außerdem von seinen Ängsten, seinen Verletzungen, seiner Schüchternheit und davon, was es hieß, mit feuerroten Haaren und haufenweise Sommersprossen geboren worden zu sein. Er hat seine Tagebücher über die "Klosterjahre" in der Schaubühne geöffnet, die Taufrede des Vaters hervorgekramt, alte Fotoalben aufgeblättert und erinnert sich sogar an ein paar Aufsatzthemen aus dem Deutschunterricht im Gymnasium und daran, daß er beim Abitur die kunstgeschichtliche Prüfung zur Entstehung und Entwicklung des Bauhauses "mit Bravour" bestand.

Es sind aber gerade solche Details, die das Buch davor bewahren, den Star zum Denkmal seiner selbst zu stilisieren. Statt dessen wird ein - frei nach Brecht - gern lebender, eifrig sammelnder Theater-Maniac sichtbar, der sein Handwerk zumal als Gesichts- und Stimmwerk begreift und als Tugend der Anarchie im Sinne von Chaplin, Bois oder den Marx-Brothers: Tradition auf flinken Beinen und so skurril, daß sie kein Zeitgeist einholen kann.

IRENE BAZINGER

Klaus Dermutz und Karin Meßlinger: "Otto Sander. Ein Hauch von Anarchie darf schon dabei sein . . ." Henschel Verlag, Berlin 2002. 240 S., 100 s/w- und 50 farbige Abb., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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