From the moment Karen Blixen arrived in Kenya in 1914 to manage a coffee plantation, her heart belonged to Africa. Drawn to the intense colours and ravishing landscapes, Karen Blixen spent her happiest years on the farm. This book presents her experiences and friendships with the people around her.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2010Der Luftgeist vom Fuße der Ngong-Berge
Dunkel lockende Welt: Tania Blixens Hauptwerk "Jenseits von Afrika" in einer neu überarbeiteten Übersetzung
Tania Blixens Opus magnum hat zwei verschiedene Titel, weil es in zwei verschiedenen Sprachen geschrieben wurde, im Englischen heißt es "Out of Africa", im Dänischen "Den afrikanske Farm". Auf Deutsch liegt es, übersetzt aus dem Englischen von Rudolf von Scholtz, der auch Kipling übersetzte und bis zu seinem Tod 1956 Intendant des Bayerischen Rundfunks war, weiterhin unter "Afrika, dunkel lockende Welt" bei Manesse vor. Dabei ist der skurril wirkende Titel so lächerlich nicht, weil das Dunkle und Dämonische ähnlich wie bei Joseph Conrad auch für Tania Blixen ungemein verlockend war. Die erste Übersetzung der dänischen Fassung erschien 1989 bei Hinstorff in Rostock, noch vor dem Mauerfall, aus der Feder von Gisela Perlet. Diese Ausgabe hat die hervorragende Übersetzerin dänischer Klassiker jetzt überarbeitet und mit der letztgültigen vollständigen, kritischen Ausgabe abgestimmt, die 2007 bei Gyldendal in Kopenhagen erschien.
Tania Blixen, die am morgigen Samstag vor hundertfünfundzwanzig Jahren in Rungstedl bei Kopenhagen geboren wurde, wo sie 1962 starb, gehört zu jenen Propheten, die im eigenen Land nichts gelten. Dänen mögen Propheten, unruhige Geister, aparte Großdenker nicht besonders, Hans Christian Andersen, Søren Kierkegaard und eben Tania Blixen sind solche Fälle; auch das darf als ein Grund genannt werden, weshalb die Dänin auf Englisch schrieb. Ihr erstes Buch erschien 1934: "Seven Gothic Tales". Die "Sieben phantastische Geschichten" sind geschult an den Schauerromanen von Horace Walpole und Ann Radcliffe und waren in jener Zeit sozialrealistischer Literatur in Dänemark ein Fremdkörper, das deutsche Motto "Frei lebt, wer sterben kann" galt als Provokation, es wird in "Jenseits von Afrika" aufs Neue zitiert. Frederik Schybergs Verriss in der Zeitung "Berlingske Tidende" glich einer Hinrichtung.
Zu Nostalgie und Vornehmheit aber tritt in Tania Blixens Afrika-Buch die echte Schönheit in Stil, Haltung und Geist. Schon auf der ersten Seite kommt der Schlüsselsatz: "Alles in dieser Natur strebte nach Größe, Freiheit und hohem Adel." Das bleiben keine leeren Worte, hier und auf den nächsten Seiten wird eine Totalität erschaffen, die undenkbar scheint: Auf der einen Seite der Reiz des Kargen, auf elementare Linien Reduzierten, auf der anderen Seite die Üppigkeit und das romantisch Heroische. Das geht wohl nur zusammen, weil die Autorin sich selbst als Luftgeist sieht und sich dem Himmel, der "blauen Kraftquelle", mindestens so nah fühlt wie der Erde. Nur in einer solchen Sphäre sind dann sogar die Widersprüche der Französischen Revolution vereinbar: Freiheit und Adel.
Aus taktischen Gründen - Meryl Streep und Robert Redford sieht man die Syphilis nicht an - hat sich der Verlag für den Titel "Jenseits von Afrika" entschieden, obwohl nur "Die afrikanische Farm" richtig wäre. Tania Blixen wollte sogar ihre englische Version so nennen. Das Buch kann als autobiographischer Roman oder als Memoiren gelesen werden, es hat von beidem etwas, sicher ist es auch eine landes- und völkerkundliche Studie. Es ist selten, dass große Faszination und scharfe Analyse so in eins gehen wie hier. Und zwar gerade deshalb, weil zur afrikanischen Natur auch die Afrikaner selbst zählen: "Die Eingeborenen, das war Afrika in Fleisch und Blut." Sie sind Teil der Landschaft, sind "mit ihr in Einklang. In diese Landschaft brachten wir Weißen ständig einen schrillen Misston".
Das Motto lautet "Reiten, Bogenschießen und die Wahrheit sagen", ein Herodot-Zitat, wie die Anmerkungen erklären. Durch Beobachtung und Erfahrung kommt man hier zu einer Wahrheit, die subjektiv ist, aber mit einigem Recht objektive Gültigkeit beansprucht. Sie destilliert Gesetzmäßigkeiten: die Vorurteilslosigkeit der Afrikaner ebenso wie ihren Sinn für das Ergebnis, nicht für das Motiv. Ihre Unaufgeregtheit im Angesicht des Unerwarteten und ihr mangelndes Gefühl für Risiken. Ihre Liebe zu Phantasie und Mythos, ihre Feindschaft gegen jedes System - und Tania Blixen erkennt die Reaktionen auf die kolonialen Machtverhältnisse. Sie beobachtet und konstatiert, aber sie beurteilt nicht. Tania Blixen ist eine Patriarchin, die sich für "ihre Leute" verantwortlich fühlt und ihre Besonderheiten akzeptiert und bewundern kann. Dabei opfert die Erzählerin im Laufe der Geschichte ihre Überlegenheit, den Luftgeist gibt es zuletzt nicht mehr.
Aber natürlich ist "Jenseits von Afrika" vor allem die Geschichte einer großen Liebe: zu einem Kontinent und seinen Menschen, Tieren und Landschaften, zum Ehemann Bror Blixen und zu ihrem Geliebten Denys Finch-Hatton. Und es ist die Geschichte von großen Verlusten. Der Ehemann ist schon gleich am Anfang abwesend, der Geliebte stirbt bei einem Flugzeugabsturz, die Farm geht verloren. Und selbst Afrika, wie es das Buch beschreibt, existiert zum Zeitpunkt der Niederschrift nicht mehr. Tania Blixen erfindet ihr Afrika als ein Paradies, aber besitzen lässt es sich nicht.
Wer aus Tania Blixens Afrika-Buch zitieren will, muss es nun aus diesem tun. Der Unterschied zu "Afrika, dunkel lockende Welt", der Version aus dem Englischen also, ist bedeutend, und zwar nicht nur stilistisch. So heißt der eingangs zitierte Schlüsselsatz in Rudolf von Scholtz' Übersetzung holpernd: "Alles, was man sieht, atmet Größe und Freiheit und unvergleichliche Vornehmheit." Vor allem aber ist die dänische Fassung vollständig und textkritisch gesichert. Sie war ohnehin schon fünfzig Seiten länger als die englische. Darüber hinaus hat auch der Übersetzer Rudolf von Scholtz weiter gekürzt, darunter Kapitel, die für Tania Blixens Selbstverständnis unabdingbar sind, etwa das Kapitel "Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn" aus dem vierten Teil, ein Zitat aus dem ersten Buch Mose, als Jakob mit dem Engel Gottes und um seinen Namen kämpft.
PETER URBAN-HALLE
Tania Blixen: "Jenseits von Afrika". Aus dem Dänischen von Gisela Perlet. Nachwort von Ulrike Draesner. Manesse Verlag, Zürich und München 2010. 416 S., geb., 22,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dunkel lockende Welt: Tania Blixens Hauptwerk "Jenseits von Afrika" in einer neu überarbeiteten Übersetzung
Tania Blixens Opus magnum hat zwei verschiedene Titel, weil es in zwei verschiedenen Sprachen geschrieben wurde, im Englischen heißt es "Out of Africa", im Dänischen "Den afrikanske Farm". Auf Deutsch liegt es, übersetzt aus dem Englischen von Rudolf von Scholtz, der auch Kipling übersetzte und bis zu seinem Tod 1956 Intendant des Bayerischen Rundfunks war, weiterhin unter "Afrika, dunkel lockende Welt" bei Manesse vor. Dabei ist der skurril wirkende Titel so lächerlich nicht, weil das Dunkle und Dämonische ähnlich wie bei Joseph Conrad auch für Tania Blixen ungemein verlockend war. Die erste Übersetzung der dänischen Fassung erschien 1989 bei Hinstorff in Rostock, noch vor dem Mauerfall, aus der Feder von Gisela Perlet. Diese Ausgabe hat die hervorragende Übersetzerin dänischer Klassiker jetzt überarbeitet und mit der letztgültigen vollständigen, kritischen Ausgabe abgestimmt, die 2007 bei Gyldendal in Kopenhagen erschien.
Tania Blixen, die am morgigen Samstag vor hundertfünfundzwanzig Jahren in Rungstedl bei Kopenhagen geboren wurde, wo sie 1962 starb, gehört zu jenen Propheten, die im eigenen Land nichts gelten. Dänen mögen Propheten, unruhige Geister, aparte Großdenker nicht besonders, Hans Christian Andersen, Søren Kierkegaard und eben Tania Blixen sind solche Fälle; auch das darf als ein Grund genannt werden, weshalb die Dänin auf Englisch schrieb. Ihr erstes Buch erschien 1934: "Seven Gothic Tales". Die "Sieben phantastische Geschichten" sind geschult an den Schauerromanen von Horace Walpole und Ann Radcliffe und waren in jener Zeit sozialrealistischer Literatur in Dänemark ein Fremdkörper, das deutsche Motto "Frei lebt, wer sterben kann" galt als Provokation, es wird in "Jenseits von Afrika" aufs Neue zitiert. Frederik Schybergs Verriss in der Zeitung "Berlingske Tidende" glich einer Hinrichtung.
Zu Nostalgie und Vornehmheit aber tritt in Tania Blixens Afrika-Buch die echte Schönheit in Stil, Haltung und Geist. Schon auf der ersten Seite kommt der Schlüsselsatz: "Alles in dieser Natur strebte nach Größe, Freiheit und hohem Adel." Das bleiben keine leeren Worte, hier und auf den nächsten Seiten wird eine Totalität erschaffen, die undenkbar scheint: Auf der einen Seite der Reiz des Kargen, auf elementare Linien Reduzierten, auf der anderen Seite die Üppigkeit und das romantisch Heroische. Das geht wohl nur zusammen, weil die Autorin sich selbst als Luftgeist sieht und sich dem Himmel, der "blauen Kraftquelle", mindestens so nah fühlt wie der Erde. Nur in einer solchen Sphäre sind dann sogar die Widersprüche der Französischen Revolution vereinbar: Freiheit und Adel.
Aus taktischen Gründen - Meryl Streep und Robert Redford sieht man die Syphilis nicht an - hat sich der Verlag für den Titel "Jenseits von Afrika" entschieden, obwohl nur "Die afrikanische Farm" richtig wäre. Tania Blixen wollte sogar ihre englische Version so nennen. Das Buch kann als autobiographischer Roman oder als Memoiren gelesen werden, es hat von beidem etwas, sicher ist es auch eine landes- und völkerkundliche Studie. Es ist selten, dass große Faszination und scharfe Analyse so in eins gehen wie hier. Und zwar gerade deshalb, weil zur afrikanischen Natur auch die Afrikaner selbst zählen: "Die Eingeborenen, das war Afrika in Fleisch und Blut." Sie sind Teil der Landschaft, sind "mit ihr in Einklang. In diese Landschaft brachten wir Weißen ständig einen schrillen Misston".
Das Motto lautet "Reiten, Bogenschießen und die Wahrheit sagen", ein Herodot-Zitat, wie die Anmerkungen erklären. Durch Beobachtung und Erfahrung kommt man hier zu einer Wahrheit, die subjektiv ist, aber mit einigem Recht objektive Gültigkeit beansprucht. Sie destilliert Gesetzmäßigkeiten: die Vorurteilslosigkeit der Afrikaner ebenso wie ihren Sinn für das Ergebnis, nicht für das Motiv. Ihre Unaufgeregtheit im Angesicht des Unerwarteten und ihr mangelndes Gefühl für Risiken. Ihre Liebe zu Phantasie und Mythos, ihre Feindschaft gegen jedes System - und Tania Blixen erkennt die Reaktionen auf die kolonialen Machtverhältnisse. Sie beobachtet und konstatiert, aber sie beurteilt nicht. Tania Blixen ist eine Patriarchin, die sich für "ihre Leute" verantwortlich fühlt und ihre Besonderheiten akzeptiert und bewundern kann. Dabei opfert die Erzählerin im Laufe der Geschichte ihre Überlegenheit, den Luftgeist gibt es zuletzt nicht mehr.
Aber natürlich ist "Jenseits von Afrika" vor allem die Geschichte einer großen Liebe: zu einem Kontinent und seinen Menschen, Tieren und Landschaften, zum Ehemann Bror Blixen und zu ihrem Geliebten Denys Finch-Hatton. Und es ist die Geschichte von großen Verlusten. Der Ehemann ist schon gleich am Anfang abwesend, der Geliebte stirbt bei einem Flugzeugabsturz, die Farm geht verloren. Und selbst Afrika, wie es das Buch beschreibt, existiert zum Zeitpunkt der Niederschrift nicht mehr. Tania Blixen erfindet ihr Afrika als ein Paradies, aber besitzen lässt es sich nicht.
Wer aus Tania Blixens Afrika-Buch zitieren will, muss es nun aus diesem tun. Der Unterschied zu "Afrika, dunkel lockende Welt", der Version aus dem Englischen also, ist bedeutend, und zwar nicht nur stilistisch. So heißt der eingangs zitierte Schlüsselsatz in Rudolf von Scholtz' Übersetzung holpernd: "Alles, was man sieht, atmet Größe und Freiheit und unvergleichliche Vornehmheit." Vor allem aber ist die dänische Fassung vollständig und textkritisch gesichert. Sie war ohnehin schon fünfzig Seiten länger als die englische. Darüber hinaus hat auch der Übersetzer Rudolf von Scholtz weiter gekürzt, darunter Kapitel, die für Tania Blixens Selbstverständnis unabdingbar sind, etwa das Kapitel "Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn" aus dem vierten Teil, ein Zitat aus dem ersten Buch Mose, als Jakob mit dem Engel Gottes und um seinen Namen kämpft.
PETER URBAN-HALLE
Tania Blixen: "Jenseits von Afrika". Aus dem Dänischen von Gisela Perlet. Nachwort von Ulrike Draesner. Manesse Verlag, Zürich und München 2010. 416 S., geb., 22,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.07.2010Der ganze Erdteil war ihr Handspiegel
Tania Blixens Hauptwerk „Jenseits von Afrika“ in einer nuancierteren Neuübersetzung aus dem Dänischen
Manchen Büchern sollte man unter den Rock gucken, um sie als Gesamtkunstwerk würdigen zu können. Die neue deutsche Ausgabe des Klassikers „Jenseits von Afrika“, dessen Autorin bei uns als Tania Blixen bekannt ist, trägt unter dem Schutzumschlag einen Einband mit edler, kakaofarbener Antilopenfell-Anmutung. Und auf dem Deckel steht, in Versalien, nichts als das Wort „Afrika“ – der Name des Kontinents, den just im Erscheinungsjahr ein sportliches Großereignis ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit rückt. Ein wenig Opportunismus muss sein, obwohl (oder gerade weil) es gleichzeitig den 125. Geburtstag von Tania alias Karen Blixen, alias Isak Dinesen, alias Peter Lawless, alias Pierre Andrézel, alias Osceola zu feiern gilt.
Mit der dänischen Baronin, die unter so vielen phantasievollen Pseudonymen schrieb, ist die Literaturwissenschaft noch längst nicht fertig. Und auch für weniger professionelle Leser, denen der Titel ihres Hauptwerks so unweigerlich wie irreführend Meryl Streep und Robert Redford vor das innere Auge zaubert, hält diese Neuausgabe einige Entdeckungen bereit. Es handelt sich um die Übersetzung des dänischen Originals, das Blixen 1937 als „Den afrikanske Farm“ erst nach der englischen Version „Out of Africa“ vorlegte. Auf letzterer aber basierte die jahrzehntelang gültige deutsche Fassung, angefertigt von Rudolf von Scholtz, dem späteren Intendanten des Bayerischen Rundfunks, beträchtlich gekürzt und unter dem heute leicht bizarr wirkenden Titel „Afrika, dunkel lockende Welt“.
Mythische Überhöhung
1989, noch vor dem Mauerfall, veröffentlichte die Rostocker Nordistin Gisela Perlet ihre Übertragung aus dem Dänischen. Sie hat diese Ausgabe jetzt überarbeitet und mit einer philologisch-kritischen Edition aus Dänemark abgestimmt, die vor drei Jahren erschien. Man hält also erstmals den vollständigen, gesicherten Text in der Hand.
Dafür, dass der Manesse Verlag die alte Scholtz-Übersetzung trotzdem im Programm behält, gibt es gute Gründe: Inzwischen ist die Forschung zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den englischen und dänischen Varianten in Blixens Œuvre weder um einen Fall von genuiner Zweisprachigkeit noch von schlichter Selbstübersetzung handelt. Vielmehr weisen die Fassungen jeweils so gravierende semantische, stilistische und ästhetische Unterschiede auf, dass man jede für sich als geschlossene Komposition und eigenständiges Werk betrachten kann.
Es hätte freilich auch einiges dafür gesprochen, die neue Ausgabe, dem Originaltitel entsprechend, „Die afrikanische Farm“ zu nennen. Verständlich ist andererseits, dass man auf den Nachhall von Sydney Pollacks Erfolgsfilm nicht verzichten wollte, der – noch ein Jubiläum – vor 25 Jahren in die Kinos kam. Nun aber dürfte manch einer wieder vergeblich nach der Liebesaffäre zwischen Tania Blixen und dem britischen Armeeoffizier und Großwildjäger Denys Finch-Hatton suchen. Sie wird im Buch allenfalls angedeutet. „Jenseits von Afrika“ ist kein Roman – und schon gar nicht die Lebensgeschichte der Schriftstellerin, die als Karen Dinesen zur Welt kam, durch Heirat mit ihrem Halbvetter zur Baronin von Blixen-Finecke wurde und 17 Jahre lang unter abenteuerlichen Umständen eine Kaffeefarm im heutigen Kenia betrieb.
Das Script zum Kinomelodram stützte sich vor allem auf Blixens Erzählung „Schatten über dem Gras“ sowie auf Briefe und biographische Literatur. Ihr Afrika-Erinnerungsbuch, locker gefügt aus Episoden und Betrachtungen, liefert zu jenen Ereignissen den atmosphärischen und gedanklichen Hintergrund. Es ist der ebenso leidenschaftliche wie poetische Versuch, sich einem fremden Kontinent, seinen Landschaften und Menschen anzunähern, sich in das Fremde so weit wie möglich einzufühlen und die Wunder eines bedrohten Paradieses für die Nachwelt festzuhalten. Nicht zuletzt solche Beobachtungen haben das Buch berühmt gemacht: „In diese Landschaft brachten wir Weißen, mit unseren schweren Stiefeln und fast immer in Eile, ständig einen schrillen Misston.“ In der englischen Version aber fehlt das Adjektiv „schwer“, und der Misston wird nicht „ständig“, sondern nur „oft“ erzeugt – ein kleiner, doch aussagekräftiger Unterschied.
Über die dänische Fassung, die Gisela Perlet mit großem stilistischen Feingefühl ins Deutsche gebracht hat, lässt sich generell berichten, dass sie reicher, differenzierter und nuancierter im Ausdruck ist als die englische, obwohl das Dänische einen viel kleineren Wortschatz besitzt. Verstärkt wird dadurch allerdings auch die mythische Überhöhung der afrikanischen Erlebnisse und eine gewisse Selbststilisierung der Verfasserin, ein von literarischen Zitaten und kulturgeschichtlichen Anspielungen flankierter Aristokratismus.
Attitüde einer Herrscherin
Das wiederum erklärt die kühle Rezeption, die dem Werk in Dänemark zuteil wurde, wo man von der Literatur damals einen nüchternen Ton und eine sozialrealistische Perspektive erwartete. Manche Kritiker warfen Blixen egozentrische Selbstdarstellung vor, Schwülstigkeit und die Attitüde einer „weißen Herrscherin“, die, wie es der Schriftsteller Kai Friis-Møller ausdrückte, „einen ganzen Erdteil als ihren Handspiegel“ benutzt habe.
Zwar ist die Zivilisations- und Kolonialismuskritik im Buch unübersehbar, aber eine gewisse spätfeudal-patriarchalische Haltung legt die Verfasserin durchaus an den Tag, sosehr sie die Eingeborenen auch liebt und respektiert. Da heißt es dann ganz unbekümmert: „Alle Neger haben von Natur aus einen Hang zu ausgeprägter Schadenfreude.“ Auch zeigt sie, statt „modern“ zu sein, eine deutliche Affinität zur Romantik und zur Fin-de-Siècle-Dichtung. Was freilich für uns Heutige das Lesevergnügen steigert: Ihr Erzählton, wie er uns nun aus dem Dänischen übermittelt wird, ist vornehm, geistreich und voller Farben. Das Afrika, das sie schilderte, gibt es schon lange nicht mehr. Tania Blixens Opus magnum jedoch wird – zumal in dieser Fassung – noch einige Generationen überleben. KRISTINA MAIDT-ZINKE
TANIA BLIXEN: Jenseits von Afrika. Aus dem Dänischen von Gisela Perlet. Mit einem Nachwort von Ulrike Draesner. Manesse Verlag, Zürich und München 2010. 416 Seiten, 22,95 Euro.
Tania Blixen 1930 vor ihrem Haus in Kenia, wo sie eine Kaffeefarm betrieb. Foto: akg-images
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Tania Blixens Hauptwerk „Jenseits von Afrika“ in einer nuancierteren Neuübersetzung aus dem Dänischen
Manchen Büchern sollte man unter den Rock gucken, um sie als Gesamtkunstwerk würdigen zu können. Die neue deutsche Ausgabe des Klassikers „Jenseits von Afrika“, dessen Autorin bei uns als Tania Blixen bekannt ist, trägt unter dem Schutzumschlag einen Einband mit edler, kakaofarbener Antilopenfell-Anmutung. Und auf dem Deckel steht, in Versalien, nichts als das Wort „Afrika“ – der Name des Kontinents, den just im Erscheinungsjahr ein sportliches Großereignis ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit rückt. Ein wenig Opportunismus muss sein, obwohl (oder gerade weil) es gleichzeitig den 125. Geburtstag von Tania alias Karen Blixen, alias Isak Dinesen, alias Peter Lawless, alias Pierre Andrézel, alias Osceola zu feiern gilt.
Mit der dänischen Baronin, die unter so vielen phantasievollen Pseudonymen schrieb, ist die Literaturwissenschaft noch längst nicht fertig. Und auch für weniger professionelle Leser, denen der Titel ihres Hauptwerks so unweigerlich wie irreführend Meryl Streep und Robert Redford vor das innere Auge zaubert, hält diese Neuausgabe einige Entdeckungen bereit. Es handelt sich um die Übersetzung des dänischen Originals, das Blixen 1937 als „Den afrikanske Farm“ erst nach der englischen Version „Out of Africa“ vorlegte. Auf letzterer aber basierte die jahrzehntelang gültige deutsche Fassung, angefertigt von Rudolf von Scholtz, dem späteren Intendanten des Bayerischen Rundfunks, beträchtlich gekürzt und unter dem heute leicht bizarr wirkenden Titel „Afrika, dunkel lockende Welt“.
Mythische Überhöhung
1989, noch vor dem Mauerfall, veröffentlichte die Rostocker Nordistin Gisela Perlet ihre Übertragung aus dem Dänischen. Sie hat diese Ausgabe jetzt überarbeitet und mit einer philologisch-kritischen Edition aus Dänemark abgestimmt, die vor drei Jahren erschien. Man hält also erstmals den vollständigen, gesicherten Text in der Hand.
Dafür, dass der Manesse Verlag die alte Scholtz-Übersetzung trotzdem im Programm behält, gibt es gute Gründe: Inzwischen ist die Forschung zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den englischen und dänischen Varianten in Blixens Œuvre weder um einen Fall von genuiner Zweisprachigkeit noch von schlichter Selbstübersetzung handelt. Vielmehr weisen die Fassungen jeweils so gravierende semantische, stilistische und ästhetische Unterschiede auf, dass man jede für sich als geschlossene Komposition und eigenständiges Werk betrachten kann.
Es hätte freilich auch einiges dafür gesprochen, die neue Ausgabe, dem Originaltitel entsprechend, „Die afrikanische Farm“ zu nennen. Verständlich ist andererseits, dass man auf den Nachhall von Sydney Pollacks Erfolgsfilm nicht verzichten wollte, der – noch ein Jubiläum – vor 25 Jahren in die Kinos kam. Nun aber dürfte manch einer wieder vergeblich nach der Liebesaffäre zwischen Tania Blixen und dem britischen Armeeoffizier und Großwildjäger Denys Finch-Hatton suchen. Sie wird im Buch allenfalls angedeutet. „Jenseits von Afrika“ ist kein Roman – und schon gar nicht die Lebensgeschichte der Schriftstellerin, die als Karen Dinesen zur Welt kam, durch Heirat mit ihrem Halbvetter zur Baronin von Blixen-Finecke wurde und 17 Jahre lang unter abenteuerlichen Umständen eine Kaffeefarm im heutigen Kenia betrieb.
Das Script zum Kinomelodram stützte sich vor allem auf Blixens Erzählung „Schatten über dem Gras“ sowie auf Briefe und biographische Literatur. Ihr Afrika-Erinnerungsbuch, locker gefügt aus Episoden und Betrachtungen, liefert zu jenen Ereignissen den atmosphärischen und gedanklichen Hintergrund. Es ist der ebenso leidenschaftliche wie poetische Versuch, sich einem fremden Kontinent, seinen Landschaften und Menschen anzunähern, sich in das Fremde so weit wie möglich einzufühlen und die Wunder eines bedrohten Paradieses für die Nachwelt festzuhalten. Nicht zuletzt solche Beobachtungen haben das Buch berühmt gemacht: „In diese Landschaft brachten wir Weißen, mit unseren schweren Stiefeln und fast immer in Eile, ständig einen schrillen Misston.“ In der englischen Version aber fehlt das Adjektiv „schwer“, und der Misston wird nicht „ständig“, sondern nur „oft“ erzeugt – ein kleiner, doch aussagekräftiger Unterschied.
Über die dänische Fassung, die Gisela Perlet mit großem stilistischen Feingefühl ins Deutsche gebracht hat, lässt sich generell berichten, dass sie reicher, differenzierter und nuancierter im Ausdruck ist als die englische, obwohl das Dänische einen viel kleineren Wortschatz besitzt. Verstärkt wird dadurch allerdings auch die mythische Überhöhung der afrikanischen Erlebnisse und eine gewisse Selbststilisierung der Verfasserin, ein von literarischen Zitaten und kulturgeschichtlichen Anspielungen flankierter Aristokratismus.
Attitüde einer Herrscherin
Das wiederum erklärt die kühle Rezeption, die dem Werk in Dänemark zuteil wurde, wo man von der Literatur damals einen nüchternen Ton und eine sozialrealistische Perspektive erwartete. Manche Kritiker warfen Blixen egozentrische Selbstdarstellung vor, Schwülstigkeit und die Attitüde einer „weißen Herrscherin“, die, wie es der Schriftsteller Kai Friis-Møller ausdrückte, „einen ganzen Erdteil als ihren Handspiegel“ benutzt habe.
Zwar ist die Zivilisations- und Kolonialismuskritik im Buch unübersehbar, aber eine gewisse spätfeudal-patriarchalische Haltung legt die Verfasserin durchaus an den Tag, sosehr sie die Eingeborenen auch liebt und respektiert. Da heißt es dann ganz unbekümmert: „Alle Neger haben von Natur aus einen Hang zu ausgeprägter Schadenfreude.“ Auch zeigt sie, statt „modern“ zu sein, eine deutliche Affinität zur Romantik und zur Fin-de-Siècle-Dichtung. Was freilich für uns Heutige das Lesevergnügen steigert: Ihr Erzählton, wie er uns nun aus dem Dänischen übermittelt wird, ist vornehm, geistreich und voller Farben. Das Afrika, das sie schilderte, gibt es schon lange nicht mehr. Tania Blixens Opus magnum jedoch wird – zumal in dieser Fassung – noch einige Generationen überleben. KRISTINA MAIDT-ZINKE
TANIA BLIXEN: Jenseits von Afrika. Aus dem Dänischen von Gisela Perlet. Mit einem Nachwort von Ulrike Draesner. Manesse Verlag, Zürich und München 2010. 416 Seiten, 22,95 Euro.
Tania Blixen 1930 vor ihrem Haus in Kenia, wo sie eine Kaffeefarm betrieb. Foto: akg-images
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