Die Dissertation beschäftigt sich aus professionstheoretischer Perspektive mit dem Phänomen des pädagogischen Ethos von Lehrer_innen. Sie will eine Antwort auf folgende Frage geben: Wie kann Ethos als Element pädagogischer Professionalität von Lehrer_innen konzipiert werden, und welche Elemente enthält eine solche Theorie des pädagogischen Ethos? Ausgangspunkt ist erstens die Feststellung, dass Ethos zwar als zentrales Element pädagogisch professionellen Handelns gilt, eine systematische Integration in Modelle professionellen Handels aber bislang nicht vorliegt. Zweitens wird die Kritik an einer strukturtheoretischen Professionstheorie geteilt, die durch die Hervorhebung von Widersprüchen und Antinomien im Handeln von Lehrpersonen den Beruf als einen unmöglichen rahmen. Die These lautet, dass sich mit einem Konzept von Ethos als Praxis ein pädagogischer Umgang mit strukturellen Antinomien beschreiben lässt, ohne den Anspruch auf Professionalität aufgeben zu müssen. Ausgehend von Hans Joas' Theorie des kreativen Handelns wird pädagogisches Ethos als spezifische Form experimentellen Handelns mit den Dimensionen Kontingenz, Ethik und Macht konzipiert. Ethos antwortet auf Handlungshemmungen, die durch pädagogische Antinomien ausgelöst werden. Mittels Analysen von videografiertem Unterrichtsmaterial lassen sich die Aspekte Relationalität und Körperlichkeit als Denkvoraussetzungen einer Theorie des pädagogischen Ethos rekonstruieren. Pädagogisches Ethos hat die Qualität eines experimentellen Handelns, weil 'unmögliche' Entscheidungen getroffen werden, die einer Rationalität eigener Art folgen: einer Rationalität, die in dem - unausgesprochenen - Versprechen gegenüber sich selbst gründet, eine 'Sache' gut zu machen.