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Isabella Bossi Fedrigotti hat das Haus ihrer Kindheit, ein Patrizierhaus in Südtirol, erforscht und entwirft ein facettenreiches Bild seiner Vergangenheit und Gegenwart. Sie läßt vier Jahrhunderte lebendig werden, entwirft einen Mikrokosmos, in dem treulose Liebhaber, mittels Gift ermordete Priester, despotische Väter ebenso ihren Platz beanspruchen wie die rebellischen Töchter der jüngsten Generation, zu denen sie selbst zählt.

Produktbeschreibung
Isabella Bossi Fedrigotti hat das Haus ihrer Kindheit, ein Patrizierhaus in Südtirol, erforscht und entwirft ein facettenreiches Bild seiner Vergangenheit und Gegenwart. Sie läßt vier Jahrhunderte lebendig werden, entwirft einen Mikrokosmos, in dem treulose Liebhaber, mittels Gift ermordete Priester, despotische Väter ebenso ihren Platz beanspruchen wie die rebellischen Töchter der jüngsten Generation, zu denen sie selbst zählt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.07.1997

Im Palazzo der Wiederholungen
Isabella Bossi Fedrigotti durchstöbert von neuem ihr Vaterhaus

Knarzende Dielen, verblaßte Tapeten, schummrige Mansarden und der fade Geruch alten Gemäuers gehörten schon immer zum Inventar ihrer Bücher. Schließlich spielten sie alle fast ausschließlich in dem Patrizierhaus im Trentino, wo die italienische Erzählerin Isabella Bossi Fedrigotti selbst aufgewachsen ist. Spätestens nach ihrem vierten Roman "Zwei Schwestern aus gutem Hause" meinte man, diesen Palazzo unauffällig gediegener Provinzaristokratie hinlänglich zu kennen. Nichts Neues ließ sich aus den wurmstichigen Truhen mehr herauszaubern. Großeltern, Onkel und Tanten hatten irgendwie immer ein wenig die gleiche Geschichte, ob sie nun brave österreichische Untertanen, verbiesterte alte Jungfern oder etwas windige, fesche faschistische Offiziere waren. Das Arsenal der Autorin schien erschöpft; ihre ohnehin stark auf autobiographische Reminiszenzen eingeengte Thematik zeugte zunehmend von apathischer Müdigkeit.

Als die auch als Journalistin tätige Bossi Fedrigotti vor drei Jahren ihrem als Korrespondenten entsandten Mann nach Madrid folgte, hoffte man, daß der Ortswechsel frischen Wind in ihr Schreiben bringen würde. Doch weit gefehlt. Die Trennung von Italien bewirkte keineswegs den überfälligen Abstand zur eigenen Biographie und der ihrer Ahnen. Ihr neues, völlig unzutreffend als "Roman" etikettiertes Buch erweist sich vielmehr als eine Art Hausbegehung. Pedantisch akribisch führt die Autorin als Cicerone nun überhaupt nichts anderes mehr vor als die Stiegen, Etagen, Zimmer und Salons ihres Familienbesitzes auf einem Dorf bei Rovereto. "Magazzino Vita", also Lebensspeicher, ist das italienische Original überschrieben. Und das ist ein weitaus redlicherer, dem aufzählend deskriptiven Inhalt eher entsprechender Titel als der deutsche, der einen "Palazzo der verlorenen Träume" verheißt. Dergleichen weckt Erwartungen auf ungetanzte Liebeswalzer und graziös verruchtes Visconti-Rokoko.

Doch mit trivialer Luxuskunst hat dieses sehr persönliche Buch nichts gemeinsam. Statt dessen spürt die Erzählerin die letzten Ecken des alten Herrensitzes auf, begegnet dort den Schemen ihrer ferneren und näheren Vorfahren im milden Licht einer Vergangenheit, deren Figuren kaum mehr als steril stereotype Konturen erhalten. Da sitzen die natürlich "frommen" weiblichen Bediensteten am Küchenherd, schneidet die Mutter Rosen, stellt der patriarchalische Vater Verbote auf, und alles steht im Zeichen einer "strengen, ein wenig rustikalen Harmonie". Vierhundert Jahre alt ist das Haus, in das "nie Revolutionen gedrungen" sind und in dem sich deshalb "im Lauf der Zeit alles wiederholt".

Und ebendiese Wiederholungen, die der "unveränderbaren Anordnung" der Möbel gleichen, lassen diese Vorratskammer des Lebens schal und fast ausgebrannt erscheinen. Bei aller sanften Verhaltenheit und noblen Sprachzucht, die diese Prosa auszeichnet, wünschen wir uns doch etwas weniger Reflexe der eigenen Biographie, etwas mehr Abgelöstheit der Dinge und Gestalten vom kargen Boden ausgedünnter Erinnerungen. UTE STEMPEL

Isabella Bossi Fedrigotti: "Palazzo der verlorenen Träume". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Viktoria von Schirach und Barbara Krohn. Piper Verlag, München 1997. 231 Seiten, geb., 39,80 DM.

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