"Acker und Wiese, Sonne und Mond, Regen und Hitze, Korn und Bier Lebkuchen und Wein, Saat und Ernte. Alle Freuden, Gedanken und Genüsse eines reichen Bauern, der das Seine weise und kinderfroh in primitiver Lust genießt, wird hier in bunten, satten Bilderfolgen besungen. " Hermann Hesse
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.19951916
Felix Timmermanns "Pallieter"
Schwäne ziehen am Himmel: "Es war etwas Furchtbares in dieser göttlichen, lichten, stillen Winternacht. Pallieter rührte sich nicht, und er sah und hörte sie weiter sausen und rauschen, am blühenden Mond vorbei, auf dem sie sich flüchtig abzeichneten, um dann in dem unendlichen Winterabend zu verschwinden." Pallieter, der da sieht und hört, ist kein festumrissener Held wie sonst oft in Romanen, sondern er ist nur Auge und Ohr und alle Sinne sonst für das unwiderstehliche Andringen der Welt. "Der Glatzkopf des Pastors", heißt es ein andermal, "stach glänzend ab gegen die blaue Ferne der Fichtenwälder, und Charlot schwitzte vor Eßlust und Vergnügen." So stehen die nächtlichen Schwäne, ein vorweggeträumter E.T., ganz so im Mond wie hinter dem haarlosen Schädel der Fichtenwald in blauer Ferne. Pallieter scheint ein Bauer, aber schöner als einen Engel findet er ein Flugzeug über seinen Feldern, in das er auch steigt, und als er einmal, mit seiner Braut, mit einer Herde hinter sich in ein Gewitter reitet, singt er den "Walkürenritt" Wagners. Es ist an diesem Pallieter, der die Erde feiert - noch in den wunderlichen Marotten, die die Übersetzung ihm verleiht, wenn er ruft: "O Erde, mit deinen tausend Brüsten, wann wirst du mich je sättigen? Niemals nich!" -, es ist an diesem Pallieter etwas daran, das uns, beim Neulesen jetzt, mit einer beinahe neidvollen Bewunderung erfüllt gegen jene älteren Generationen, denen der Flame Timmermans (1886 bis 1947) einer ihrer geliebtesten Dichter war. Ganz bestimmt haben auch sie an solchen Büchern das gemocht, von dem wir gern glauben, erst wir begriffen es. Sie waren an ihren Dichtern schon klüger geworden, als wir das eben noch waren, wie wir jetzt errötend sehen. (Felix Timmermans: "Pallieter". Aus dem Flämischen übersetzt von Anna Valeton-Hoos. Mit Zeichnungen des Autors. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 1992. 229 S., br., 14,80 DM.) R.V.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Felix Timmermanns "Pallieter"
Schwäne ziehen am Himmel: "Es war etwas Furchtbares in dieser göttlichen, lichten, stillen Winternacht. Pallieter rührte sich nicht, und er sah und hörte sie weiter sausen und rauschen, am blühenden Mond vorbei, auf dem sie sich flüchtig abzeichneten, um dann in dem unendlichen Winterabend zu verschwinden." Pallieter, der da sieht und hört, ist kein festumrissener Held wie sonst oft in Romanen, sondern er ist nur Auge und Ohr und alle Sinne sonst für das unwiderstehliche Andringen der Welt. "Der Glatzkopf des Pastors", heißt es ein andermal, "stach glänzend ab gegen die blaue Ferne der Fichtenwälder, und Charlot schwitzte vor Eßlust und Vergnügen." So stehen die nächtlichen Schwäne, ein vorweggeträumter E.T., ganz so im Mond wie hinter dem haarlosen Schädel der Fichtenwald in blauer Ferne. Pallieter scheint ein Bauer, aber schöner als einen Engel findet er ein Flugzeug über seinen Feldern, in das er auch steigt, und als er einmal, mit seiner Braut, mit einer Herde hinter sich in ein Gewitter reitet, singt er den "Walkürenritt" Wagners. Es ist an diesem Pallieter, der die Erde feiert - noch in den wunderlichen Marotten, die die Übersetzung ihm verleiht, wenn er ruft: "O Erde, mit deinen tausend Brüsten, wann wirst du mich je sättigen? Niemals nich!" -, es ist an diesem Pallieter etwas daran, das uns, beim Neulesen jetzt, mit einer beinahe neidvollen Bewunderung erfüllt gegen jene älteren Generationen, denen der Flame Timmermans (1886 bis 1947) einer ihrer geliebtesten Dichter war. Ganz bestimmt haben auch sie an solchen Büchern das gemocht, von dem wir gern glauben, erst wir begriffen es. Sie waren an ihren Dichtern schon klüger geworden, als wir das eben noch waren, wie wir jetzt errötend sehen. (Felix Timmermans: "Pallieter". Aus dem Flämischen übersetzt von Anna Valeton-Hoos. Mit Zeichnungen des Autors. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 1992. 229 S., br., 14,80 DM.) R.V.
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