Vacancy ist das facettenreiche Porträt zweier Wüstenstädte, das zugleich als Ortsbeschreibung und auch als Geisteshaltung gelesen werden kann. Die beiden Städte Baker (Kalifornien) und Beatty (Nevada) sind an verschiedenen Punkten der legendaäen Mojave-Wüste gelegen und beanspruchen beide den Titel "Gateway to Deathvalley". Dort herrscht das heißeste und trockenste Klima der USA. Aber selbst die unwirtlichen Umstände haben nicht alles Leben abgeschreckt: Die dort ansässigen Menschen haben sich an einem Ort niedergelassen, wo andere höchstens durchreisen, und sind eng miteinander verbunden. Pamela Littky fand ein Amerika vor, in dem zwar nicht die Zeit stillsteht, das aber doch eine ganz eigene kulturelle Zone bildet. Unabhängig, abgehärtet und eigentümlich repräsentieren die Bewohner einen Ort, der auf den ersten Blick nur weit und karg scheint, der jedoch eine passende und wichtige Reflexion der gegenwärtigen amerikanischen Lebensweise sein kann: In häuslichen Szenen, bunten Bars, Wohnwagen, Bingo-Hallen und der stets schönen, unnachgiebigen Landschaft porträtiert Pamela Littky ihre Version Amerikas stolz und lebhaft individuell.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.2014Auf dem Barhocker der Hitze entkommen
Tiefer als im Death Valley kann man in den Vereinigten Staaten nicht sinken - rein topographisch gesehen. Denn es liegt weit unterhalb des Meeresspiegels. Aber auch gesellschaftlich bleiben Höhenflüge die Ausnahme. Die Siedlungen rund um das Todestal sind weder Orte kultureller Vielfalt noch gesellschaftlichen Prestiges. Und wenn sich Baker, Kalifornien, und Beatty, Nevada, werbewirksam als "Gateway to Death Valley" bezeichnen, klingt es doch nur so, als handele es sich um Filialen der Vorhölle. Zumal von einem touristischen Nutzen der ebenso berühmten wie unwirtlichen Landschaft unmittelbar vor der Haustür kaum etwas zu spüren ist. Motelruinen, leere Bars, am Ortsrand verbrannte Autos: Das ist der Eindruck, den die Aufnahmen von Pamela Littky vermitteln. Trotzdem wohnen dort Menschen. Und auch sie hat Pamela Littky fotografiert. Wovon sie leben, erfährt man nicht. Aber irgendwie überleben sie. Und wenn sie wie Statuen ihrer selbst vor bröckelnden Fassaden oder auf der leeren Straße posieren, kann man durchaus Gelassenheit in ihre Gesichtszüge interpretieren. Das muss man ja auch erst einmal aushalten, dieses Leben im staubigen Nichts, über das sich im Sommer eine solche Hitze legt, dass es ist, als laufe man gegen eine Wand. Vielleicht liegen deshalb so viele der Personen in diesem Buch ausgestreckt auf Sofas und Betten. Oder sitzen nachdenklich auf einem Barhocker. Wovon es nicht weit ist zur Ikonographie Edward Hoppers. Und dann legt sich natürlich auch ein Moment von Melancholie über die Szenerie, geradeso, wie es das Klischee verlangt. Eine interessante Entdeckung hat die Fotografin während der Arbeit gemacht: Bankenkrise, Immobilienkrise, Kriege - all das fände keinen Widerhall in Baker und Beatty. Man glaubt es gern. Die Orte sind ja selbst schon die Krise. Aber dabei sehr fotogen.
F.L.
"Vacancy" von Pamela Littky. Kehrer Verlag, Heidelberg 2014. 144 Seiten, 67 Fotografien. Gebunden, 36 Euro.
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Tiefer als im Death Valley kann man in den Vereinigten Staaten nicht sinken - rein topographisch gesehen. Denn es liegt weit unterhalb des Meeresspiegels. Aber auch gesellschaftlich bleiben Höhenflüge die Ausnahme. Die Siedlungen rund um das Todestal sind weder Orte kultureller Vielfalt noch gesellschaftlichen Prestiges. Und wenn sich Baker, Kalifornien, und Beatty, Nevada, werbewirksam als "Gateway to Death Valley" bezeichnen, klingt es doch nur so, als handele es sich um Filialen der Vorhölle. Zumal von einem touristischen Nutzen der ebenso berühmten wie unwirtlichen Landschaft unmittelbar vor der Haustür kaum etwas zu spüren ist. Motelruinen, leere Bars, am Ortsrand verbrannte Autos: Das ist der Eindruck, den die Aufnahmen von Pamela Littky vermitteln. Trotzdem wohnen dort Menschen. Und auch sie hat Pamela Littky fotografiert. Wovon sie leben, erfährt man nicht. Aber irgendwie überleben sie. Und wenn sie wie Statuen ihrer selbst vor bröckelnden Fassaden oder auf der leeren Straße posieren, kann man durchaus Gelassenheit in ihre Gesichtszüge interpretieren. Das muss man ja auch erst einmal aushalten, dieses Leben im staubigen Nichts, über das sich im Sommer eine solche Hitze legt, dass es ist, als laufe man gegen eine Wand. Vielleicht liegen deshalb so viele der Personen in diesem Buch ausgestreckt auf Sofas und Betten. Oder sitzen nachdenklich auf einem Barhocker. Wovon es nicht weit ist zur Ikonographie Edward Hoppers. Und dann legt sich natürlich auch ein Moment von Melancholie über die Szenerie, geradeso, wie es das Klischee verlangt. Eine interessante Entdeckung hat die Fotografin während der Arbeit gemacht: Bankenkrise, Immobilienkrise, Kriege - all das fände keinen Widerhall in Baker und Beatty. Man glaubt es gern. Die Orte sind ja selbst schon die Krise. Aber dabei sehr fotogen.
F.L.
"Vacancy" von Pamela Littky. Kehrer Verlag, Heidelberg 2014. 144 Seiten, 67 Fotografien. Gebunden, 36 Euro.
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