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2 Kundenbewertungen

Im Kongo, diesem endlosen Meer von Bäumen, geschehen seltsame Dinge. Was bedeutet das unheimliche Kreischen aus der Tiefe? Sind das die Klänge der afrikanischen Nacht? Oder der Schrei nach Vergeltung? Thomson ist Ghostwriter und erhält den Auftrag, Garvey's Unschuld zu beweisen. Weshalb ist er angeklagt? Angeblich hat Garvey im Kongo zwei britische Aristokraten und Goldgräber umgebracht. Thomson schreibt dessen Geschichte auf. Der Angeklagte muss unschuldig bleiben, unbedingt. Auf der Suche nach der Wahrheit gerät Thomson immer tiefer in Afrikas Mitte: undurchdringliche Vegetation, emotionale…mehr

Produktbeschreibung
Im Kongo, diesem endlosen Meer von Bäumen, geschehen seltsame Dinge. Was bedeutet das unheimliche Kreischen aus der Tiefe? Sind das die Klänge der afrikanischen Nacht? Oder der Schrei nach Vergeltung? Thomson ist Ghostwriter und erhält den Auftrag, Garvey's Unschuld zu beweisen. Weshalb ist er angeklagt? Angeblich hat Garvey im Kongo zwei britische Aristokraten und Goldgräber umgebracht. Thomson schreibt dessen Geschichte auf. Der Angeklagte muss unschuldig bleiben, unbedingt. Auf der Suche nach der Wahrheit gerät Thomson immer tiefer in Afrikas Mitte: undurchdringliche Vegetation, emotionale Verstrickungen und ein Netz endloser Lügen.

"Ein literarisches Glanzstück." - Hannoversche Allgemeine

"Ein dunkel leuchtendes Juwel, eine rauschhafte Obsession, ein fantastisches Meisterwerk." - Handelszeitung Zürich

Autorenporträt
Albert Sánchez Pinol wurde 1965 in Barcelona geboren. Er ist Anthropologe. "Im Rausch der Stille" ist sein erster Roman, für den er 2003 den Ojo critico de narrativa-Preis erhielt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.10.2007

Wer schreibt hier im Dienst von wem?
Albert Sánchez Piñols Roman „Pandora im Kongo”
Recht früh entscheidet sich Thomas Thomson, die Geschichte so zu erzählen wie der zum Tod verurteilte Marcus Garvey sie ihm erzählt, obwohl er weiß, dass sie eine Lüge ist. Er tut es, weil er früher für den Schundromanautor Dr. Flag als sogenannter Neger gearbeitet, will heißen als Ghostwriter Romane für ihn geschrieben hat. Alle diese Romane handelten von weißen Missionaren im Urwald, die von Schwarzen angegriffen werden und diese anschließend zur Strecke bringen. Jetzt will Thomson die Geschichte einmal anders erzählen.
Den Auftrag, Garveys Geschichte zu schreiben, hat er von dessen Anwalt Norton erhalten, der behauptet, durch das Buch Ideen für die Verteidigung gewinnen zu wollen – das Rätsel um seine tatsächlichen Motive spielt bis zum Schluss von Albert Sánchez Piñols Roman „Pandora im Kongo” eine wichtige Rolle. Thomson hat den Auftrag gerne angenommen, um seinem Leben als outgesourcetem Autor zu entkommen, und außerdem ist Garveys Fall ein interessanter. Der Zigeuner mit zu kurzen Beinen, von dem Thomson sich Woche für Woche in einer Londoner Gefängniszelle seine Geschichte erzählen lässt, soll die Aristokraten William und Richard Craver im Kongo umgebracht haben. Garvey war Faktotum der Brüder, die in einer Goldmine die einheimische Bevölkerung ausgebeutet und zahllose Menschen umgebracht haben. Wenn Garvey ein Mörder ist, dann „ein Mörder von Mördern in einer mörderischen Zeit”, wie Norton einmal sagt. Aber ist er einer?
So weit, so kriminalistisch und so exotisch. Dann wird es phantastisch. Auf einmal beginnt Garvey von einem albinohaft weißen, sechsfingrigen Mann zu erzählen, der eines Tages vor der Mine steht und Herr Tekton getauft wird. Wenig später taucht eine junge Frau der merkwürdigen Erdmenschenrasse auf, Amgan, in die sich Garvey verliebt, während sie von William Craver als Lustsklavin gehalten wird. In der Mine tauchen immer wieder Tektoner auf und versetzen das Arbeiterheer in Angst und Aufruhr. Dass Sánchez Piñol zwischen schwarzen Einwohnern und weißen Besatzern die blendendweißen Tektoner als drittes Element einführt, ist bewusst krude, aber nicht ohne Hintersinn. Nun geht es nicht mehr nur Schwarz gegen Weiß, und der Krieg der Engländer gegen die Tektoner mag zeigen, dass die Hautfarbe beliebig, der Kampf um die Macht aber das Wesentliche ist. Der „Schwarze” ist im Roman immer derjenige, der sich dem Willen der Mächtigen beugen muss, also auch Thomson. Nun steht Garvey noch unter dem abhängigen Autor Thomson. Nicht zuletzt geht es dem katalanischen Autor Sánchez Piñol um das Machtverhältnis zwischen zwei Männern, von denen der eine das Leben des anderen eher zu schreiben als aufzuschreiben scheint.
Mehr Kugeln als Moskitos
Die starken Teile des Buchs sind jedoch die, in denen Thomas Thomson von sich selbst redet, in denen seine Erzählung aus dem Kongo nach London zurückkehrt. Dann kommt seine selbstironische, schwadronierende Art zum Zug, mit der er sich Abschweifungen herauszunehmen scheint, die doch von Sánchez Piñol strategisch eingestreut sind. Erzählt beispielsweise Thomson von seinen Erfahrungen in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs, durch die seine Arbeit am Buch unterbrochen wird, so sind diese Schilderungen wie ein Filmschnitt an ein Kapitel montiert, das von den Gemetzeln der Engländer unter den Tektonern berichtet. Es ist schwer zu sagen, welches Ereignis absurder ist.
Liest sich der Anfang von „Pandora im Kongo” mit der Selbstdarstellung Thomsons flüssig, so wird der Roman in der Mitte zäh, und das nicht, weil nichts passierte. Im Gegenteil, es geschieht eher zu viel, die einzelnen Ereignisse sind knapp und etwas grob erzählt. Ist von einem Gemetzel die Rede, fasst Sánchez Piñol mit weit ausholender und lapidarer Geste zusammen: „Und durch den Luftraum der Lichtung flogen bald mehr Kugeln als Moskitos.” Die schlichte Sprache, nicht immer frei von abgegriffenen Wendungen, verstärkt den Effekt, dass der Leser mit einer Fülle von Ereignissen konfrontiert wird, ohne dass sie plastisch werden. Ob man gern von schneeweißen Fabelwesen liest, ist wiederum eine Frage des Geschmacks.
Humor hat Sánchez Piñols Thomson auf jeden Fall. Sobald er die Erzählung Garveys wiedergibt, nimmt auch er bizarre Formen an: „Der Tektoner stach noch mehrmals ungeschickt auf ihn ein. Der zweite Tektoner rügte den Henker und seine stümperhafte Arbeit”, heißt es einmal. Soll das ein Witz sein, oder geht es dem Autor darum, ein Ausmaß von Grausamkeit zu beschreiben? Aber diese Ungewissheiten braucht es, denn Thomas Thomson weiß wie der Leser nicht genau, was ihm da von Garvey eigentlich aufgetischt wird. Bis zum letzten Kapitel von „Pandora im Kongo” bleibt im Dunkeln, wer der eigentliche Autor der Geschichte von Marcus Garveys Zeit im Kongo ist, wessen Absichten sie dient. Es ist ein beachtlicher Kunstgriff, dass sowohl Dr. Flag als auch Marcus Garvey, Thomas Thomson, der Anwalt Norton und natürlich Albert Sánchez Piñol für die Autorenrolle, die hier über Leben und Tod entscheidet, in Frage kommen. KAI WIEGANDT
ALBERT SÁNCHEZ PINOL: Pandora im Kongo. Roman. Aus dem Katalanischen von Charlotte Frei. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007. 478 Seiten, 19,90 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2007

Hilfe, ich liebe einen Alien

Traue keinem Erzähler: Der Katalane Albert Sánchez Piñol plündert in seinem neuen Roman ungeniert die Abenteuer-, Horror- und Science-Fiction-Genres.

There's a rumblin' groan / down below / there's a big dark town / - there's a world going on / Underground", brüllte einst Tom Waits unnachahmlich verlebt. Wie schauerlich das Geschehen unter der Erdoberfläche tatsächlich sein mag, ist nun in Albert Sánchez Piñols Roman nachzulesen, der sich zugleich auf die Suche nach dem Begriff einer literarischen Wahrheit begibt. Doch bevor Thomas Thomson, der Ich-Erzähler, den Leser in verzweigte, unterirdische Gefilde, mitten ins Herz der Finsternis führt, schildert er ausführlich die Bösartigkeit der taghellen Oberfläche.

Thomson nämlich fühlt sich im Alter verpflichtet, noch einmal ebenjenes Buch zu schreiben, das ihn so erfolgreich machte und dessen Ursprung 1914 in London zu finden ist. Als Ghostwriter, als "literarischer Neger", verfasst der damals Neunzehnjährige abstruse Groschenromane, darunter eben "Pandora im Kongo", für den gleichermaßen erfolgreichen wie rassistischen Doktor Luther Flag, um schon bald festzustellen, dass er nur das letzte Glied in einer Kette der Ausbeutung ist, der Handlanger eines Handlangers eines Handlangers. Über Umwege engagiert ihn schließlich der Anwalt Edward Norton, mit dessen eigentümlichem Namen schon beinahe zu viel über den weiteren Verlauf der Handlung verraten ist - feierte doch der gleichnamige Hollywood-Schauspieler in Gregory Hoblits Thriller "Zwielicht" seinen Durchbruch, indem er, angeblich schizophren, einen Anwalt in die Irre führte und von seiner Unschuld überzeugte. Ähnlichkeiten der Schlusspointe, die an dieser Stelle nicht vorweggenommen werden soll, scheinen beabsichtigt.

Thomson soll die Aussage des Häftlings Marcus Garvey, der beschuldigt wird, zwei adlige Taugenichtse im Kongo ermordet zu haben, zu einem Roman ausarbeiten, um über die Anschaulichkeit der Kunst wider alle Wahrscheinlichkeit dessen Freispruch zu erwirken. Garvey berichtet ihm von der grausamen Expedition der Brüder William und Richard Craver, die Gewaltexzesse gegen Schwarze - wie die Kolonialmacht dieser Zeit - wenn nicht als selbstverständlich, so zumindest als hinnehmbar erachten. Als sie inmitten des Urwalds auf Gold stoßen, öffnen ihre Grabungen die sprichwörtliche Büchse der Pandora - und eine "scientific romance" im Sinne von H. G. Wells beginnt. Zwar sind es nicht die tyrannischen, in Höhlen lebenden "Morlocks" aus Wells' Dystopie "Die Zeitmaschine", die Schrecken und Faszination zugleich hervorrufen, doch sechsfingrige, weißhäutige "Tektoner", nicht minder gefährlich, bedrohen alsbald die ganze Menschheit.

Wie schon in Sánchez Piñols von H. P. Lovecraft geprägtem Debüt "Im Rausch der Stille", das in seiner katalanischen Heimat zum Bestseller avancierte, geht es also vordergründig um die Begegnung mit unbekannten Lebensformen, was der findige Autor, der darüber hinaus als Anthropologe arbeitet, als vielschichtige Kritik des kolonialen Blicks auf das Fremde und vermeintlich Feindliche inszeniert. Im eigentlichen Zentrum steht allerdings das ambivalente Verhältnis der Literatur zur Realität, das im mehrfach vermittelten und parallelisierten Geschehen thematisiert wird, versinnbildlicht durch die undurchdringliche Vegetation des Kongos.

Während sich etwa Garvey laut seinem Bericht in eine im wahrsten Sinne des Wortes heißblütige Tektonerin - ihre Körpertemperatur ist fünf oder sechs Grad wärmer als die menschliche - namens Amgam verliebt, verfällt ihr zusehends auch Thomson, der wiederum in seinem Roman versucht, dem Leser Amgam als liebenswertes Wesen vorzustellen. Um sich der Wahrheit anzunähern, muss Thomson nun, sechzig Jahre nach der Herausgabe einer ersten Version seiner Aufzeichnungen, einige Passagen korrigieren, da sein naiver Wunsch, "ein unkritisches, kosmisches Ohr" zu sein, der systematischen Lüge allzu viele Schlupflöcher bot, was seinen vorgeblichen Tatsachen-Roman zu einem fragwürdigen Unternehmen macht.

So spannend und humorvoll Sánchez Piñol zu erzählen versteht, allzu freimütig bedient er sich bei den Klassikern des Abenteuer-, Horror- oder Science-Fiction-Genres. Wenn er seine zuweilen drastische und pathetische Anverwandlung dieser Vorbilder ad absurdum führt und die verschachtelte Roman-im-Roman-Konstruktion seines eigenen Schaffens ironisch bricht, ist man bald vom postmodernen Spiel ermüdet. Zumal sich der Autor am Ende selbst auf die Schulter klopft, indem er sein raffiniertes Arrangement, das dem aufmerksamen Leser ohnehin nicht entgangen ist, plakativ von Edward Norton erläutern lässt: "Die größte Lüge ist immer die glaubhafteste Lüge", fasst dieser ein verführerisches Motto der verkaufsträchtigen Trivialliteratur zusammen.

Thomsons anfängliche Skepsis, welche die Absurdität von Groschenromanen durchschaut, dient allein dazu, ihn zunächst als vertrauenswürdigen Erzähler zu installieren, um ihn später an eine umso hanebüchenere Räuberpistole glauben zu lassen, die er frohgemut kolportiert. Allein, die Gesetze und Konventionen der Trivialliteratur unterschwellig zu reflektieren und zu entlarven, macht "Pandora im Kongo" noch nicht zu einem tiefgründigen Werk; gleichwohl ist Sánchez Piñols doppelbödige, nur selten berechenbare Schauerromantik intelligent, aufregend und unterhaltsam.

ALEXANDER MÜLLER.

Albert Sánchez Piñol: "Pandora im Kongo". Roman. Aus dem Katalanischen übersetzt von Charlotte Frei. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007. 478 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Überwiegend lobend äußert sich Uwe Stolzmann über den zweiten Roman des katalanischen Schriftstellers Albert Sanchez Pinol. Wie dessen Debüt "Im Rausch der Stille" hat auch "Pandora im Kongo" eine faszinierende und irritierende Wirkung auf ihn ausgeübt. Der Roman um den jungen Ghostwriter Thomas Thomson, der die im Kongo spielende Geschichte des wegen Doppelmordes angeklagten Marcus Garvey aufschreibt und diesem dabei auf dem Leim geht, scheint ihm überaus komplex. Besonders schätzt er Pinols souveräne Beherrschung von Sprache und Komposition. Auf der anderen Seite mutet ihn der Text bisweilen ein wenig lang, der Stoff "ausgewalzt" an. Dabei hebt er die zahllosen Anleihen bei Jules Verne und Joseph Conrad, bei Märchen und Gruselgeschichten hervor. Zudem bedient sich Pinol ausgiebig bei seinem ersten Roman: Die aggressiven Scheusale aus dunklen Welten und die Besessenheit des Helden für eine betörende Fremde kommen Stolzmann sehr bekannt vor. Gleichwohl gesteht er ein, vom Autor, den er als literarischen "Zauberkünstler" würdigt, in den Bann geschlagen worden zu sein.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein literarisches Glanzstück." (Hannoversche Allgemeine)

"Ein dunkel leuchtendes Juwel, eine rauschhafte Obsession, ein fantastisches Meisterwerk." (Handelszeitung Zürich)