Die Historikerin und Genderwissenschaftlerin geht den Paradoxien der sexuellen Liberalisierung im 20. Jahrhundert nach und analysiert Verstrickungen und Ambivalenzen, die uns noch heute zu schaffen machen.Was können, was müssen wir heute von dem komplizierten Vermächtnis der Sexualrechtsaktivisten Magnus Hirschfeld und Johanna Elberskirchen lernen? Was haben die Nationalsozialisten sich von den jüdischen, linken und feministischen Sexualreformern der Weimarer Zeit angeeignet und was abgewehrt und aggressiv verschmäht? Wie hat sich die Homophobie im Laufe des Dritten Reichs verändert und was wurde an die Nachkriegszeit weitergegeben?Neue Reihe: Was ist Normalität? Interdisziplinäre Forschungen im Feld der Queer-Studies.Die neue Vortrags- und Schriften-Reihe »Hirschfeld-Lectures« versteht sich als Impulsgeberin für die Darstellung geschichtlicher Zusammenhänge und aktueller Fragestellungen hinsichtlich der Verfolgung, der Diskriminierung und des Alltags von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Trans- und Intersexuellen (LGBT).
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Interessiert hat Stephan Speicher diesen Vortrag der Historikerin Dagmar Herzog über Sexualität im Nationalsozialismus gelesen. Die lange populäre Meinung, Triebunterdrückung und Sexualfeindlichkeit kennzeichneten die Sexualmoral in Nazi-Deutschland, wird von der Autorin in seinen Augen überzeugend zurecht gerückt. Deutlich wird für ihn, dass - bei durchaus unterschiedlichen sexualmoralischen Auffassungen innerhalb der NSDAP - insgesamt eine liberale Haltung zur Sexualität dominierte und dass vorehelicher Sex und eheliche Untreue keineswegs verdammt wurden, während die Homosexuellen allerdings verfolgt wurden. Erhellend findet Speicher insbesondere Herzogs Ausführungen über die Theorien, derer sich die Nazis bedienten, um ihre Homophobie zu begründen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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