Seine Streifzüge führen den Fotografen durch die Strassen und über die Plätze von Paris, in Cafés, Brasserien, Hotels, Waschsalons, Bibliotheken, Galerien und Museen. Er durchstreift Gärten und Parks, besucht Blumenmärkte, hält bei Telefonkabinen und zerbeulten Autos an, beobachtet Katzen und Vögel, setzt sich in Vorortzüge, verweilt bei einem Teich, fotografiert Jogger, Schmetterlinge, einsame Männer, Paare. Und immer wieder sind es berückende Frauenporträts, mit denen uns der Fotograf, dessen Herz für Paris schlägt, in seinen Bann zieht.
Poet müsste man sein. Dann, womöglich, fiel einem die rechte Formulierung ein, die das Spiel der Sonne auf der nackten Schulter einer Frau verdient hat. Aber bisweilen versagen sich selbst Poeten das Wort, so wie Gianni Kuhn in seinem kleinen, schmalen, dünnen, aber umso entzückenderen Buch "Paris, weiter", in dem er in einer bezaubernden Episode beschreibt, was Frauen in ihm zu bewegen vermögen, sich ansonsten aber ausschließlich der Fotografie bedient, um die Lyrik alltäglicher Momente festzuhalten: die Melancholie leerer Parkbänke unter langen Baumreihen etwa; die perfekte Komposition anmutig auf einem Handy tippender Finger; oder auch den Augenblick, in dem man sich für die Dauer eines Wimpernschlags in eine vorübereilende Passantin verliebt. Lauter Motive, die wie en passant entstanden zu sein scheinen, und doch zeugt jedes Bild vom Temperament eines Entdeckers und dem ausgeprägten Stilwillen eines Künstlers. Entstanden ist ein Bilderbuch wie ein Gedicht. (F.L.)
"Paris, weiter" von Gianni Kuhn. Verlag Edition Isele, Eggingen 2018. 64 Seiten, 57 Farbfotografien. Gebunden, 18 Euro.
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