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Am Prozess des Umdenkens hinsichtlich der Durchsetzungsmöglichkeiten als auch der Inhalte einer weltweiten Menschenrechtspolitik muss sich neben der Bundesregierung auch das Parlament beteiligen. Welche Möglichkeiten hat der Deutsche Bundestag und kann er auf die Gestaltung der Außen- bzw. Menschenrechtspolitik der Bundesregierung Einfluss nehmen? Aufgrund von Plenar- und Ausschussprotokollen, Parlamentsdrucksachen, unveröffentlichten Fraktions- und NGO-Materialien sowie Interviews werden internationale Rahmenbedingungen und institutionelle Grundlagen für die Behandlung von Menschenrechten im Bundestag dargestellt.…mehr

Produktbeschreibung
Am Prozess des Umdenkens hinsichtlich der Durchsetzungsmöglichkeiten als auch der Inhalte einer weltweiten Menschenrechtspolitik muss sich neben der Bundesregierung auch das Parlament beteiligen. Welche Möglichkeiten hat der Deutsche Bundestag und kann er auf die Gestaltung der Außen- bzw. Menschenrechtspolitik der Bundesregierung Einfluss nehmen? Aufgrund von Plenar- und Ausschussprotokollen, Parlamentsdrucksachen, unveröffentlichten Fraktions- und NGO-Materialien sowie Interviews werden internationale Rahmenbedingungen und institutionelle Grundlagen für die Behandlung von Menschenrechten im Bundestag dargestellt.
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2001

Unter strenger Vertraulichkeit
Der Deutsche Bundestag und die Menschenrechtspolitik

Silke Voß: Parlamentarische Menschenrechtspolitik. Die Behandlung internationaler Menschenrechtsfragen im Deutschen Bundestag unter besonderer Berücksichtigung des Unterausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (1972-1998). Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 125. Droste Verlag, Düsseldorf 2000. 313 Seiten, 78,- Mark.

Alle reden von den Menschenrechten, vor allem hierzulande. Nur wenige wissen aber um die Grundlagen der deutschen Politik auf diesem Feld. Wenn das Grundgesetz an prominenter Stelle, in Artikel 1, Absatz 2, das Bekenntnis des deutschen Volkes "zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt" festhält, muß das Konsequenzen haben, auch für Regierung und Parlament.

Das ist das Thema einer aufschlußreichen Untersuchung von Silke Voß. Sie geht der Frage nach, mit welchen Mitteln, mit welcher Intensität und mit welchem Erfolg der Deutsche Bundestag auf dem Feld der "Menschenrechtspolitik" tätig gewesen ist, sofern man überhaupt von einer solchen sprechen kann.

Die Arbeit deckt den Zeitraum vom Beginn der siebten bis zum Ende der dreizehnten Wahlperiode ab. 1972 begann, ausgelöst durch die Menschenrechtspolitik der Vereinigten Staaten, in der Bundesrepublik eine intensive Auseinandersetzung um deren Möglichkeiten und Grenzen. Das zeigt die von Voß sorgfältig registrierte Zunahme von großen Anfragen, kleinen Anfragen und Anträgen zum Thema Menschenrechte. Mit Beginn der zehnten Wahlperiode, also wohl nicht zufällig mit dem Einzug der Grünen ins Parlament, nahmen diese seit 1983 deutlich zu, um im Verlauf der vergangenen Wahlperiode mit weit über 20 000 Anfragen und Anträgen einen Höhepunkt zu erreichen.

Daß die parlamentarischen Initiativen zum Thema Menschenrechte seit der elften Wahlperiode, also in den Jahren 1987 bis 1990, eine besonders auffällige Zunahme verzeichnen, hat zwei gut identifizierbare Gründe. Zum einen nahmen die Menschenrechtsverletzungen in der Endphase des Kalten Krieges und nach dem Ende der alten Weltordnung dramatisch zu. Seit Ende der achtziger Jahre stellen die Konflikte auf den Territorien der ehemaligen Sowjetunion und des vormaligen Jugoslawien sowie in großen Teilen Afrikas oder Asiens vieles in den Schatten, was man in der Zeit des Ost-West-Gegensatzes beobachten konnte. Zum anderen wurde 1987 der Unterausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe eingerichtet. Die Untersuchung profitiert sehr davon, daß ihr für die elfte und zölfte Wahlperiode die Protokolle und Materialien dieses Unterausschusses zur Verfügung standen. Für die Forschung ist das ein Glücksfall, unterliegt doch die Arbeit dieses Gremiums wie die des Auswärtigen Ausschusses insgesamt "strenger Vertraulichkeit", wie sein Vorsitzender an die Verfasserin schrieb, um die Nichtfreigabe weiterer Akten zu begründen.

Voß sieht darin einen Beleg für die "gestiegene Relevanz und möglicherweise auch Brisanz des Themas Menschenrechte in der parlamentarischen Arbeit", obwohl die Bilanz parlamentarischer Menschenrechtspolitik bis heute insgesamt eher zwiespältig ist. Denn was kann, fragt die Verfasserin, ein Unterausschuß "letztlich bewirken, der im Durchschnitt zu nicht mehr als zehn Sitzungen im Jahr zusammentritt" und der "in den elf Jahren seines Bestehens nicht mehr als acht öffentliche Anhörungen" zugelassen hat?

Vor allem aber ist und bleibt das Gremium eben ein Unter-Ausschuß des Auswärtigen Ausschusses und ist damit "ganz klar dem außenpolitischen Kontext zugeordnet". Hinzu kommt die begrenzte Möglichkeit des Parlaments zur Kontrolle der Regierungspolitik "gerade in menschenrechtlich äußerst sensiblen Bereichen wie der Rüstungsexportpolitik, der Gewährung militärischer Ausstattungshilfe und Ausfuhrbürgschaften oder auch der Erstellung der politischen Lageberichte im Auswärtigen Amt".

Welcher Zielkonflikt sich hier ergeben kann, zeigen die Fälle China und Türkei, welche die Verfasserin beispielhaft und mit historischem Tiefgang untersucht. Ginge es nach der überkommenen und bewährten außen- und sicherheitspolitischen, aber auch der außenwirtschaftlichen und geostrategischen Räson, stünde der Lieferung deutscher Panzer an die Türkei wenig im Wege. Dagegen steht seit einigen Jahren die "türkeibezogene Menschenrechtsarbeit" des Deutschen Bundestages. Die wiederum, auch das dokumentiert die verdienstvolle Arbeit von Silke Voß, ist längst keine nationale Angelegenheit mehr, sondern sie ist, wie es in einer Türkei-Entschließung des Bundestages vom April 1996 hieß, gebunden an die "Prinzipien und Wertvorstellungen der Europäischen Union".

GREGOR SCHÖLLGEN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Rede von den Menschenrechten, die laut Rezensent vor allem hierzulande geführt wird, ist jetzt auch eine wissenschaftliche Untersuchung hinzugefügt worden, die Gregor Schöllgen bespricht: Die Untersuchung beschäftigt sich mit den in Artikel 1 des Grundgesetzes verankerten Menschenrechten und damit, welche Auseinandersetzung das Parlament und die Regierung im Zeitraum zwischen 1972 und 1998 führten. Die Methodik der Autorin Silke Voß sei es, die parlamentarischen Anfragen und Untersuchungsausschüsse zu diesem Thema erstens quantitativ zu erfassen und zweitens in politische und gesellschaftliche Zusammenhänge zu stellen. Unverkennbar bleibt in ihrer Untersuchung auch die Begrenztheit der parlamentarischen Mittel, meint Schöllgen durchaus anerkennend. Der Autorin gelingt es, in "ihrer verdienstvollen Arbeit" obendrein die Verknüpfung von nationalen und europäischen Dimensionen der Menschenrechtspolitik aufzuzeigen, lobt der Rezensent.

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