Das London des 19. Jahrhunderts ist wiedergeboren, neu erschaffen, im Jahre 2048 und konzipiert als authentischer Themenpark. Per Luftschiff reisen gut betuchte „Gaffer“, wie sie im Jargon der Pastworld Bewohner genannt werden, durch die dichte Nebelbank der Stadt, in einen real gewordenen
Zeitsprung. Pastworld gaukelt jedoch nicht vor, Pastworld ist die viktorianische Ära. Moderne Geräte sind…mehrDas London des 19. Jahrhunderts ist wiedergeboren, neu erschaffen, im Jahre 2048 und konzipiert als authentischer Themenpark. Per Luftschiff reisen gut betuchte „Gaffer“, wie sie im Jargon der Pastworld Bewohner genannt werden, durch die dichte Nebelbank der Stadt, in einen real gewordenen Zeitsprung. Pastworld gaukelt jedoch nicht vor, Pastworld ist die viktorianische Ära. Moderne Geräte sind verboten, die Gesetzgebung der Zeit entsprechend und so wird in London wieder mit dem Tode bestraft.
Doch Pastworld hat ein eigenes Leben entwickelt, mit Bewohnern, die sich in ihr heimisch fühlen und weit mehr geworden sind, als Statisten für wohlhabende Urlauber.
Pastworlds Gassen durchstromern Banden von Taschendieben, Bettlern und Tagelöhnern, neben prachtvollen Kutschen und imposanten historischen Gebäuden, unter der Himmelkuppel herrscht stets betrübliches Wetter und Ratten huschen durch dichte Nebelfetzen. In dieser detailreich inszenierten Stadt hat sich jedoch ein lebender Mythos entwickelt, der sich den Stdatplanern zu entziehen weiss und immer wieder durch spektakuläre Auftritte für Wirbel sorgt. Das Phantom, ein Dieb und grausamer Mörder mit scheinbar übermenschlichen Fähigkeiten.
Ian Beck lässt das viktorianische Zeitalter in „Pastworld“ wiederauferstehen und entwickelt ein spannendes Jugendabenteuer in den Gassen des alten Londons. Die real gewordene Vision des Grossunternehmers Buckland von einem historischen Themenpark, hat der Autor zu einem eindrucksvollen Stadtbild gemacht. Hier atmet das alte London aus jeder Buchseite und versprüht einen fesselnden Flair. Ian Beck hat mit dem 19. Jahrhundert eine, für ihn, ideale Orts- und Zeitwahl getroffen, die für eine abenteuerliche Geschichte absolut prädestiniert ist. So zieht es den Leser durch noble Villen, die Hauptschauplätze bleiben jedoch erfreulicherweise die Strassen, Gassen und schattigen Plätze der Pastworld, Orte die sich der Aufsicht, der Stadtentwickler entzogen haben und ein eigenes Nischenleben entwickelt haben. Auf diesem Pflaster entsteht ein Abenteuer mit mehreren Strängen, welches vor allem jugendliche Leser begeistern dürfte.
Trotz der Orientierung auf diese Lesergruppe, bleibt „Pastworld“ nicht unblutig. Das Phantom entpuppt sich schnell als Meistermörder mit „künstlerischem“ Anspruch, die Gossenschläger wissen Messer und Knüppel zum Einsatz zu bringen und Touristen zieht es immer wieder zu den Mördertouren durch die Stadt, an authentische Schauplätze möglichst blutiger Verbrechen. Hier gelingt es Ian Beck nicht nur London als Stadt wiederzugeben, sondern sie auch facettenreich zu füllen und dem Leser in schaurig-schöner Manier nahe zu bringen.
Neben der beeindruckenden Stadt, ihren Mythen und Geheimnissen, fällt es dem Autor leider schwer nachempfindbare Figuren zu zeichnen. Gerade durch Schicksalsschläge, die diese erfahren müssen, offenbaren sie ihre Tiefenlosigkeit, durch teils kaum nachvollziehbare Reaktionen. Das Emotionale fällt dem Autoren äusserst schwer und es schleicht sich der Eindruck ein, das Ian Beck seine Charaktere zwar sehr genau kennt, sie aber nicht zum tatsächlichen Leben erwecken kann.
Dieser Umstand mag das Lesevergnügen des Buches bei jenen mildern, denen fein gezeichnete Figuren am Herz liegen. Wen hingegen die Abenteuerlust prägt und das London des 19. Jahrhunderts reizt, darf bei diesem Roman gerne zugreifen, denn beides bekommt er gekonnt präsentiert.
Ian Becks „Pastworld“ – Ein Jugendroman, in dem das Wort Abenteuer gross geschrieben wird, vielleicht etwas zu gross, denn den Figuren mangelt es doch an Tiefgründigkeit. Ein Leseausflug, mit sehr schöner Gestaltung, in die viktorianische Ära, der nur als sehr gelungen bezeichnet werden kann und den Leser nicht mehr loslässt.