Patina. Hinter der nostalgischen Anmutung alter Städte und tausendmal berührter Gegenstände verbirgt sich ein Alterungsprozess der Dinge und Gebäude von ganz eigener Qualität. Diese verlor mit der Moderne ihre Bedeutung für die Architektur; blendend weiß verputzte Kuben oder polierte Stahl-Glas-Fassaden schienen die unausweichlichen Spuren der Zeit nicht zu dulden. Doch im Sinne einer verantwortungsbewussten, optimierten Nachhaltigkeit sollten Planer und Bauausführende über die ökologische Verträglichkeit heutiger Baumaterialien und deren Lebensdauer neu nachdenken - und damit auch die ästhetischen Qualitäten des Alterungsprozesses in ihre Planung einbeziehen. Die Projekte in diesem Buch mit ihrem hohen gestalterischen Anspruch sind Beispiele dafür, wie für moderne Entwürfe die Veränderung von Oberflächen unter dem Einfluß von Witterung und Gebrauch mit Gewinn berücksichtigt und geplant werden: an natürlichen Baustoffen wie Holz, Ziegel und Stein, an seltener verwendeten Materialien wie Lehm oder Reet, aber auch an industriell hergestellten Baustoffen wie Stahl- oder Kupferblech, auch an raffinierten Betonmischungen. Neben Arbeiten junger Architekten wie Ushida Findlay aus London oder Cino Zucchi aus Mailand finden sich Entwürfe aus den bekannteren Büros von Andreas Meck, Baumschlager+Eberle oder von Gerkan, Marg und Partner.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Der Rezensent mit dem Kürzel "jtz" hat sich überzeugen lassen von dem Ansatz, den Hans Weidinger in diesem Buch verfolgt. Es geht darum, wie Materialen in der zeitgenössischen Architektur mit dem Ziel gewählt werden können, den Alterungsprozess des Gebäudes günstig verlaufen zu lassen. Statt "normierter Glätte" würde Weidinger gern auch mal "Geschichtsspuren an Wänden und Fassaden" sehen. Damit möchte der Autor aber keineswegs eine altmodische und kulturkonservative Gesamtästhetik schaffen. Die dahinter stehende Idee ist vielmehr die "einer regional eingepassten Strategie der Nachhaltigkeit". Inspirierend findet der Rezensent auch das in dem Buch zu findende Essay von Jeremy Till über "Architektur und Spuren der Zeit".
© Perlentaucher Medien GmbH
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